Anleihe-ETFs sind seit der Zinswende in Deutschland immer beliebter geworden. Doch Experte und Portfoliomanager Norbert Schmidt verrät, warum die Allokation von Geldern in klassischen Anleihe-ETFs nicht die beste Strategie ist und wie Anleger mehr Rendite herausholen können.
Seit den starken Zinserhöhungen durch EZB und Fed sind Hochzinsanleihen besonders für einkommensorientierte Anleger ein immer größeres Thema geworden – immerhin lassen sich hier hohe Zinsen kassieren, mit teilweise deutlich geringeren Risiken als bei Aktien.
Um diesen Bereich abzubilden, nutzen Investoren gerne kostengünstige Anleihe-ETFs. Doch hier gibt es laut dem Experten und Fondsmanager Norbert Schmidt noch Verbesserungspotenzial.
Darum sollten Sie besser keine Anleihe-ETFs kaufen, sagt Experte
Wie genau das geht und wie Anleger jetzt hohe Zinsen (auch nach Kosten) kassieren können, verrät er in einem neuen Interview mit mir:
Herr Schmidt, Hochzinsanleihen werden für einkommensorientierte Anleger immer mehr ein Thema. Denn hier winken hohe Ausschüttungen, auch abseits klassischer Aktieninvestments. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Wir begrüßen diese Entwicklung sehr. Lange Zeit galten Hochzinsanleihen als uninteressant, da Anleger entweder auf Aktien gesetzt haben, um hohe Renditen zu erzielen oder aber auf Anleihen für Sicherheit. Dass mit Hochzinsanleihen ein idealer Mittelweg aus Rendite und Sicherheit möglich ist, wird jetzt immer mehr Anlegern bewusst. Nicht zuletzt, weil die Schwankungen bei Hochzinsanleihen wesentlich geringer sind als bei Aktien. Dennoch ist der Ertrag langfristig nahezu auf Augenhöhe. Im letzten Jahr konnten wir für unsere Anleger mit Hochzinsanleihen nach Kosten über 11 % erwirtschaften.
Wie sehen Sie die Zukunft von Hochzinsanleihen als Investment in Zeiten niedrigerer Zinsen? Sind diese dann überhaupt noch lohnenswert?
Auf jeden Fall. Auch in Zeiten von Null-Zinsen wie 2020 hat der breite Markt von Hochzins-Anleihen noch deutlich positive Renditen geboten. Einfach aus dem Grund, da Hochzins-Anleihen - anders als Bundesanleihen - ein gewisses Ausfallrisiko bergen und dieses Risiko immer mit einem Renditeplus kompensiert werden muss. 2020 war es uns durch die geschickte Auswahl von Anleihen möglich, Renditen von fast 6 % vor Kosten zu erwirtschaften. Selbst nach Kosten konnten wir damit einen erheblichen Mehrwert im Vergleich zu null- und negativ-verzinsten Sparkonten bieten. Das wird auch in Zukunft so machbar sein.
Aber es stimmt: je niedriger das Zins-Umfeld ist, desto genauer müssen wir als Manager rechnen. Aktuell lassen sich selbst mit einem breit gestreuten Hochzins-ETF gute Renditen einfahren. Wenn die Zinsen wieder deutlich zurückkommen, haben wir als aktive Manager hingegen die Möglichkeit, wesentlich selektiver zu agieren. Wir werden daher mit sinkenden Zinsen besser zurechtkommen als die meisten Anleihen-ETFs.
Ein Weg, wie Anleger in diesen Bereich investieren können, sind beispielsweise passive ETFs. Kann man sich diese wie den klassischen Aktien-ETF vorstellen?
