Beim Erben und Schenken von Wertpapieren sollten Geber und Empfänger die Steuer-Grundregeln kennen. Antworten auf zehn wichtige Fragen

1. Müssen Beschenkte und Erben als Familienangehörige selbst aktiv werden?

Grundsätzlich müssen Begünstigte ihre Erbschaften und Schenkungen innerhalb von drei Monaten beim Finanzamt anzeigen. Anzugeben sind der Wert der Erbschaft, das Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser und alle „Vorerwerbe“ – etwa Schenkungen  des Erblassers innerhalb seiner letzten zehn Lebensjahre. Der Fiskus prüft dann, ob Erbschaft- oder Schenkungsteuern fällig werden. Ist mit einer Steuerzahlung zu rechnen, werden Begünstigte zur Abgabe einer Erbschaft- oder  Schenkungssteuererklärung aufgefordert. 

2. Wann sind Banken bei Erbschaften meldepflichtig? 

Vererbtes Geldvermögen auf Konten und  Depots kann dem Fiskus in der Regel nicht  verheimlicht werden. Banken, Bausparkassen,  Fondsgesellschaften und   Versicherer unterliegen bei vererbten Summen ab 5000 Euro einer eigenen Mitteilungspflicht. Sie müssen in der Regel spätestens  einen Monat, nachdem sie vom Todesfall eines Kunden erfahren, sämtliche Kontenguthaben, Einlagen, Wertpapiere und Forderungen des Erblassers sowie andere Vermögensgegenstände, die sie für den Erblasser verwahren, dem zuständigen Finanzamt melden. 


3. Was gilt für Banken bei Auslandserbschaften?

Die Meldepflicht der Finanzdienstleister in bekannt gewordenen Erbfällen von Kunden erstreckt sich auch auf ihre ausländischen Niederlassungen. Wer im Ausland erbt oder beschenkt wird, muss zudem selbst den Fiskus informieren.

4. Welcher Börsenkurs ist im Erbfall maßgeblich?

Banken melden die Vermögenswerte der Anlagen am Sterbedatum eines Kunden.Für die Berechnung der möglicherweise fälligen Erbschaftsteuer ist der Kurswert der Wertpapiere am Todestag des Erblassers maßgeblich. Erben können sich auf den niedrigsten an einer deutschen Börse notierten Tageskurs der jeweiligen Aktie berufen. Auch die Preisspanne zwischen Geld- und Briefkurs dürfen sie in ihrer Steuererklärung nutzen - und den billigeren Geldkurs ansetzen. Grundsätzlich gilt: Erben übernehmen als Rechtsnachfolger eines verstorbenen Depotinhabers auch dessen ursprüngliche Einstandskurse. Eine Kontovollmacht, die ein Erbe nach Ableben des Erblassers gegenüber der Bank nutzen kann, ist formlos erteilbar. Banken halten dafür die entsprechenden Formulare bereit.

5. Sind steuerfreie Alt-Gewinne übertragbar?

Befinden sich in einem geerbten Aktiendepot noch Aktien, die vor Einführung der Abgeltungsteuer 2009 gekauft und seitdem ununterbrochen gehalten wurden, können Erben Kursgewinne mit diesen Titeln steuerfrei realisieren. Umgekehrt können sie erlittene Verluste mit geerbten Aktien, die vor dem Jahr 2009 gekauft wurden, nicht geltend machen Die dafür maßgebliche einjährige Spekulationsfrist war spätestens Ende 2009 abgelaufen. Entscheidend ist hier der Anschaffungszeitpunkt der Wertpapiere durch den Aktienvorbesitzer.

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6. Können Erben auch Verluste nutzen? 

Eine Besonderheit gilt für offene Verlustvorträge  aus Aktiengeschäften („Verlustverrechnungstopf  I“), die der Erblasser zu seinen Lebzeiten nicht mehr verrechnen konnte. Der Bundesfinanzhof kippte schon vor acht Jahren seine seit dem Jahr 1970 geltende Rechtsprechung und entschied damals, dass Erben diese Miesen ab 2015 nicht mehr steuermindernd verrechnen dürfen (Az. GrS 2/04). 

7. Ist eine Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer zulässig?

Werden Depots innerhalb von fünf Jahren nach dem Erbfall aufgelöst, kann der Paragraf 35 b Einkommensteuergesetz grundsätzlich eine Doppelbelastung mit Kapitalertrags- und Erbschaftsteuern verhindern. Die Vorschrift gilt aber nicht für die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge, entschied das Finanzgericht Münster (Az. 7 K 3409/20 AO). Das Urteil bestätigt die Rechtsprechung  des Bundesfinanzhofs (Az. X R 104/92). Die Steuerermäßigung können damit nur Anleger erhalten, die im Rahmen einer Günstigerprüfung (Anlage KAP, Zeile 4) mit dem persönlichen Einkommensteuersatz veranlagt werden.


8. Stehen Erben Kostenpauschalen zu? 

Begünstigen steht ohne Nachweis eine Kostenpauschale von 10 300 Euro zu, die als Nachlassverbindlichkeit von der Erbschaft. abgezogen wird, aber seit dem Jahr 1996 nicht mehr erhöht wurde. Damit sollen ihre Ausgaben für die Bestattung, Grabpflege und ein angemessenes Grabdenkmal sowie die Erwerbsnebenerben nur einmal zu gewähren. Die Abfolge von Vor- und Nacherbschaft stelle jedoch erbschaftsteuerrechtlich nicht einen inheitlichen Erbfall mit mehreren Begünstigten dar, befand der BFH. Es handele es sich um zwei getrennte Erbfälle. Die Kostenpauschale diene hier der Vereinfachung der Steuerfestsetzung. 

9. Ist eine Kettenschenkung erlaubt? 

Wer Schwiegerkindern, die nur einen relativ geringen Steuerfreibetrag (20 000 Euro) haben, Depotvermögen schenken möchte, kann eine legale Steuergestaltung nutzen: Jeder Elternteil kann seinen Kindern zunächst alle zehn Jahre bis zu 400 000 Euro abgabenfrei chenken. Sohn oder Tochter können diese Wertpapiere in einem zweiten Schritt an ihre Ehepartner weiterreichen – diese haben sogar einen Schenkungsteuerfreibetrag von 500 000 Euro, den sie ebenfalls alle zehn Jahre erneut ausschöpfen können. Das Finanzamt akzeptiert solche Kettenschenkungen jedoch nur, wenn der Begünstigte frei über das übertragene Vermögen verfügen kann. Die erste Schenkung darf bei dieser Gestaltung nicht mit der Auflage zur Weiterschenkung verbunden werden. Zudem ist es besser, nicht den identischen Depotbestand weiterzureichen. Andernfalls kann nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ein Gestaltungsmissbrauch vorliegen (Az. II R45/11). Der Zeitraum zwischen der ersten und zweiten Schenkung ist dagegen unerheblich, befanden die obersten Finanzrichter (Az.37/11). 

10. Gibt es eine Steuerbonus für selbst erbrachte Pflegeleistungen? 

Erben, die nachweislich einen Verstorbenen vor dessen Ableben unentgeltlich oder für wenig Geld gepflegt haben, können dafür zusätzlich 20 000 Euro  Erbschaftsteuerfreibetrag beantragen. 

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