Alle Unternehmen in Deutschland müssen ab 2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen, kurz E-Rechnungen, mittels Software zu empfangen und zu archivieren. Ein Experte des zweitgrößten deutschen Softwarehauses Datev erklärt, welche Punkte jetzt zu beachten sind.

Börse Online: Auch Selbständige und Freiberufler trifft ab 2025 die Pflicht zur E-Rechnung. Ist das für viele ein großer Schritt oder eher eine Kleinigkeit?

Ivo Moszynski : Rein vom technischen Aufwand ist es nicht sehr schwierig, der Empfangspflicht nachzukommen. Damit die Umstellung auch sinnvoll ist, empfiehlt es sich aber, die Rechnungsprozesse im Unternehmen gleich komplett auf die E-Rechnung umzustellen. Nur wenn sie konsequent eingesetzt wird, können die Effizienzgewinne realisiert werden, die in den digitalen Abläufen angelegt sind. Deshalb empfehlen wir, auch die Ausgangsrechnungen zu einem frühen Zeitpunkt schon auf die E-Rechnung umzustellen. Natürlich sind diese Effizienzgewinne umso stärker ausgeprägt, je höher das Rechnungsvolumen eines Unternehmens ist.

Wer sich aus dieser Zielgruppe bisher noch nicht um das Thema E-Rechnung gekümmert hat – gibt es jetzt Grund zur Panik?

Grund zur Panik gibt es nicht. Wir erwarten keinen rasanten Anstieg beim E-Rechnungsaufkommen – das wird sich voraussichtlich schrittweise vollziehen. Dennoch sollten die Säumigen nun schnell handeln, denn jede E-Rechnung, die im Posteingang landet, aber nicht bearbeitet werden kann, bedeutet zusätzlichen und an sich unnötigen Klärungsaufwand mit dem Rechnungssteller.

Gibt es Übergangsfristen, die es gerade speziell Handels- und Gewerbetreibenden erleichtern, sich auf geänderte Anforderungen der Finanzverwaltung einzustellen?

Bei der Pflicht zum Empfang von E-Rechnungen gibt es keine Ausnahmen oder Übergangsfristen. Das gilt auch für die gesetzeskonforme, unveränderbare Archivierung dieser elektronisch erhaltenen Rechnungen. Von der Versandpflicht grundsätzlich befreit sind Unternehmen, die Rechnungen ausschließlich an Privatkunden stellen oder deren Rechnungsbeträge den Wert von 250 Euro nie überschreiten. Ansonsten orientieren sich die vom Gesetzgeber gewährten Übergangsfristen für die Ausgangsrechnungen nicht an Branchenzugehörigkeiten, sondern rein am Umsatz der Unternehmen. Wer über 800.000 Euro Jahresumsatz erzielt, muss bereits ab 2027 seinen Geschäftskunden E-Rechnungen senden, wer darunter liegt muss dies ab 2028 tun.

Bestehen bei der E-Rechnung zusätzliche Spielräume für Steuerpflichtige, die als Kleinunternehmer gelten?

Diese Spielräume gibt es: Mit dem Jahressteuergesetz 2024 wurden Kleinunternehmer dauerhaft von der Pflicht zum Versand von E-Rechnungen befreit. Wer also im vergangenen Kalenderjahr nicht mehr als 25.000 Euro Umsatz erzielt hat und im laufenden Kalenderjahr die Grenze von 100.000 Euro Umsatz nicht überschreitet, braucht keine E-Rechnungen zu schreiben. Allerdings ist davon auszugehen, dass mit zunehmender Verbreitung der E-Rechnung in vielen Fällen Kunden darauf drängen werden, auch von Kleinunternehmern E-Rechnungen zu erhalten, sodass sie sich dem E-Rechnungsversand unabhängig von der gesetzlichen Verpflichtung nicht dauerhaft entziehen können. Die Empfangspflicht gilt in jedem Fall aber auch für Kleinunternehmer.

Welche Service-Leistungen bietet Datev als zeitgrößtes Softwarehaus hierzulande in puncto E-Rechnung?

Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler können sich auf unserer E-Rechnungsplattform registrieren und das darin integrierte E-Rechnungspostfach nutzen. Als digitaler Briefkasten gewährleistet es einen sicheren und gesetzeskonformen Austausch von E-Rechnungen und sonstigen Rechnungen. Dabei sorgt die E-Rechnungsplattform für eine sichere und virenfreie Zustellung.

Was bedeutet das konkret?

Die Plattform ermöglicht nicht nur den Austausch von Rechnungen von Datev-Kunden, sondern auch die Zustellung von Rechnungen an Kunden, die an andere bewährte E-Rechnungsnetzwerke wie das Peppol- oder TRAFFIQX-Netzwerk angebunden sind. In diesem geschützten Umfeld sind die Rechnungen auch vor Manipulationen sicher, wie sie in jüngerer Zeit gerade bei via E-Mail im PDF-Format versendeten Rechnungen immer wieder gemeldet wurden. Wird gleichzeitig auch das schlanke, browserbasierte Anwendungspaket für Unternehmen online eingesetzt, werden die Rechnungen zur Weiterverarbeitung automatisch an diese Cloud-Lösung weitergegeben und stehen dort dem Unternehmer wie auch seinem Steuerberater direkt zur Verfügung. Ebenfalls noch vorteilhaft:

Wie sind Sie auf weitere Gesetzesänderungen vorbereitet?

Unsere E-Rechnungsplattform ist bereits heute so konzipiert, dass ihre Nutzer auch schon bestens auf die nächste, nach 2028 anstehende gesetzliche Pflicht vorbereitet sind: die von der Finanzverwaltung geplante Meldepflicht für umsatzsteuerrelevante Umsätze. DATEV sichert allen Nutzern schon heute zu, dass sie über die Plattform jederzeit gesetzeskonform aufgestellt sind.

Ivo Moszynski
Datev
Ivo Moszynski

Zur Person:

Ivo Moszynski ist Leiter Strategie E-Rechnung beim Softwarehaus Datev, Vorsitzender des Forums elektronische Rechnung Deutschland (FeRD) und Vorstandsvorsitzender des Verbands elektronische Rechnung (VeR) 

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