Es gibt genau wie für Aktien auch große berechnete Anleihen-Indizes, die per ETF investierbar sind. Auch hier erfolgt häufig eine Gewichtung nach Marktkapitalisierung. Die größten Unternehmen erhalten also ein höheres Gewicht. Allerdings im Falle der Anleihen mit der Besonderheit, dass nicht das größte Unternehmen nach Aktien-Börsenwert über die Gewichtung bestimmt, sondern die Höhe der ausstehenden Schulden. Je mehr eine Gesellschaft verschuldet ist, desto wichtiger wird sie also in Anleihe-ETFs. Eine weitere Besonderheit ist, dass Anleihe-ETFs in der Regel stark nach Handelbarkeit vorfiltern. Viele Anleihen haben eine geringe Börsen-Liquidität, weshalb diese pauschal von Anleihe-ETFs ausgeschlossen sind. Anleihe-ETFs sind daher stark konzentriert auf Unternehmen mit hohen Schuldenständen, bei denen gleichzeitig ein hoher Handel in den Anleihen angenommen wird. Aus diesen Besonderheiten ergeben sich leider verschiedene Nachteile für den Anleihen-ETF-Investor.
Im Frühjahr dieses Jahres haben Sie ein Papier mit dem Titel “Endlich hohe Zinsen!” veröffentlicht, dass man auch auf Ihrer Webseite finden kann. Darin stellen Sie passive ETFs im Anleihebereich nicht als die effizienteste Anlageform dar – wie kommt das?
Wir sehen grundsätzlich die Daseinsberechtigung von ETFs im Bereich der Aktien. Gerade bei Standardwerte-Aktienstrategien ohne Hedging sind ETFs in einer Nach-Kosten-Betrachtung häufig langfristig nicht zu schlagen. Das liegt unter anderem daran, dass große Large Cap Aktien informationseffizient bepreist sind und Mehrrendite-Quellen durch aktives Research stark limitiert sind.
Bei Anleihen sieht es da ganz anders aus. Wie bereits ausgeführt übersehen Anleihe-ETFs viele Rendite-Potentiale, weil diese aufgrund von Liquiditäts-Vorgaben nicht in diese investieren dürfen. Aber auch die Gewichtung nach Verschuldung ist eher kontraintuitiv. Wir gewichten beispielsweise sich entschuldende Unternehmen über. Eine derartige „inhaltliche“ Selektion findet bei ETFs nicht statt. Daneben existieren weitere Mehrrendite-Quellen für aktive Bond-Picker, die Anleihe-ETFs aufgrund ihrer Konstruktion nicht ausnutzen können, zum Beispiel im Zusammenhang mit vorzeitigen Kündigungsmöglichkeiten.
Welche Faktoren berücksichtigen Sie selbst bei Ihrem Fonds, dem FU Fonds – Bonds Monthly Income (WKN: HAFX9M), um ein Alpha gegenüber passiven Indizes zu generieren und haben Sie das auch schaffen können?
Ja, wir haben seit Start im Jahr 2019 deutlich besser abgeschnitten als der iShares Euro High Yield UCITS ETF. Insgesamt beläuft sich die Renditedifferenz auf 7,5 %. Selbstverständlich nach Kosten.
Wesentlicher Treiber für diesen Unterschied sind Mehrrendite-Quellen, die wir dauerhaft anzapfen. Unsere strenge Selektion der Unternehmen nach ihrer Cashflowstärke ist unsere wesentliche Alpha-Quelle. Wir erwarten, dass ein Unternehmen im Falle einer Stagnation 10% Zinsen zahlen könnte, wenn es denn müsste. Das ist der fundamentale Risikopuffer für unsere Investments. Weiterhin haben wir stets eine eigene Einschätzung hinsichtlich der von uns erwarteten Rückzahlungszeitpunkte. Erfolgreiche Unternehmen greifen nämlich gern die Möglichkeit auf, ihre verbesserte Bonität durch die Emission neuer niedriger verzinster Anleihen und die vorzeitige Kündigung der bestehenden Anleihen auszunutzen. In geringerem Umfang profitieren unsere Investoren auch von Emissions- und Illiquiditätsprämien. Mehrere solcher Faktoren zusammen ergeben jedes Jahr eine signifikante Outperformance.
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