Der Bundesrat hat das Wachstumschancengesetz verabschiedet. Welche Erleichterungen für Bürger rückwirkend ab 1. Januar 2024 gelten
Der Hintergrund:
Das „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ soll primär den Anreiz für Unternehmen erhöhen, nachhaltig zu investieren. Hinter dem beschlossenen Entlastungspaket von insgesamt 3,2 Milliarden Euro verbergen sich aber auch relevante Steuererleichterungen für Investoren, Berufstätige und Rentner.
Diese Steuervorteile sind neu für Investoren
1. Sachwerte:
Die Freigrenze bei Gewinnen innerhalb der Spekulationsfrist (1 Jahr) wird rückwirkend zum 1. Januar 2024 von 600 auf 1000 Euro angehoben. Übersteigt der mit Sachwerten erzielte Gewinn nicht den Betrag von 999,99 (statt zuvor 599,99 Euro) pro Person, soll er auch innerhalb der Jahresfrist steuerfrei bleiben. Erst wenn die Steuerfreigrenze von 1000 Euro in dieser Konstellation überschritten wird, sollen Abgaben fällig werden – dann aber in voller Höhe.
Hier zu beachten: Wer Goldbarren und -münzen, Oldtimer, Antiquitäten, Kunstobjekte, Schmuck, Uhren und Kryptogeld erwirbt und frühestens nach einem Jahr wieder veräußert, kassiert den erzielten Verkaufsgewinn wie bisher „ brutto für netto".
2. Immobilien:
Der Bau von Mietwohnungen soll durch höhere Steueranreize stärker gefördert werden. Bauherren können für Gebäude, die Wohnzwecken dienen und 2024 fertiggestellt werden, eine degressive Abschreibung (AfA) von fünf Prozent auf ihre Anschaffungskosten geltend machen. Zudem haben sie das Wahlrecht, zur linearen AfA (jedes Jahr der gleiche Prozentsatz) zu wechseln. Weitere Voraussetzungen für den Steuervorteil: Bauherren müssen mit der Herstellung des Gebäudes zwischen Oktober 2023 und Oktober 2029 begonnen haben oder beginnen und den obligatorischen Vertrag ebenfalls in dem Zeitraum abgeschlossen haben.
Hier zu beachten: Bereits seit 2023 können Bauherren Sonderabschreibungen für den Mietwohnungsneubau beanspruchen, wenn die Bauanträge zwischen 1.9.2018 und 1.1.2022 oder zwischen 1.1.2023 und 1.10.2029 gestellt sind. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dürfen hier 5200 Euro (bisher 4800 Euro) je Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen. Die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen liegt nun bei 4000 Euro (bisher 2500 Euro je Quadratmeter).
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Diese Steuervorteile sind neu für Berufstätige
1. E-Dienstwagen:
Weil E-Autos als nachhaltig gelten, steigt bei der Anschaffung der absetzbare Höchstbetrag. Elektrische Dienstwagen waren bisher bei einem Bruttolistenpreis von maximal 60 000 Euro pauschal nur mit 0,25 Prozent des Bruttolistenpreises statt Regulär mit 1,0 Prozent monatlich als geldwerter Vorteil zu versteuern, wenn die Vehikel auch privat genutzt wurden. Um die Nachfrage nach E-Autos zu steigern, nachhaltige Mobilität zu forcieren und die gestiegenen Anschaffungskosten abzubilden, wird der förderungsfähige Höchstbetrag beim Preis auf 70 000 Euro angehoben. Dies gilt für alle ab 2024 angeschafften E-Firmenwagen – und bei der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer.
Hier zu beachten: Die alternative Reichweitengrenze von 80 Kilometern bei Hybridfahrzeugen wird nicht gestrichen.
2. Firmengeschenke:
Die Steuerfreigrenze und Abziehbarkeit von Aufwendungen für Geschenke an Geschäftspartner und Kunden, die nicht Arbeitnehmer des Unternehmens sind, wird von 35 auf 50 Euro angehoben.
