Im Interview erklärt biallo.de-Chefredakteur Sebastian Schick die Folgen für Spar-, Kredit- und Bauzinsen – und wie man mit beim Tagesgeld und mit Festgeldzinsen von bald bis zu 4,5 Prozent die Inflation endlich knacken kann.
Was bedeutet die jüngste Zinsanhebung der EZB für die Sparzinsen?
Sebastian Schick: Die Sparzinsen dürften in den nächsten Wochen weiter steigen. Die ersten Banken haben bereits reagiert und ihre Zinsen fürs Tages- und Festgeld weiter angehoben. Auf der anderen Seite verteuern sich auch Verbraucherkredite. Laut Biallo-Ratenkredit-Index liegen die Zinsen derzeit so hoch wie seit knapp 15 Jahren nicht mehr. Für einen Ratenkredit mit einer Laufzeit von 48 Monaten beträgt der durchschnittliche Jahreseffektivzins derzeit 9,10 Prozent. Das sind rund dreieinhalb Prozentpunkte mehr als vor der Zinswende.
Wie hoch könnten Tages- und Festgeldzinsen jetzt noch steigen?
Die Sparzinsen könnten bis Jahresende im Schnitt noch einmal um einen viertel- bis halben Prozentpunkt steigen. Selbst wenn die EZB bei ihrer nächsten Zinssitzung Ende Oktober eine Zinspause einlegen wird, bedeutet das noch keine Trendwende bei den Sparzinsen. Das zeigt auch ein Blick auf historische Daten: Von Mitte 2007 bis Mitte 2008 verharrte der EZB-Leitzins ein Jahr lang bei 4,00 Prozent und die Sparzinsen kletterten dennoch weiter nach oben. In der Spitze halten wir bei einjährigem Festgeld mit deutscher Einlagensicherung bis Jahresende die 4,50-Prozent-Marke für möglich, beim Tagesgeld naturgemäß einen Schnaps weniger.
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Das sagt der Experte zum Tagesgeld und zum Festgeld
Da sich die EZB mit diesem Schritt dem Zinsgipfel deutlich nähert oder ihn schon erreicht hat – wie sollten sich Sparer positionieren: zum Beispiel von Tages- auf Festgeld wechseln? Und beim Festgeld: welche Laufzeiten sind sinnvoll?
Es besteht für Sparer zum jetzigen Zeitpunkt kein akuter Handlungsdruck. Dennoch kann es Sinn machen, sich mit einer kleineren Tranche – beispielsweise 10 bis 20 Prozent – das aktuelle Zinsniveau langfristig zu sichern. Ein attraktives Angebot bietet derzeit zum Beispiel die Pbb Direkt, besser bekannt als Deutsche Pfandbriefbank – mit 4,25 Prozent für zehn Jahre, wahlweise mit jährlicher Ausschüttung oder Zinseszins. Dadurch hat man gute Chancen, die Inflation im Zehnjahresvergleich zu schlagen. Ob das mit einem globalen Aktien-ETF in den kommenden zehn Jahren ebenfalls möglich ist, dafür gibt es keine Garantie, frei nach dem Motto: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach!
Wie würden Sie den restlichen Betrag anlegen?
Den restlichen Betrag kann man splitten, zum Beispiel auf 40 Prozent Tagesgeld und 40 Prozent einjähriges Festgeld. Wer sich beim Tagesgeld jetzt einen Neukundenzins von 4,00 Prozent oder mehr für drei bis sechs Monate sichert, bleibt flexibel. So kann das Geld auch im Garantiezeitraum jederzeit abgezogen und in Festgeld-Langläufer umgeschichtet werden, falls es unerwartet zu einer ersten Zinssenkung der Notenbanken kommt.
Wenn der Zinsgipfel erreicht ist – ab wann könnten die Tages- und Festgeldzinsen wieder sinken?
Die Zinsen für Tages- und Festgeld dürften erst eine Trendwende einläuten, wenn die EZB beginnt, die Leitzinsen zu senken. Das ist unserer Meinung nach aber frühestens im zweiten Halbjahr 2024 zu erwarten – vorausgesetzt, die Rezession fällt nicht heftiger aus als erwartet.
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Und wie sind die Auswirkungen auf die Bauzinsen?
Was bedeutet die jüngste Zinsanhebung der EZB für die Bauzinsen?
Die Bauzinsen hängen nicht so sehr an der Entwicklung der Leitzinsen, sondern eher an den Bund- beziehungsweise Pfandbriefrenditen. Obwohl die Leitzinsen seit Jahresanfang von 2,50 auf 4,50 Prozent gestiegen sind, sind die Zinsen für zehnjährige Baufinanzierungen in einem breiten Seitwärtstrendkanal verlaufen. Das Hoch vom Herbst 2022 bei 4,02 Prozent hat der Biallo-Baugeld-Index bislang noch nicht getoppt. Sollten die Bundrenditen allerdings die Marke von 2,80 Prozent nachhaltig übertreffen, dann dürften auch die Bauzinsen einen neuen Höhenflug einleiten.
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