Der MSCI World bzw. ein breit gestreuter Welt-ETF ist das Maß aller Dinge für viele Anleger. Doch was, wenn man den Index, der im Schnitt sieben Prozent Rendite pro Jahr bringt, mit einem Kredithebel aufpumpt? Ist dies ein Geniestreich oder ein Geldverbrenner? Hier erfahren Sie die Antwort und mit welchem Produkt es geht.

Der Effekt des Hebelns durch Fremdkapital in der langfristigen Geldanlage wird heiß diskutiert. Einige Datenreihen sprechen gegen den Einsatz von Krediten, besonders wenn es um Margin geht, andere Rechnungen stützen die Verwendung externer Gelder.

Investieren in den MSCI World ETF mit dreifachem Hebel?

Wer von dem Erfolg von Hebelwirkungen für die Geldanlage überzeugt ist, der kann einen Blick auf den Leverage Shares 3x Long Total World ETP Securities (WKN: A3GWC0) werfen. Dieser bietet die Möglichkeit für Anleger, in ein dreifach gehebeltes Weltportfolio zu investieren.

Doch ist diese Anlage ein Geniestreich oder ein Geldverbrenner? Und was sollten Anleger sonst noch zu dem Produkt wissen? Das habe ich im Interview mit Oktay Kavrak, Head of Communications & Strategy bei Leverage Shares, geklärt:

Herr Kavrak, mit dem Leverage Shares 3x Long Total World ETP Securities bietet Leverage Shares eine der wenigen Möglichkeiten auf dem Markt, wie Anleger in den breiten Aktienmarkt mit Hebel investieren können. Wofür eignet sich dieses Produkt am besten – eher kurzfristige Spekulationen oder langfristiges Investieren?

Dieses ETP ist am besten für erfahrene Anleger geeignet, die das Konzept der täglichen Hebelwirkung verstehen. 

Tägliches Rebalancing bedeutet, dass dieses Produkt darauf abzielt, die dreifache tägliche Rendite des Basiswerts zu erzielen. Dieser tägliche Reset kann jedoch aufgrund des Aufzinsungseffekts der täglichen Renditen zu Tracking-Unterschieden über längere Haltezeiträume führen. 

In steigenden Märkten kann die kumulierte Wertentwicklung des Produkts das Dreifache der Wertentwicklung des Basiswerts übersteigen. Umgekehrt kann das Produkt in unruhigen Märkten im Vergleich zum Dreifachen der zugrunde liegenden Bewegung unterdurchschnittlich abschneiden.  

Durch diesen täglichen Rücksetzungsmechanismus eignen sich gehebelte und inverse Produkte besser für Händler, die von kurzfristigen Marktbewegungen profitieren wollen, als für „Buy-and-hold“-Investoren. 

Doch sollten Anleger überhaupt in ETFs investieren? Eine Studie warnt davor: 

Abgesehen vom Thema Tracking-Unterschieden / Pfadabhängigkeit ist ein großes Problem vieler Hebel ETFs, dass sie nur Intraday und keine Overnight Bewegungen abbilden. Hier wird aber ein Großteil der Rendite am Aktienmarkt erwirtschaftet. Ist dies bei dem Leverage Shares 3x Long Total World ETP Securities ebenfalls so? Und woran liegt das?

Eines der einzigartigen Merkmale von Leverage Shares ETPs ist ihre Struktur.  

Im Gegensatz zu traditionellen swapbasierten ETF/ETPs ist Leverage Shares durch die Aufnahme von Margin-Krediten physischer Eigentümer der zugrunde liegenden Aktien/ETFs. Durch den physischen Besitz der zugrundeliegenden Vermögenswerte bleibt ein kontinuierliches Engagement in den verfolgten Vermögenswerten bestehen, auch wenn der lokale (europäische) Markt geschlossen ist. Das bedeutet, dass sich alle Kursänderungen, die zwischen dem EU-Marktschluss und der Öffnung des nächsten Tages auftreten, im Wert des ETP (NAV) widerspiegeln. 

