Der Dienstag droht für Griechenland zu einem Schicksalstag zu werden. Zum einen läuft an diesem Tag das aktuelle europäische Hilfsprogramm für das südeuropäische Krisenland aus. Als direkte und indirekte Folge drohen dem Land dadurch Hilfsgelder von zusammen gut 18 Milliarden Euro verlorenzugehen. Davon entfallen knapp elf Milliarden Euro auf einen Posten, der beim Euro-Rettungsschirm EFSF ursprünglich für Kapitalhilfen an griechische Banken vorgesehen war. Der Rest wäre, sofern das Programm ordnungsgemäß beendet worden wäre, aus Kassen des Rettungsfonds EFSF, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und aus EZB-Gewinnen mit Griechenland-Anleihen geflossen.

LETZTER ZAHLUNGSTERMIN BEI IWF



Der 30. Juni ist aber auch der letzte Termin, an dem Griechenland in diesem Monat fällige Kreditrückzahlungen von 1,6 Milliarden Euro an den IWF leisten muss, sonst gerät das Land damit in Verzug. Lässt Griechenland den Zahlungstermin verstreichen, so ist das vor allem ein Alarmsignal. Die kurzfristigen konkreten Folgen blieben überschaubar. Anlass für die Ratingagenturen, dem Land die Zahlungsunfähigkeit zu bescheinigen und damit seine Schuldpapiere umfassend entsprechend abzuwerten, wäre das nicht.

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EIN MEHRSTUFIGES VERFAHREN BEIM IWF WÜRDE AUSGELÖST



Beim IWF würde mit dem Ausbleiben der griechischen Zahlung ein mehrstufiges Verfahren eingeleitet:

Unmittelbar würde der Fonds das Land zunächst mahnen, seine Schulden unverzüglich zu begleichen. Die Regierung in Athen hätte bis auf weiteres keinen Zugang zu weiteren Ressourcen des Fonds. Dabei sind noch knapp 19 Milliarden Dollar eines bis März 2016 laufenden IWF-Hilfsprogramms "in der Pipeline", die in den kommenden Monaten zur Auszahlung anstünden.

Nach zwei Wochen würde die IWF-Führung gegenüber dem zuständigen IWF-Gouverneur des Landes - derzeit Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis - noch einmal deutlich machen, wie ernst die Lage ist.

Nach einem Monat würde IWF-Chefin Christine Lagarde dann den Vorstand des Fonds (Executive Board) offiziell über einen Zahlungsverzug unterrichten.

Nach zwei Monaten dann würde Lagarde dem Board eine offizielle Beschwerde wegen des Zahlungsverzugs übermitteln.

Erst nach drei Monaten steht dann die Veröffentlichung einer formellen Erklärung des IWF an. Darin wird festgestellt, dass Griechenland von jeglichen Hilfen und Rückgriffen auf IWF-Mittel abgeschnitten sein wird - bis die versäumten Zahlungsverpflichtungen erfüllt sind.

Langfristig droht dem Land am Ende dieses Prozesses - nach bis zu 18 Monaten - ein Entzug seiner IWF-Stimmrechte und nach bis zu 24 Monaten ein Verfahren zum Ausschluss aus dem Fonds.

Reuters