Rekorde machen offenbar Angst. Anders ist kaum zu erklären, warum Privatanleger trotz immer neuer Höchststände des DAX der Börse konsequent fernbleiben. Erst vergangene Woche markierte der deutsche Leitindex mit 11 013 Punkten einen neuen Bestwert. Allein in diesem Jahr beträgt die Rendite bereits mehr als elf Prozent. Selbst wer 2008 - noch vor der Finanzkrise -zu denkbar ungünstigen Kursen in der Nähe von 8000 Punkten begann, Wertpapiere zu kaufen, hat bis zum heutigen Tag über 30 Prozent Gewinn gemacht.

Dennoch besitzen hierzulande nur 13 Prozent der Bevölkerung Aktien oder Fonds. Unverändert scheuen sich neun von zehn Deutschen, für eine höhere Renditechance mehr Risiko einzugehen. Sparbuch, Tages- und Festgeldkonten bleiben die Favoriten. Selbst zehnjährige Bundesanleihen bringen nur noch 0,3 Prozent Zinsen. Und schon bei minimaler Inflation greifen die Niedrigzinsen die Substanz an.

Wer der Börse fernbleibt, riskiert damit also vor allem eines: die schleichende Entwertung seines Vermögens. Allein schon wenn es um den Werterhalt geht, führt kein Weg am Aktienmarkt vorbei. Nicht zuletzt diese Tatsache treibt aktuell die Kurse.

Natürlich hat die Börse ihre Fallstricke - es gibt jedoch keinen Grund, Angst vor ihnen zu haben. Schon mit einfachsten Verhaltensweisen lässt sich die Mehrheit der Klippen umschiffen. Dafür hat BÖRSE ONLINE die zehn wichtigsten Regeln der Aktienanlage zusammengestellt. Sie erleichtern den Einstieg an der Börse, verbessern die Gewinnchancen und helfen, beim langfristigen Vermögensaufbau gelassen zu bleiben. Und erfahrenen Investoren rufen sie die Basics in Erinnerung.

Auf Seite 2-11: Die Regeln im Überblick



Regel 1: Realistische Ziele setzen

Eines dürfen Privatanleger an der Börse nicht erwarten: das schnelle Geld. Zwar gibt es Aktien, die binnen Wochen oder Monaten um 100 Prozent und mehr steigen, doch das ist die Ausnahme und stets mit hohem Risiko verbunden. An der Börse sollte daher stets mit realistischen Zielen investiert werden. Denn wer keine Kursraketen jagt, begrenzt sein Verlustrisiko und ist nicht enttäuscht, wenn Investments einen kleineren, dafür aber stabilen Wertzuwachs liefern. Und selbst ohne Kursverdoppler im Depot sind Aktien alles andere als ein Renditefriedhof. So stieg der DAX seit seinem Start im Dezember 1987 bis jetzt im Schnitt um acht Prozent pro Jahr. Das macht Aktien zur attraktivsten aller Anlageklassen und bietet eine gute Orientierungsmarke für die eigenen Erwartungen.



Zwei Drittel des Wertzuwachses entfallen dabei auf Kurssteigerungen, ein Drittel auf die Dividende, die Gewinnausschüttung der Konzerne. Wird diese wieder reinvestiert, erhöht das nochmals die Rendite. So stieg die Aktie des Lebensmittelherstellers Nestlé von 1990 bis heute um 730 Prozent. Pro Jahr macht das ein Plus von 8,8 Prozent. Hätten Anleger die ausgeschüttete Dividende regelmäßig wieder in die Aktie investiert, läge die Rendite im Schnitt bei 11,4 Prozent.

Dafür müssen Anleger jedoch kurzfristig mit teils deutlich fallenden Kursen zurechtkommen. So erlebte der DAX im Sommer 2008 seinen bislang schlimmsten Rücksetzer mit einem Minus von 40 Prozent. Mehr als zwei Jahre in Folge ging das Kursbarometer jedoch nur einmal zurück: von 2000 bis 2002. Um von solchen Ereignissen nicht kalt erwischt zu werden, sollte das angelegte Geld für mindestens drei, besser noch fünf Jahre entbehrlich sein und nicht für nahende Anschaffungen oder den Urlaub gebraucht werden.

