Die Zinsen stehen aktuell im Fokus der gesamten Börse und in den kommenden Wochen dürften Nachrichten um die Raten der Zentralbanken für einige Bewegungen am Markt sorgen. So bewertet Fondsmanager Norbert Schmidt jetzt diese Situation. Außerdem: Diese Beimischung zum MSCI World könnte für Anleger jetzt spannend sein.

In dieser Woche erwartet Anleger die Tagung der Europäischen Zentralbank und der anschließende Zinsentscheid der Notenbank. Auch in den USA sind die Blicke weiterhin auf die Fed und mögliche anstehende Maßnahmen gerichtet. Dementsprechend dürften Nachrichten aus diesem Umfeld für deutliche Kursbewegungen sorgen.

Das ist die Situation bei den Zinsen + spannende Beimischung zum MSCI World

Wie ein echter Profi die Situation bewertet, erfahren Sie in dem folgenden Interview, dass ich mit Fondsmanager Norbert Schmidt vom FU Fonds – Bonds Monthly Income (WKN: HAFX9M) geführt habe. Das ist die Einschätzung des Experten:

Frage 1: In Europa dürfte im Juni die erste Zinssenkung anstehen. In Amerika ziert sich die Fed dagegen, wenngleich der Markt zuletzt optimistischer für Kürzungen geworden ist. Was machen Sie als Anleiheexperte aus dem aktuellen Zinsumfeld?

In den letzten 2 Jahren hat der Zins-Markt einen gewaltigen Turnaround erlebt. Während die kurzfristigen Zinsen auf sichere Anleihen noch im Mai 2022 deutlich negativ waren, liegen diese nun über 4 Prozent höher – bei etwa 3,8 Prozent. Das entspricht dem, was Anleger auf guten Tagesgeld-Konten aktuell erzielen können. Für den Anleihe-Markt hat diese Entwicklung einen deutlichen Anstieg der erzielbaren Zinsen bewirkt. 2021 haben wir mit unserem Fonds noch in Anleihen mit Kupons von bspw. 5 Prozent investiert. Durch den Zins-Anstieg waren zwischenzeitlich Zinssätze bei ausgewählten Unternehmensanleihen von deutlich über 10 Prozent möglich. Diese Chancen haben wir auch gerne wahrgenommen.

Aktuell zeichnet sich in Europa ein moderater Zins-Senkungs-Zyklus ab. Moderat deshalb, weil die Wirtschaft weiterhin vergleichsweise stabil ist. Die Notenbanken haben sich nach Jahrzehnten des Zins-Rückgangs endlich wieder in einen positiven Realzins hochgearbeitet. Diese zurückgewonnene Handlungsfähigkeit werden die Notenbanken verteidigen wollen, solange die Wirtschaft nicht zusammenbricht. Kurzfristig ist also nur mit sporadischen Zins-Senkungen zu rechnen. Größere Schritte nach unten deuten sich aktuell noch nicht an.

Als Anleihe-Manager sind wir Zins-agnostisch positioniert. Wir spekulieren weder auf „Higher for longer“ noch auf schnelle Senkungen. Das spiegelt sich auch in unserer Anleihe-Auswahl. Wir halten Papiere kurzer, mittlerer und längerer Laufzeit und zudem variabel verzinste Bonds.

Frage 2: Was bedeutet das konkret für Aktien und Anleihen? Wo bieten sich jetzt Chancen in einem solchen Szenario?

Wenn wir davon ausgehen, dass wir im Euro-Raum und in den USA erste Zins-Senkungen sehen werden, dann ist mit einem positiven Umfeld für Aktien- und Anleihe-Kurse zu rechnen. Besondere Kurs-Chancen bestehen dann, wenn die Zinsen noch schneller und in größeren Schritten gesenkt werden, als es der Markt bislang erwartet. Insbesondere Wachstumswerte und Anleihen mit langer Laufzeit könnten von dieser Entwicklung stark profitieren. Marktbreite Kursgewinne von über 10 Prozent sind dann in wenigen Wochen möglich. Gleichzeitig besteht bei den Kursen Rückschlags-Potential, wenn die Zinsen wider Erwarten doch länger erhöht bleiben. Wichtiger als das kurzfristige Wert-Potential ist hingegen die Zins-stärke eines Papiers. Zahlt eine Anleihe einen hohen planbaren Kupon, bietet das Anlegern in jedem Umfeld gute Renditen. Auf diese Offenheit, dass keiner der Marktteilnehmer mit Sicherheit den weiteren Zinspfad kennt, kommt es aus unserer Sicht an.

Frage 3: Und wie sieht es mit den Hochzinsanleihen aus? Kann man hier ein ähnliches Verhalten wie bei anderen Schuldverschreibungen erwarten? Und was bedeutet das für die Assetklasse Hochzinsanleihen und ihren Fonds den FU Fonds – Bonds Monthly Income (WKN: HAFX9M)?

