Spekulieren auf Kredit - so lässt sich
der Kauf von Turbozertifikaten,
Waves oder Mini-Futures charakterisieren.
Der Anleger muss bei ihnen nämlich
stets nur einen kleinen Teil des benötigten
Kapitals selbst aufbringen. Entwickelt
sich der Kurs des Basiswerts in die
erwartete
Richtung, kann er mit diesem
Betrag hohe prozentuale Gewinne erwirtschaften.
Steigt der DAX beispielsweise
von 9000 Zählern um ein Prozent auf 9090
Punkte, erhöht sich der Wert eines Mini-
Futures mit Basispreis 8000 Euro und
einem Bezugsverhältnis von 0,01 von zehn
Euro auf 10,90 Euro. Ein Papier mit Basis
8500 Punkte legt sogar um 18 Prozent zu.
Parallel zum Hebel (hier neun respektive
18) erhöht sich allerdings auch das Risiko.
So potenzieren sich zum einen die Verluste,
wenn der Anleger mit seinen Erwartungen
falsch liegt. Zum anderen steigt die
Wahrscheinlichkeit, dass die Knock-out-
Schwelle der Produkte verletzt wird. In diesem
Fall ist das Eigenkapital des Anlegers
ganz oder zumindest zu einem großen Teil
aufgebraucht, um beim Kreditbeispiel zu
bleiben, und der Emittent "stellt das Geschäft
glatt", um mit seinem Finanzierungsanteil
nicht selbst in die Verlustzone
zu geraten.
Eine spätere Kurserholung, wie sie bei
klassischen Optionsscheinen möglich ist,
wenn sich der Basiswert schließlich doch
noch in die gewünschte Richtung bewegt,
ist damit ausgeschlossen.
Auf Seite 2: Großer Hebel, großes Risiko
Großer Hebel, großes Risiko
Gemessen am zur Verfügung stehenden
Anlagevermögen sollten deshalb bei jedem
Trade nur ein kleiner Betrag eingesetzt
und spekulative Positionen schnell geschlossen
werden, wenn sich der Preis des
Basiswerts in die falsche Richtung entwickelt.
Dabei neigen gerade Neulinge dazu,
das Risiko großer Hebel zu unterschätzen.
Der Abstand zur Knock-out-Schwelle wird
deshalb häufig zu gering gewählt, und die
ersten Erfahrungen fallen entsprechend
negativ aus. Dies kann durch ein schrittweises
Herantasten an riskantere Papiere
vermieden werden. Bei Hebeln zwischen
zwei und vier ist die Gefahr eines Totalverlusts
nämlich noch relativ gering.
Gegenüber klassischen Optionsscheinen
weisen Hebelzertifikate unter anderem
den Vorteil auf, dass Volatilitätsveränderungen
des Basiswerts praktisch keinen
Einfluss auf die Preisbildung haben. Wie
oben gezeigt, lässt sich ihre Preisgestaltung
deshalb sehr einfach nachvollziehen - sie
ergibt sich im Wesentlichen aus der Differenz
zwischen dem aktuellen Wert des Basiswerts
und dem Basispreis (unter Berücksichtigung
des Bezugsverhältnisses).
Noch entscheidender ist aber, dass
Knock-out-Produkte im Vergleich zu Optionsscheinen
nur einem sehr geringen Zeitwertverlust
ausgesetzt sind. Bei klassischen
Turbozertifikaten resultiert dieser
daraus, dass die Papiere mit einem Aufgeld
begeben werden, das sinnbildlich gesprochen
der Finanzierung der Kreditkosten dient und sich zwischen Emission und Fälligkeit
sukzessive abbaut. Mini-Futures, die
je nach Emittent auch als Unlimited Turbos
oder Waves XXL bezeichnet werden,
verfügen dagegen über eine unbegrenzte
Laufzeit sowie eine vorgelagerte Knockout-
Barriere (Stop-Loss). Im Falle eines
Knock-outs wird dem Anleger so in der
Regel ein Restwert zurückbezahlt. Die Finanzierung
erfolgt dabei durch die kontinuierliche
Anhebung von Basispreis und
Barriere. Der Kurs entspricht damit immer
dem inneren Wert.
Damit ist die Vielfalt der Varianten allerdings
noch lange nicht erschöpft. So werden
inzwischen auch laufzeitlose Turbos
angeboten, bei denen Basispreis und
Knock-out-Barriere identisch sind. Dadurch
sind grundsätzlich höhere Hebel
möglich. Auch bezüglich des Ausübungszeitraums
sind Unterschiede zu beachten.
Während bei der Mehrzahl der DAX-Produkte
die Knock-out-Barriere nur während
der üblichen Xetra-Handelszeiten scharf
geschaltet ist, wird bei X-Turbos vor- und
nachbörslich auf den länger gehandelten
X-DAX als Basiswert gewechselt. Diese
Scheine können somit von acht bis 22 Uhr
ausgeknockt werden. Bei anderen Papieren
wie zum Beispiel Smart Turbos ist wiederum
die Barriere nur zur Schlussauktion
aktiviert. Wird diese, nicht aber der Basispreis,
lediglich während des Handelstags
unterschritten, gilt das Zertifikat als nicht
ausgeknockt.
Selbstverständlich werden alle Varianten
auch in der Short-Version und damit
zur Spekulation auf fallende Kurse angeboten.
Als Short-Turbos eignen sich Knockout-
Zertifikate auch hervorragend zur Depotabsicherung,
die von der praktischen
Umsetzung her ähnlich funktioniert wie
bei einem statischen Hedge mit Verkaufsoptionsscheinen
(siehe Teil 3 der Serie).
Auf Seite 3: Hebelpapiere: Die Unterschiede im Detail