Eskalation lässt Anleger in Deckung gehen. Was das für Aktien, Anleihen, Dollar und Gold bedeutet

Wachsende Sorgen vor einer Eskalation im Streit um die Anhebung der US-Schuldenobergrenze haben den Höhenflug des DAX in dieser Woche beendet - auch wenn zum Pfingst-Wochenende Spekulationen auf eine Einigung in diesem Streit wieder aufkeimten. Der Leitindex gab vor allem am Mittwoch deutlich nach und rutschte dabei auch wieder unter die 16.000-Punkte-Marke, die er erst vergangene Woche durchbrochen hatte. Auch der erstmals seit einem halben Jahr wieder gesunkene Ifo-Geschäftsklimaindex und revidierte Zahlen des Statistischen Bundesamts zum Wirtschaftswachstum belasteten zuletzt die Börse. 

Am schwersten wiegt jedoch die Sorge vor einem möglichen Zahlungsausfall der USA. Im Streit um die Anhebung der Schuldenobergrenze gibt es trotz aller Spekulationen noch immer keine Einigung. Treffen zwischen US-Präsident Joe Biden und dem Verhandlungsführer der Republikaner, Kevin McCarthy, verliefen bislang ergebnislos. Laut Finanzministerin Janet Yellen droht Anfang Juni ein Zahlungsausfall der US-Regierung, falls es keine Einigung gibt. Die Wirtschaftsberater des Weißen Hauses warnten vor einer tiefen Rezession und einem Einbruch der Börsen um 45 Prozent.


„Bis zum bitteren Ende“

Donner & Reuschel-Chefvolkswirt Carsten Mumm rechnet ebenfalls mit heftigen Turbulenzen an den Märkten. „Der Status der USA und des Dollar als Weltleitwährung und sicherer Hafen der Kapitalanlage würde massiv leiden“, sagte Mumm gegenüber Börse Online. „Wir gehen nicht davon aus, dass es tatsächlich so weit kommt.“ Solange noch keine politische Einigung erfolgt sei, werde die Drohkulisse die Perspektiven an den Börsen aber kurzfristig dämpfen. „Die gesunkenen Ifo-Geschäftsaussichten der Unternehmen in Deutschland untermauern die Gefahr sinkender Margen aufgrund einer globalen Schwäche der Industrieproduktion. Wir rechnen deshalb mit verstärkten Gewinnrevisionen, die ebenfalls den Aktienmarkt und den DAX belasten dürften.“

Die Deutsche Bank ist beim US-Schuldenstreit pessimistischer als Mumm. Die Analysten zeigten sich „echt besorgt“, dass die Auseinandersetzung diesmal bis zum „bitteren Ende“ geführt werde. „Die Investoren beginnen jetzt, sich entsprechend aufzustellen.“ Fondsmanager Frank Fischer, CEO der Shareholder Value Management AG, macht wahltaktisches Kalkül für die Eskalation verantwortlich. Die Republikaner wollten die Demokraten im Regen stehen lassen, um die Chancen ihres Kandidaten Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen zu erhöhen, sagte er gegenüber Börse Online.


Ausverkauf an der Wall Street?

Die Ratingagenturen Fitch und Moody’s haben bereits signalisiert, dass sie die Bonität der USA herabstufen könnten, wenn ein Zahlungsausfall auch nur in die Nähe rückt. So hat Fitch den USA am Donnerstag mit einem Entzug der Topnote „AAA“ gedroht. 2011 hatte eine solche Herabstufung, damals durch die Ratingagentur Standard & Poor’s, einen Ausverkauf an der Wall Street ausgelöst.

Unterdessen sind die Auswirkungen des aktuellen Streits auch am Anleihemarkt zu spüren. Kurzfristige US-Staatsanleihen, die Anfang Juni auslaufen, haben deutlich an Wert verloren, und die Renditen sind gestiegen. Auch bei lang laufenden Anleihen stehen die Kurse unter Druck. Die UBS rechnet dennoch damit, dass US-Staatsanleihen bei einem Zahlungsausfall zu den Gewinnern zählen könnten, da die US-Bonds im Krisenfall weiterhin als vergleichsweise sichere Häfen gesehen würden. Liquidität sei in diesem Fall wichtiger als Kreditqualität.

Ähnlich argumentieren Experten auch beim Dollarkurs. So verweist die DZ Bank darauf, dass die US-Währung in Krisenzeiten immer profitiert habe, selbst wenn die USA diese Krisen selbst ausgelöst hätten.

Bei einer Zuspitzung des US-Schuldenstreits könnte schließlich auch der Goldpreis steigen, der sich vom Schuldenstreit bislang relativ unbeeindruckt zeigt. Dafür müssten die Aktienmärkte aber wohl deutlich einbrechen.