Auf keinen Fall sollten Aktien auf Kredit gekauft werden. Geht die Spekulation schief, ist das Geld weg, die Schulden aber bleiben, und die Aktien sind als Gegenwert für den Kredit nicht mehr zu gebrauchen.



Regel 2: Kaufe nur, was du verstehst

Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht, lautet ein sprichwörtliches Vorurteil. Wer im Klischee beleibter Landwirte bleibt, könnte entgegnen, dass ihnen dieses Verhalten gut bekommt. Kulinarisch müssen Anleger diesem Wahlspruch zwar nicht folgen, aber bei Aktieninvestments lohnt es sich durchaus, das Sprichwort auf seine Anlageentscheidungen zu übertragen. Oder wie es Börsen-Altmeister Warren Buffett ausdrückt: "Kaufe nur, was du verstehst." Wer sich daran hält, erhöht die Chancen auf ein wohlgenährtes Depot.

Paradebeispiel für den profitablen Purismus ist dabei Buffetts Beteiligungsholding. Der Kurs von Berkshire Hathaway stieg in den vergangenen zehn Jahren um 178 Prozent, was einem jährlichen Plus von etwa elf Prozent entspricht. Der S & P 500, jener Aktienindex, der die Entwicklung der 500 größten amerikanischen Aktien abbildet, legte im Schnitt hingegen nur um 7,28 Prozent pro Jahr zu.

Die Wirksamkeit dieser Anlegerregel hat zwei Gründe. Wer in Aktien investiert, muss in der Lage sein, die Erfolgsaussichten eines Unternehmens zu bewerten. Eine Aufgabe, die bei einfachen und damit verständlichen Geschäftsmodellen wie beispielsweise dem von Volkswagen oder Adidas leichter fällt als etwa bei dem von Biotechunternehmen.

Gleichzeitig bedeutet ein einfaches Geschäftsmodell eine gewisse Krisensicherheit. Auch hier taugt der Lebensmittelgigant Nestlé wieder als Beispiel. Solange die Weltbevölkerung wächst und damit ihr Appetit steigt, stehen dem Schweizer Konzern grundsätzlich keine größeren Probleme ins Haus.

Warren Buffett formuliert den Vorteil eines im Kern so schlichten Geschäftsprinzips ungleich pointierter: Er investiere nur in Unternehmen, die auch ein Idiot führen könne, da es früher oder später so komme, begründet der 84-Jährige seine Vorliebe für simple Geschäftsideen. Aber natürlich kann es sich für Anleger auch lohnen, in Spezialsektoren wie Biotech zu investieren. Da hier aber selbst erfahrene Anleger an ihre Grenzen stoßen, empfiehlt es sich, etwa via Fonds die Auswahl der Investments erfahrenen Profis zu überlassen.



Regel 3: Die eigenen Grenzen kennen

Wie viel Angst können Sie aushalten? Diese Frage sollten sich Anleger zwingend beantworten, bevor sie an der Börse investieren. Und zwar mit einem absoluten Eurobetrag und nicht einem abstrakten Prozentwert. Zwar steigen die Börsen langfristig (siehe Regel 1), aber zwischenzeitlich werden Verluste zu verkraften sein. Da diese nach Ergebnissen der Verhaltensökonomie emotional dreimal mehr wehtun, als Gewinne Freude bereiten, ist es wichtig, seine Schmerzgrenze zu kennen. Dann wird die Aktienanlage nicht zur Nervenprobe, wenn das Depot einmal rote Zahlen zeigt. Zudem hilft die Verhaltensweise von vornherein, das Risiko zu begrenzen.

Wer weiß, wie hoch der eigene Verlust maximal sein darf, wird Investments, die diese Grenze übersteigen, eher meiden. Auch das Verhältnis der verschiedenen Anlageklassen im Depot zueinander hat einen großen Einfluss auf das Risiko. So schwankt der Wert von Aktien stärker als der von Anleihen und hat damit mehr Einfluss auf Gewinn oder Verlust des Portfolios. Vorsichtige Einsteiger sollten daher prinzipiell mit einer niedrigen Aktienquote von 20 Prozent der Gesamtanlage starten. Aktien sind im Übrigen Anteilscheine an Unternehmen und damit eine Investition in Sachwerte, das schützt vor Inflation.

