Seit der Platzierung der ersten Standard-
Calls und -Puts für Privatanleger
vor 25 Jahren haben sich die
Emittenten immer wieder an exotischen
Optionsscheinen versucht. Der Fantasie
und Kreativität der Akteure waren praktisch
keine Grenzen gesetzt.
So gab es zeitweise Produkte, bei denen
ein einmal erreichter innerer Wert bis
zum Laufzeitende auf jeden Fall erhalten
blieb (Ladder-Optionsscheine). Andere
Papiere
sammelten beim Verharren des
Basiswerts
innerhalb einer vorgegebenen
Bandbreite Tag für Tag einige Cent an
Wert an (Hamster-, Range- oder Korridoroptionsscheine).
Bei wieder anderen Ausgestaltungsformen
wurde der Basispreis
erst während oder sogar am Ende der Laufzeit
festgelegt (Lookback). Nur wenige
Varianten
exotischer Optionsscheine
haben sich allerdings dauerhaft durchgesetzt
und werden auch heute noch regelmäßig
emittiert.
Dominiert wird dieses Segment derzeit
eindeutig von den Inline-Optionsscheinen.
Sie sind eine interessante Möglichkeit, auf
weitestgehend gleichbleibende Kurse des
Basiswerts zu spekulieren. Ihre Besitzer erhalten
bei Fälligkeit nämlich einen Festbetrag
von meist zehn Euro ausgezahlt,
wenn der Preis des Basiswerts über die gesamte
Laufzeit hinweg eine vorgegebene
Range nicht verlässt.
Auf Seite 2: Knackpunkt Barriere
Knackpunkt Barriere
Sollte die obere oder untere Korridorgrenze
allerdings auch nur ein einziges Mal
berührt oder über- beziehungsweise unterschritten
werden, verfällt der Inliner wertlos,
zumindest in seiner klassischen Form.
Über die Gesamtlaufzeit betrachtet handelt
es sich somit um eine Entweder-oder-
Spekulation, was im Fachjargon als "digitale
Pay-off-Struktur" bezeichnet wird.
Naturgemäß
hängt der Wert eines Inline-
Optionsscheins im Wesentlichen vom Preis
des Basiswerts
ab. Generell wird eine
Kursentwicklung des zugrunde liegenden
Werts hin zur Mitte des Korridors eine positive
Wirkung auf den Optionsscheinpreis
haben, da die Verletzung einer der beiden
Barrieren unwahrscheinlicher wird.
Auch sinkende Volatilitäten wirken sich
unter den gleichen Umständen preissteigernd
aus, schließlich reduziert sich das Risiko
für einen Ausbruch aus dem Korridor
dadurch ebenfalls. Der größte Unterschied
zu Standardoptionsscheinen liegt aber in
der Auswirkung der Restlaufzeit. Mit
einem Inliner läuft die Zeit nämlich für den
Anleger. Je näher das Laufzeitende rückt,
umso stärker nähert sich der Schein bei ansonsten
unveränderten Bedingungen dem
festen Rückzahlungsbetrag an. Bevorzugt
gehandelt werden in aller Regel Papiere mit
einer Restlaufzeit von bis zu vier Monaten,
wobei viele Inline-Fans oft nur jeweils wenige
Tage in einem Produkt investiert sind.
Der mit Abstand dominierende Basiswert
ist der DAX, gefolgt vom Euro Stoxx 50. Im
kontinuierlich wachsenden Angebot der
Emittenten finden sich auch Inliner auf diverse
internationale Indizes sowie auf Einzeltitel,
Rohstoffe und Währungspaare.
Neben der klassischen Variante gibt es
auch Inliner, bei denen ein zwischenzeitliches
Verlassen der vorgegebenen Bandbreite
für die Rückzahlung unerheblich ist.
Bei diesen End-Inline-Optionsscheinen
kommt es lediglich darauf an, wo der Basiswert
am Laufzeitende notiert. Bei ansonsten
gleichen Bedingungen führt dies
zu einer deutlichen Reduzierung der
Knock-out-Gefahr. Entsprechend niedriger
fällt der mögliche Zugewinn aus.
Was mit zwei Barrieren funktioniert,
klappt auch mit einer. So geht es bei StayHigh-
und Stay-Low-Optionsscheinen darum,
dass der Basiswert während der gesamten
Laufzeit oder bei Fälligkeit (EndHigh
oder End-Low) über beziehungsweise
unter der vorgegebenen Marke notiert.
Deutlich geringer als bei den Inlinern ist
das Angebot bei sogenannten Down-andout-
Puts. Down-and-out-Puts zählen ebenfalls
zu den exotischen Optionsscheinen
und funktionieren zunächst wie klassische
Puts: Die Auszahlung am Ende der Laufzeit
fällt umso höher aus, je tiefer der Basiswert
unter den Basispreis gefallen ist. Dies gilt
allerdings nur bis zur Knock-out-Schwelle.
Wird diese während der Laufzeit verletzt,
verfällt das Papier wertlos. Aufgrund dieses
Risikos sowie der engeren Begrenzung
des theoretisch möglichen Maximalgewinns
sind Down-and-out-Puts in der Regel deutlich
günstiger zu haben als klassische Put-Optionsscheine
mit ansonsten vergleichbaren
Konditionen. Insbesondere in der Nähe
der Knock-out-Schwelle kann es bei diesen
Papieren kurz vor Fälligkeit zu einer extremen
Hebelwirkung kommen.
Auf Seite 3: Konstrukt mit Superkraft
Konstrukt mit Superkraft
Bleiben noch Power-Optionsscheine, die
aktuell nur auf das Währungspaar Euro/
US-Dollar angeboten werden. Das Besondere
daran: Sie verbriefen zum Fälligkeitstermin
nicht das Auszahlungsrecht auf die
einfache, sondern auf die quadrierte positive
Differenz zwischen Basispreis und aktuellem
Kurs des Basiswerts. Weitere wichtige
Ausstattungsmerkmale sind ihr Cap,
durch den die Auszahlung auf einen
Höchstbetrag begrenzt wird, sowie die Beschränkung
des Ausübungsrechts auf den
Fälligkeitstag (europäisches Optionsrecht).
Aufgrund der beiden letztgenannten
Merkmale verfügen Power-Optionsscheine
während der Laufzeit im Allgemeinen über
eine geringere Hebelwirkung als Standard-
Calls und -Puts. Erst mit nahendem Laufzeitende
wird die Powerkonstruktion der
Quadrierung des inneren Werts durch eine
dann stark wachsende Hebelwirkung deutlich
wirksam.