Die Kurse von Hochzinsanleihen sind weniger sensibel für Zins-Änderungen. Das liegt daran, dass hier das Zinsniveau generell deutlich erhöht ist und die Laufzeiten im Vergleich zu anderen Segmenten vergleichsweise gering sind. Zinsen zwischen 6 und 10 Prozent sind hier gängig. Trotz hoher Qualität bei den zugrundeliegenden Geschäftsmodellen. Auch Großkonzerne wie BayWa, HannoverRück, Lufthansa oder Vodafone haben solche hochverzinsten Papiere ausstehen.

Dennoch bestehen auch im Markt für Hochzinsanleihen deutliche Kurs-Chancen, wenn die Zinsen zurückgehen. Das haben wir im letzten Jahr bei unserem FU Fonds – Bonds Monthly Income (WKN: HAFX9M) gesehen.

Der Markt hat eingepreist, dass die Zinsen nicht mehr weiter steigen und dann im weiteren Verlauf auch wieder gesenkt werden. Neben hohen realisierten Zinsen war das ein Treiber für die etwa 13 Prozent Rendite, die wir - nach Kosten - in den letzten 12 Monaten für die Anleger erzielt haben.

Die Anlageklasse der Hochzinsanleihen halten wir auch aktuell für attraktiv wie nie, weil wir es nach wie vor mit historisch außergewöhnlich hohen Zinsen zu tun haben und die Ausfallraten weiterhin sehr gering sind. In unserem FU Fonds – Bonds Monthly Income (WKN: HAFX9M) konnten wir Abschreibungen von Anleihen bisher sogar komplett vermeiden - seit nun schon 5 Jahren. Das erhöht die Anleger-Überrenditen zusätzlich im Vergleich zu passiven Produkten wie ETF, die produktbedingt auch in Anleiheausfällen investiert sind. Wenn man als Portfolio-Manager die Ausfallraten im Griff hat, sind das paradiesische Umstände.

Frage 4: Im amerikanischen Markt befinden sich die Spreads zwischen Junkbonds (Unternehmensanleihen unter dem Investmentgrade) und “sicheren” Staatsanleihen weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau. Spricht das nicht gegen Hochzinsanleihen im aktuellen Umfeld? Oder drückt es eher ein Misstrauen der Anleger mit Blick auf die Staatsverschuldung der USA aus?

Es gibt verschiedene Lesarten für diese Marktkonstellation in den USA. Wir werten den niedrigen Spread nicht so sehr als Misstrauen gegenüber der US-amerikanischen Staatsverschuldung, sondern vor allem als Signal der realwirtschaftlichen Stärke.

Aufgrund des niedrigen Spread-Levels und der für uns als Euro-orientierten Investor anfallenden Kosten für die Währungsabsicherung sind jedoch USD-High Yields aktuell nicht so interessant und lediglich als selektive Beimischung mit Währungsabsicherung im Portfolio enthalten.

Frage 5: Zum Abschluss: Hochzinsanleihen haben in der Vergangenheit trotz erhöhter Ausfallrisiken Staatsanleihen geschlagen und gleichzeitig über gewisse Zeiträume aktienähnliche Renditen gezeigt. Lohnt sich die Beimischung daher womöglich nicht nur für klassische Einkommensinvestoren, sondern ebenfalls ETF-Anleger?

Hier sprechen Sie einen sehr interessanten Punkt an. Hochzinsanleihen sind bei Einkommens-orientierten Anlegern und Zins-Sparern bereits beliebt. Aber auch Investoren, die auf Aktien und Fonds setzen, können ihre Portfolios mithilfe von Hochzinsanleihen verbessern. Der Hintergrund: Hochzinsanleihen bieten Aktien-ähnliche Renditen bei deutlich geringeren Schwankungen. Konkret rentieren europäische Hochzinsanleihen in den letzten 25 Jahren fast genauso gut wie Aktien. Die Rendite-Differenz liegt bei nur 0,6 Prozent pro Jahr. Die Volatilität ist allerdings wesentlich geringer. Rund 40 Prozent niedriger fallen die Wertschwankungen bei den High Yield Bonds im Kontrast zu den Aktien aus.

Wer zu einem MSCI World Aktien ETF also noch eine Sammelanlage für Hochzinsanleihen ergänzt, kann die Schwankungen des eigenen Depots deutlich senken, ohne dabei echte Abstriche bei der Rendite machen zu müssen.

Lesen Sie auch:

Wall Street mega-bullisch: So hoch steigen die Aktienmärkte laut Oppenheimer, Deutsche Bank und Co

Oder:

Nobelpreisträger warnt vor einer Blase am Aktienmarkt: Verkaufen, bevor die Börsen einbrechen?