Im aktuellen Börsenumfeld darf die Aktienquote allerdings höher sein. Je nach Risikoneigung rät etwa der Chefanlagestratege der Commerzbank, Chris Oliver Schickentanz, zu einer Aktienquote von bis zu 74 Prozent. Als weitere Faustregel bei der Bestimmung des Aktienanteils im Depot gilt die Formel 100 minus Lebensalter. Denn wer jünger ist, hat mehr Zeit, Kursrückschläge wieder auszugleichen. Rückt der Lebensabend näher, sollte die Aktienquote schrittweise reduziert werden, um die erreichten Gewinne abzusichern. Um das Risiko ausreichend auf verschiedene Aktien verteilen zu können (siehe Regel 4), sollte das Depot jedoch eine Mindestgröße von 3000 bis 5000 Euro haben.



Regel 4: Risiko streuen

Die Erkenntnis klingt banal, doch sie brachte Harry Markowitz 1990 den Wirtschaftsnobelpreis ein. Der Wissenschaftler hatte gezeigt, dass es bei der Aktienanlage tatsächlich mehr bringt, nicht alle Eier in einen Korb zu legen, und dazu eine Formel entwickelt, wie das am besten geht. Heißt: Anlageklassen weltweit entwickeln sich unterschiedlich voneinander, deshalb ist es sinnvoll, seine Anlagen auf verschiedene Branchen, Volkswirtschaften, dazu Rohstoffe und Währungen zu verteilen. Sinkt zum Beispiel der Ölpreis, machen Ölgesellschaften Verluste. Dafür ist Benzin günstiger, Verbraucher können mehr ausgeben - gut für die Hersteller von Konsumartikeln.

Wer sein Verlustrisiko auf diese Weise streut, kann Rückschläge der einen Aktie durch Gewinne der anderen kompensieren. Gleichzeitig beeinflusst ein sinkender Kurs das Depot weit weniger, wenn es sich um eine Position von vielen und nicht um ein Viertel des Portfolios handelt. Um die passende Mischung zu finden, genügt es, sein Geld gleichmäßig über die verschiedenen Anlageklassen zu verteilen.

Eine gute Streuung ist bereits mit zehn bis 15 Investments erreicht. Mehr Positionen bringen nicht zwingend mehr Sicherheit, sondern beeinträchtigen eher die Rendite und Übersichtlichkeit. Ein bewährtes Mittel zur Risikostreuung sind internationale und viele Unternehmen umfassende Aktienindizes. Damit lässt sich auch der Drang, vor allem heimische Papiere zu kaufen, korrigieren. Für Investments in Indizes sind ETFs (siehe Tabelle) eine kostengünstige Lösung. Daneben bieten weltweit anlegende Mischfonds den Vorteil, dass neben Aktien auch in Anleihen oder Rohstoffe investiert wird. Besonders defensiv ist der Skalis-Mischfonds.

Zur Absicherung des Depots wird vielfach auch Gold verwendet. Es gilt als Krisenwährung, der Kurs steigt in der Regel, wenn an den Märkten die Unsicherheit zunimmt. Vermögensverwalter halten gern zwischen zehn und 20 Prozent in Gold.





Regel 5: Börsianisch für Einsteiger

In der Börsensprache wimmelt es von Fachbegriffen. Alle müssen Anleger nicht kennen, doch die wichtigsten sollten ihnen vertraut sein, um die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens beurteilen zu können. Die Citigroup hat nachgerechnet, welche Kennzahl die wichtigste ist: das Kurs- Gewinn-Verhältnis, kurz KGV. Anleger, die von 1995 bis 2007 stets die Aktien mit dem niedrigsten KGV kauften, erzielten die beste Rendite. Das KGV erhält man, indem man den aktuellen Kurs durch den Gewinn je Aktie teilt. Steht eine Aktie bei zehn Euro und entfällt ein Euro Gewinn auf jeden Anteilschein, ergibt das ein KGV von zehn. Das gilt als günstig, besonders für Unternehmen, die den Gewinn von Jahr zu Jahr steigern können. Als Faustregel gilt: Ist das Gewinnwachstum größer als das KGV, ist die Aktie unterbewertet.

Eine weitere entscheidende Kennziffer ist das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV). Es setzt die Vermögenswerte einer Firma - von den Markenrechten bis zu Produkten im Lager - ins Verhältnis zur Börsenkapitalisierung. Liegt dieser Wert unter eins, ist der Besitz der Firma mehr wert, als das Unternehmen an der Börse kostet. Auch das deutet auf eine Unterbewertung hin.

