"Den notwendigen Schub erwarten wir erst dann, wenn die Verbraucher insgesamt ihre Zahlungsgewohnheiten ändern - weg vom Bargeld hin zum bargeldlosen Bezahlen", sagte DZ-Bank -Vorstand Thomas Ullrich der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. Zudem ist der Anteil der iPhone-Besitzer in den USA deutlich höher als hierzulande.

Apple will sein neues iPhone mit der Bezahlfunktion Apple Pay ausrüsten, so dass Kunden in Geschäften ihre Geldbörse in der Tasche lassen können. "Unterstützt von Apple werden kontaktlose Dienste in aller Welt mehr ins Bewusstsein gerückt und häufiger verwendet werden", sagt Steve Perry, Vorstand des Kreditkarten-Anbieters Visa Europe, der mit dem US-Technologiekonzern kooperiert. Der deutsche Online-Zahlungsdienstleister Wirecard, der viele dieser Buchungen im Hintergrund abwickelt, frohlockte ebenfalls: "Das ist ein starker Schub für das mobile Bezahlen", sagte eine Sprecherin. Apple Pay werde den Markt vergrößern und die Akzeptanz bei Kunden erhöhen, die bisher mit Bargeld oder Karten zahlen, hofft das IT-Unternehmen aus Aschheim bei München. Es wickelt bereits seit vielen Jahren für Internethändler und Buchungsportale den Zahlungsverkehr ab und baut nun seine Dienste fürs Bezahlen mit dem Handy aus.

Kreditkarten-Anbieter wie Visa oder Mastercard bieten in Deutschland zusammen mit Telekommunikationsfirmen schon länger die Möglichkeit, mit Smartphones Rechnungen zu begleichen. Kunden können beispielsweise bei Starbucks ihren Kaffee bezahlen, indem sie ihr Handy - oder alternativ auch ihre Kreditkarte - an ein Lesegerät halten, das über eine sogenannte NFC-Schnittstelle verfügt. "Wir freuen uns, dass das Thema NFC nun auch von Apple vorangetrieben wird", sagt ein Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV).

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APPLE WILL DAS PORTEMONNAIE ERSETZEN

Insgesamt ist mobiles Bezahlen in Deutschland bisher allerdings noch eine Randerscheinung. Das liegt auch daran, dass dies hierzulande erst an 40.000 Kassen-Terminals möglich ist. Ob Apple mit der großen Reichweite des iPhones der Zahlungsweise nun zum Durchbruch verhelfe, müsse sich erst zeigen, sagte ein Sprecher des Einzelhandelsverbands HDE. "Wir müssen abwarten, wie der Kunde das annimmt. Anbieter wie Apple müssen sich erst einmal in der Praxis bewähren." Hinzukommt: Die Deutschen zahlen am liebsten bar. Im Lebensmittel-Einzelhandel etwa liegt der Anteil bei rund 68 Prozent der Zahlungen, wie ein Rewe-Sprecher erklärte. Die Supermarkt-Kette bereitet sich aber darauf vor, dass künftig mehr Kunden mit dem Handy bezahlen.

Apple-Chef Tim Cook, der am Dienstagabend auch die mit Spannung erwartete Uhr iWatch vorstellte, will mit seinem Bezahl-Angebot langfristig das Portemonnaie ersetzen. Apple Pay soll im Oktober zunächst in den USA eingeführt werden. Wann es auch in anderen Ländern angeboten wird, verriet das Unternehmen zunächst nicht. iPhone-Besitzer werden die Zahlung künftig durch einen Fingerabdruck-Scan freigeben. Apple arbeitet bei dem Angebot mit Kreditkartenunternehmen wie Visa und Mastercard sowie großen US-Banken zusammen.

Banken und Kreditkartenfirmen sind erleichtert, dass der US-Konzern kein komplett eigenes Angebot aufbaut, sondern mit den Finanzkonzernen kooperiert. "Die von Apple jetzt vorgestellte Lösung zeigt, dass ohne Banken der mobile Zahlungsverkehr der Zukunft weiterhin schwer vorstellbar ist", sagte DZ-Vorstand Ullrich. Der US-Konzern gehe pragmatisch vor und nutze die etablierten Abwicklungswege. "Apple hat bei seiner Präsentation des iPhone 6 keine neue Welt des Zahlungsverkehrs eingeläutet." Bei einzelnen Geldhäusern gibt es indes die Sorge, Banken könnten durch Apples Vorstoß den Kontakt zum Kunden verlieren. "Apple stellt sich mit diesem Vorstoß zwischen Kunden und Bank", sagte ein Branchenexperte. Die Banken müssten aufpassen, nicht in den Hintergrund gedrückt zu werden.

Auch im Einzelhandel gibt es vereinzelte Vorbehalte gegen Apples Vorstoß. Es bestehe die Gefahr, dass sich das Unternehmen als exklusiver Anbieter positionieren wolle, um Gebühren abzukassieren, sagte ein Brancheninsider. Anbieter-unabhängige Lösungen seien daher zu bevorzugen.

Reuters