Dieser Wert sollte jedoch nicht mit der untertägigen Preisbildung des ETP verwechselt werden. Zu dem Zeitpunkt, an dem die EU-Märkte für den Handel geöffnet werden, können die Market Maker den Preis des Instruments auf der Grundlage 1) der Ereignisse zwischen dem EU-Marktschluss und dem US-Marktschluss und 2) des nachbörslichen Handels in den USA festlegen. Aus diesem Grund muss beim Vergleich der Wertentwicklung des ETP mit seinem Basiswert der Nettoinventarwert (NAV) des ETP als Bezugspunkt herangezogen werden, nicht der Schlusskurs an der europäischen Börse. 

Bei dem Produkt handelt es sich ja um einen ETP und keinen ETF, das heißt, die Regelung sind anders in Bezug auf die Themen Steuern, Insolvenzfall usw. Könnten Sie die Unterschiede kurz erläutern?

Obwohl offiziell nicht als Fonds eingestuft, bietet diese Art von börsengehandeltem Produkt (ETP) ein ähnliches Anlageerlebnis. Operativ wird es genauso gehandelt - mit unabhängigen Market Makern, die an den großen Börsen Liquidität auf dem Bildschirm bereitstellen. Es verfügt über einen soliden Anlegerschutz durch einen unabhängigen Treuhänder, der die Rechte an diesen Vermögenswerten besitzt und die Interessen der Anleger vertritt. Darüber hinaus besteht eine vollständige Transparenz der Vermögenswerte, da die Anleger die Bestände des ETP täglich überprüfen können, um zu sehen, dass sie zu 100 Prozent durch den Basiswert besichert sind. 

Im UCITS-Umfeld verlangen die europäischen Vorschriften eine Diversifizierung zur Verhinderung konzentrierter Engagements und Begrenzung der Hebelwirkung auf höchstens das Zweifache. Da es sich bei dem zugrunde liegenden Vermögenswert nicht um einen einzelnen Rohstoff handelt (er kann nicht als „ETC“ klassifiziert werden) und die Hebelwirkung über dem Faktor 2 liegt, kann es sich nur noch um einen „vollständig besicherten ETN“ handeln. Dies ist nicht zu verwechseln mit den berüchtigten unbesicherten Versionen, die in den USA zu finden sind. 

Obwohl diese ETPs nicht in den Anwendungsbereich der UCITS-Richtlinien fallen, sind sie für UCITS-konforme Fonds zugelassen, was bedeutet, dass sie in ihre Portfolios aufgenommen werden können, wenn auch mit gewissen Einschränkungen. 

Wäre es dann möglich, den gehebelten Welt ETF (bei entsprechender Nachfrage) auch mit kleinerem Hebel wie 1,2 bis 1,5 zu emittieren? Dann würde dieser augenscheinlich ebenfalls für langfristige Privatanleger interessant und die deutliche Pfadabhängigkeit geringer.

Ja, das ist möglich. Wie bei mehreren Leverage Shares-Produkten ersichtlich, haben wir die Flexibilität, je nach Basiswert Hebelfaktoren von -5x invers bis 5x long anzuwenden. Darüber hinaus können diese Produkte so strukturiert werden, dass sie weniger häufig neu gewichtet werden, z. B. monatlich oder vierteljährlich anstelle von täglich. 

Für den Endanleger bringt dies jedoch weitere Komplexitäten mit sich, da die Hebelfaktoren bei Käufen zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach einer Neugewichtung variieren würden. Dies ist das zweischneidige Schwert des Angebots solcher Engagements in einem börsengehandelten Format. 

Geniestreich oder Geldverbrenner?

Fazit: Der angesprochene Welt-ETF mit Hebel ist ein außerordentliches Produkt, doch wohl eher nur zu kurzfristigen Spekulationen geeignet. Besonders der hohe Hebel führt dazu, dass hier langfristig eine Underperformance in der Vergangenheit erzielt wurde. So liegt die Rendite des Produktes seit Ende 2021 bei minus fünf Prozent. Im selben Zeitraum hat der MSCI World um mehr als 25 Prozent zulegen können. Auf Sicht eines Jahres sieht es aber ganz anders aus. Hier hat das ETP um 52 Prozent zulegen können, der Weltindex nur um 22 Prozent.

Für Spekulanten ist das ETP daher ein Geniestreich, für langfristige Anleger eher ein Geldverbrenner. Da es sich aber besonders für Investoren mit enormem Zeithorizont in geringem Maße lohnen kann zu hebeln, bleibt zu hoffen, dass in Zukunft Produkte mit geringerem Fremdkapitalanteil emittiert werden.

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