Wichtig ist zudem die Ebit-Marge. Das Ebit ist der Gewinn vor Steuern und Zinsen, also der Ertrag eines Unternehmens, nachdem alle Herstellungskosten abgezogen sind. Das Ebit im Verhältnis zum Umsatz ist die Ebit-Marge. Diese zeigt in Prozent an, wie viel an den Produkten verdient wird. Ist die Marge hoch, wovon ab Werten von 15 Prozent gesprochen wird, ist das ein gutes Zeichen. Zum einen arbeitet die Firma sehr profitabel, zum anderen bedeutet dies, dass bei fallenden Preisen für die Produkte nicht gleich Verluste entstehen.

Besonders interessant für Anleger ist die Dividende - die Gewinnausschüttung an die Aktionäre, über die sie direkt am Unternehmenserfolg beteiligt werden. Eine hohe Dividendenrendite - Dividende im Verhältnis zum Aktienkurs - erscheint also wünschenswert. Wichtig ist jedoch, dass die Dividende nicht durch Kredite finanziert wird oder die Gewinnrücklage auffrisst. Dann fehlt Geld für Investitionen. Entscheidender ist, ob ein Unternehmen in der Vergangenheit durchgängig Dividende gezahlt und regelmäßig gesteigert hat. Das schaffen nur Firmen, die den langfristigen Unternehmenserfolg im Blick haben.



Regel 6: Die Wirtschaft im Blick haben

An der Börse regieren Zahlen. Quartalszahlen, Halbjahreszahlen, Wachstumsraten - alles fundamentale Daten der Unternehmen selbst, die Aufschluss über deren wirtschaftlichen Erfolg geben. Doch an den Finanzmärkten werden Erwartungen gehandelt, und zwar jene über die zukünftigen Gewinne der Konzerne. Weil sich die Aussicht auf steigende Profite in einem boomenden Umfeld erheblich verbessert, sind auch Konjunktur- oder Verbraucherstimmung für die Laune der Finanzmärkte entscheidend. Manchmal sind solche Makrofaktoren, die mit dem einzelnen Unternehmen direkt nichts zu tun haben, sogar der viel stärkere Stimmungsaufheller als gute Bilanzzahlen. Zum Beispiel hat die Europäische Zentralbank mit der Ankündigung ihres Anleihekaufprogramms eine Extradosis Glückseligkeit spendiert.

Um die Einflüsse solcher Ereignisse auf die Konjunktur zu messen, haben Wirtschaftsexperten Frühindikatoren entwickelt. Für Deutschland gilt der Geschäftsklimaindex des Ifo-Instituts als am aussagekräftigsten. Für den Index werden 7000 Entscheidungsträger in Unternehmen zu ihren wirtschaftlichen Zukunftserwartungen befragt, womit der Indikator deutlich näher an der Realwirtschaft ist als die meisten Analysten der Banken. Ein starkes Signal sind Wendepunkte in der Indexentwicklung. So stieg die Kurve des Ifo-Index im Januar zum dritten Mal in Folge und drückt damit eine deutlich steigende Zuversicht, was gute Geschäfte betrifft, an.





Regel 7: Zeit nehmen

Warren Buffett ist ein Paradebeispiel für Geduld. Nicht nur, weil der Investor durch clevere Aktienanlagen zum drittreichsten Mann der Erde aufstieg, sondern auch, weil sich der 84-Jährige Zeit nimmt. Das "Orakel von Omaha", wie er auch genannt wird, zeigt eindrucksvoll, welche Wertzuwächse Aktien langfristig ermöglichen. Doch um ihre volle Renditekraft zu entfalten, brauchen die Papiere Zeit. Sie sind ein langfristiges Investment. "Eine Aktie, die man nicht zehn Jahre zu halten bereit ist, darf man auch nicht zehn Minuten besitzen", sagt Buffet. Sein Kompagnon Charles Munger ergänzt: "Das große Geld machen wir nicht beim Kauf oder Verkauf, sondern beim Warten." Der Geduldsfaden eines Anlegers sollte daher mindestens zehn Jahre nicht reißen. Oft werden Aktienkäufer erst nach dieser Frist mit einer deutlichen Rendite für das eingegangene Risiko belohnt. Der Grund: Aktienmärkte schwanken, und auch Börsencrashs kommen immer wieder vor. Die dabei entstehenden Verluste auszugleichen braucht Zeit, denn Rekordjahre kommen noch seltener vor als Crashs. Erst zweimal, 1993 und 1997, stieg der DAX um mehr als 40 Prozent in einem Jahr.

