DIE LAGE BEI ZALANDO:

Runde Geburtstage feiert man eigentlich anders. Ausgerechnet im zehnten Jahr seines Bestehens musste der Onlinehändler seine Umsatz- und Gewinnerwartungen senken. Zunächst Anfang August bei der Vorlage der Zahlen zum zweiten Quartal und dann nochmal Mitte September. Grund: der heiße Sommer schmälert die Nachfrage, weshalb Zalando verstärkt Rabatte gewähren muss. Pullis und Mäntel will bei Temperaturen um die 30 Grad noch keiner kaufen. Hinzu kommen Kosten für Verpackung, Versand und Retouren, die auf die Margen drücken.

Bis dahin war Zalando vom Erfolg verwöhnt. Im Herbst 2008 gegründet, wuchs das einstige Start-Up über die Jahre rasant zur größten Online-Plattform für Mode in Europa heran, mit 15 000 Mitarbeitern und zuletzt 4,5 Milliarden Jahresumsatz. Dass Zalando die Investitionen hoch hielt, um noch schneller zu wachsen und dabei viel Geld in Logistik, IT oder Kundenservice steckte, wurde von Analysten stets verziehen, auch wenn das zu Lasten des Gewinns geht. Eine Dividende zahlt Zalando noch nicht.

Im Modemarkt sitzt Zalando fest im Sattel, doch die Konkurrenz wird umtriebiger. Nach Amazon drängen mit Alibaba und JD.com nun auch zwei chinesische Onlinehändler nach Europa. Hierzulande buhlt das zum Handelskonzern Otto gehörende Mode-Start-Up About You mit personalisierten Angeboten um Zalandos Zielgruppe. Erst im Sommer investierte der dänische Textilkonzern Bestseller (Vero Moda, Jack & Jones) rund 300 Millionen US-Dollar in das Unternehmen aus Hamburg. Gut möglich, dass About You irgendwann an die Börse geht. Für kurzfristige Aufregung sorgten zuletzt Gerüchte, wonach das zu Facebook gehörende Online-Netzwerk Instagram an einer Shopping-App bastelt. Das brachte die Aktien von Zalando aber auch anderer Händler vorübergehend unter Druck.

DAS ERWARTET DAS UNTERNEHMEN:

Nach den Prognosekürzungen rechnet Zalando für 2018 inzwischen nur noch mit einem Umsatzwachstum am unteren Ende der vormals ausgegebenen Spanne von 20 bis 25 Prozent. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern dürfte auf 150 bis 190 Millionen Euro (Vorjahr: 215) sinken. Hier hatte das Ziel einmal bei 220 bis 270 Millionen Euro gelegen. Das bedeutet in Summe auch ein schwächeres drittes Quartal. Umsatz und Ebit dürften deutlich schwächer ausfallen als von den Analysten im Schnitt erwartet, warnte Zalando. Mittelfristig sieht sich der Konzern weiter auf Kurs und will bis 2020 das Geschäft verdoppeln.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Nach der Gewinnwarnung saß der Schock tief. Reihenweise kappten Analysten ihre Kurs- und Gewinnziele. Die Kombination aus enttäuschendem Umsatzwachstum und schwacher Marge sei neu für Zalando, schrieb Jörg Philip Frey von MMWarburg in einer Einschätzung. Die einzig gute Nachricht sei, dass sich strukturelle Faktoren wie Kundenwachstum und Partnerprogramme positiv entwickeln sollen.

Zwar wird der Wettereffekt insgesamt von den Experten als ein temporäres Problem gesehen. Tushar Jain von Goldman Sachs sieht dennoch den fortschreitenden Rückgang des durchschnittlichen Warenkorbs mit Sorge, der angibt, wieviel Geld ein Kunde im Schnitt pro Bestellung ausgibt.

Tobias Sittig von Mainfirst geht davon aus, dass das Management nun alles dran setzen wird, das Vertrauen wieder herzustellen und sieht Zalando auf lange Sicht als Gewinner im E-Commerce. Die Kurskorrektur der Aktie bezeichnet der Experte dennoch als fair. Der Markt wachse insgesamt inzwischen langsamer, die Kosten steigen, auch werde die Konkurrenz aggressiver. Günstiger bewertet und damit ein attraktiveres Investment ist für Wayne Brown von Liberum daher die Aktie des britischen Zalando-Wettbewerbers Boohoo (boohoocom).

Societe Generale und JPMorgan geben in diesem Zusammenhang dem ebenfalls aus Großbritannien stammenden Konkurrenten ASOS den Vorzug. Dieser habe ein größeres Angebot an Eigenmarken und sei zudem geografisch breiter aufgestellt, beschreibt SocGen-Analystin Anne Critchlow die Vorzüge. Auch sei die Kundschaft Asos jünger. Der Asos-Kunde kaufe häufiger ein, der von Zalando gehe geplanter vor. Dadurch seien die Berliner aber auch stärker betroffen, wenn sich der Saisonstart verschiebe.

Von den im dpa-AFX Analyser erfassten Experten empfehlen derzeit zehn die Aktie zu halten, neun raten zum Kauf und vier zum Verkauf. Vor einem halben Jahr votierte die Mehrzahl noch zum Kauf.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Ein gutes Viertel an Wert hat die Aktie in diesem Jahr verloren. Ihren bisherigen Höchststand erreichten die Titel bei 49,87 Euro Anfang August dieses Jahres. Spätestens mit der Gewinnwarnung Mitte September ging es dann kontinuierlich bergab. Anfang Oktober erreichte die Aktie bei 32,02 Euro den tiefsten Stand seit Juli 2016. Investoren, die seit dem Börsengang im Herbst 2014 dabei sind, können sich aber noch immer über einen Wertzuwachs von rund 50 Prozent freuen./she/nas/jha/