Hier zu beachten: Sind die Geschenke teurer, können sie auch künftig abgesetzt werden, wenn die Empfänger sie als Dienstleistung oder Gegenstand für ihren Beruf nutzen können.
3. Erweiterter Verlustvortrag:
Wegen der Corona-Pandemie war bis 2023 für Selbstständige eine effektivere Verlustverrechnung möglich: Verluste bis zehn (Singles) oder 20 Millionen Euro (Ehegatten) ließen sich mit Vorjahresgewinnen verrechnen. Grundsätzlich ist aber nur ein Verlustvortrag bis zu einem Sockelbetrag von einer Million Euro (zusammenveranlagte Partner zwei Millionen Euro) für jedes Jahr unbeschränkt möglich. Für den Teil, der den Sockelbetrag überschreitet, ist der Verlustvortrag auf 60 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustvortragsjahres beschränkt. Eine leichte Verbesserung: Für die Veranlagungsjahre 2024 bis 2027 wird der Verlustvortrag auf 70 Prozent es Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustvortragsjahres beschränkt. Die Erweiterungen des Verlustvortrags gelten auch für die Körperschaftsteuer.
Hier zu beachten: Ab dem Jahr 2028 soll bei dieser sogenannten Mindestgewinnbesteuerung wieder die Prozentgrenze von 60 Prozent gelten.
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Diese Steuervorteile sind neu für Rentner
1. Steuerpflichtiger Rentenanteil:
Ab dem Jahr 2023 wird der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert. Für die Neurentner des Jahres 2023 beträgt demnach der maßgebliche Besteuerungsanteil anstatt 83 Prozent nur noch 82,5 Prozent . Nach seinem kontinuierlichen jährlichen Anstieg wird der steuerpflichtige Rentenanteil nach aktualisiertem Stand erst ab dem Neurentner-Jahrgang 2058 die vollen 100 Prozent erreichen.
Hier zu beachten: Welcher Anteil der gesetzliche Rente steuerpflichtig ist, hängt vom Jahr des Rentenbeginns ab: Bei Ruheständlern, die 2005 oder früher in Rente gegangen sind, lag dieser bei lediglich 50 Prozent der gesetzlichen Altersbezüge.
2. Altersentlastungsbetrag:
Der verlangsamte Anstieg des Besteuerungsanteils wird im Bereich des Altersentlastungsbetrags nachvollzogen. Mit der Anpassung wird ab dem Jahr 2023 der anzuwendende Prozentsatz nicht mehr in jährlichen Schritten von 0,8 Prozentpunkten, sondern von 0,4 Prozentpunkten verringert. Der Höchstbetrag sinkt beginnend mit dem Jahr 2023 um jährlich 19 statt bisher 38 Euro.
Hier zu beachten: Der Höchstbetrag bei der Altersentlastuung wird gewährt, wenn das 64. Lebensjahr bereits im Jahr 2005 oder früher vollendet wurde. Dafür müssen Ruheständler die Anlage KAP ausfüllen und die „Günstigerprüfung“ beantragen.
3. Versorgungsfreibetrag:
Nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes bleibt von Versorgungsbezügen ein nach einem Prozentsatz ermittelter und auf einen Höchstbetrag begrenzter Versorgungsfreibetrag sowie ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag (Freibeträge für Versorgungsbezüge) steuerfrei. Beginnend mit dem Jahr 2023 wird der anzuwendende Prozentwert zur Bemessung des Versorgungsfreibetrages nicht mehr in jährlichen Schritten von 0,8 Prozentpunkten, sondern lediglich in jährlichen Schritten von 0,4 Prozentpunkten verringert. Der Höchstbetrag sinkt ab dem Jahr 2023 um jährlich 30 Euro und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag um jährlich neun Euro.
Hier zu beachten: Die Steuerränderung gilt rückwirkend ab dem Veranlagungsjahr 2023.
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