Das vergangene Jahr war mit einem Plus von 2,7 Prozent durchwachsen bis ordentlich. 2013 hingegen hatte der deutsche Leitindex um rund 25 Prozent zugelegt. Gleichzeitig arbeitet der Zinseszinseffekt mit jedem Jahr, das weiter investiert wird, stärker für den Anleger. Bei einer Rendite von im Schnitt acht Prozent pro Jahr hätte sich ein Kapital von 10 000 Euro innerhalb von zehn Jahren auf 21 589 Euro mehr als verdoppelt. Nach 20 Jahren läge das Plus bei über 400 Prozent.



Regel 8: Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen

Manchmal haben Aktiendepots etwas sehr Morbides. Wie in einem Leichenschauhaus liegen darin Portfolio- Zombies aus uralten, besseren Zeiten - Air Berlin etwa, Commerzbank oder Singulus. Statt sich von diesen Werten rechtzeitig zu trennen, werden die Papiere in der Hoffnung auf den Turnaround ewig gehalten. Schließlich ist der schmerzhafte Verlust (siehe Regel 3) erst dann realisiert, wenn die Aktie tatsächlich verkauft wird. Davor lebt die Hoffnung auf bessere Zeiten weiter. Verluste werden so laufen gelassen, Aktien mit ersten Gewinnen hingegen zu früh verkauft werden - aus Angst, auch diese könnten zu Scheintoten werden.

Gegen diese Aktiennekrophilie helfen Stoppkurse. Dabei handelt es sich um Kursgrenzen, bei deren Erreichen die Aktie sofort verkauft wird. Wie wichtig die konsequente Begrenzung von Verlusten ist, zeigt die Grafik. Halbiert sich ein Kurs von 100 auf 50 Euro, reicht dem Titel kein Plus von 50 Prozent, um den Rückgang auszugleichen. Der Wert muss sich stattdessen verdoppeln: von 50 auf 100 Euro. Bei einem Verlust von zehn Prozent reicht hingegen ein Plus von elf Prozent, um die Scharte im Depot auszuwetzen. Stoppkurse sollten daher bereits beim Kauf gesetzt werden.

Wie weit diese unter dem Einstiegspreis liegen dürfen, ist jedoch keine exakte Wissenschaft. Um den richtigen Stopp zu finden, kann die Chartanalyse genutzt werden. Dabei wird im bisherigen Kursverlauf nach Widerständen gesucht. Das sind Preisniveaus, bei denen die Aktie regelmäßig haltmachte, die Schwelle also erst nach mehrmaligen Anläufen über- oder unterschritt. Eine andere Möglichkeit ist, den Stoppkurs pauschal 15 oder 20 Prozent unter dem Kaufkurs zu platzieren. Dabei kann auch die eigene maximale Verlustgrenze (siehe Regel 2) berücksichtigt werden. BÖRSE ONLINE setzt Stoppkurse aktuell immer mindestens 15 Prozent unter dem Kurs einer Kaufempfehlung.

Stoppkurse helfen aber nicht nur, Verluste zu begrenzen, mit ihnen können Anleger auch Gewinne systematisch absichern. Dafür bietet sich der Trailing Stop an. Dabei wird entweder ein absoluter oder ein prozentualer Betrag festgelegt, um den die Aktie vor ihrem Verkauf maximal sinken darf. Steigt die Aktie, läuft der Stoppkurs im vorher gesetzten Abstand nach. Fällt der Kurs anschließend, bleibt der Stoppkurs auf dem zuletzt erreichten Grenzwert erhalten. Ein Trailing Stop passt sich immer nur nach oben an. So können auch Gewinne systematisch abgesichert werden.



Regel 9: Gefühle im Zaum halten

Die Börse verursacht ein Wechselbad der Gefühle - einmal himmelhoch jauchzend, einmal zu Tode betrübt: Mehr als Angst und Gier steht laut Verhaltensökonomen an den Finanzmärkten nicht zur Verfügung. Auch wühlen diese Gefühle die Investoren nicht laufend auf. Sie markieren die beiden Extremzustände, zwischen denen die Aktienmärkte in Wertmehr oder weniger langen Zeiträumen hin und her pendeln. Treibt Gier die Aktien, steigt mit den Kursen auch die Erwartung auf immer neue Gewinne. Ein Anspruch, der mit jedem neuen Höchststand schwerer zu erfüllen ist. Erwartung und Realität entwickeln sich auseinander, das Enttäuschungspotenzial wächst. Schlägt die Stimmung um, fällt der Kurs umso stärker, je größer das Wunschdenken der Investoren war. Und so wie bei der Gier steigende Kurse allein Grund genug waren, höhere Notierungen zu erwarten, reicht im Fall von Angst eine sinkender Kurs für weitere Rücksetzer. Beide Situationen sind Übertreibungen ohne rationale Grundlage.

Dass Angst und Gier dennoch eine solche Kursdynamik entfachen können, liegt am Herdentrieb. Zu tun, was alle tun, fühlt sich schließlich weitaus sicherer an, als sich gegen die Meinung der Masse zu stemmen. Beispiel K + S: Im Sommer 2013 löste sich ein Förderkartell für Kalisalz auf, und der Markt befürchtete einen massiven Preiseinbruch. Weil das Kassler Unternehmen die höchsten Förderkosten für das Düngemittel hat, stellten die Marktteilnehmer die Wettbewerbsfähigkeit von K + S infrage, ließen den Börsenwert über 45 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro absacken. Auch der Start eines 500 Millionen Euro schweren Sparprogramms half wenig. Zwei Jahre später ist klar, dass die Kalipreise zwar gesunken sind, aber nicht so tief wie befürchtet. Hartgesottene machen sich diesen Mechanismus zunutze und kaufen, wenn eine Aktie unpopulär ist. Wenn die Pessimisten verstummt sind, fahren sie den Gewinn ein.



Regel 10: Teure Gebühren vermeiden

Aktien sind günstig oder teuer - je nach Kurs. Auch der Kauf von Aktien kann günstig oder teuer sein, wobei der Kurs dafür jedoch egal ist. Entscheidend sind die Gebühren. Weil selbst beim günstigsten Onlinebroker zehn bis 15 Euro je Kauf- oder Verkaufsauftrag fällig werden, mutieren die Auftragskosten schnell zu Renditekillern. Die Ordergebühren fallen besonders bei kleineren Beträgen stark ins Gewicht. Wer Aktien für 500 Euro ordert, zahlt 15 Euro für die Ausführung oder drei Prozent der Ordersumme. Wird das Papier wieder verkauft, ist der Betrag erneut zu entrichten. Die Kosten, bezogen auf den Einstiegskurs, belaufen sich so auf sechs Prozent. Allein um die Gebühren zu finanzieren, muss der gekaufte Wert also bereits sechs Prozent steigen.

Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) empfiehlt daher 2000 Euro als Mindestgröße für eine Order. Unserer Meinung nach reichen bei einem günstigen Broker auch 1000 Euro. Ein Portfolio mit zehn Aktien aufzubauen kostet so zwischen 10 000 und 20 000 Euro.

Wem das zu viel ist, der kann auf Fonds setzen. In diese kann meist, wie bei einem Sparplan, mit einer monatlichen Rate investiert werden. Ein weiterer Vorteil dieser Methode: Der Einstiegszeitpunkt ist relativ egal. Da gleichmäßig stets dieselbe Summe fließt, wird nie alles zum höchsten, aber auch nicht zum niedrigsten Kurs investiert. Allerdings werden auch bei Fonds Gebühren fällig: zunächst der beim Kauf zu zahlende Ausgabeaufschlag von meist fünf Prozent, gefolgt von der jährlichen Managementgebühr von 0,5 bis 1,5 Prozent. Zudem können erfolgsabhängige Gebühren hinzukommen.

Wer Fonds online kauft, zahlt weniger oder gar keinen Ausgabeaufschlag. Alternativ können Fondsanteile auch über die Börsen erworben werden. Dann fallen jedoch wie bei Aktien Ordergebühren an. Als günstige Alternative bieten sich daher ETFs an. Diese Indexfonds bilden die Wertentwicklung eines Index wie des DAX eins zu eins ab. ETFs werden nur über die Börse verkauft, womit der Ausgabeaufschlag entfällt. Auch die laufenden Kosten sind mit durchschnittlich 0,45 Prozent deutlich niedriger.