Expo Real 2018: Die Messe des scheinbar ewigen Immobilienbooms
· Börse Online RedaktionEbenfalls auf Rekordkurs sieht das internationale Maklerhaus das Geschäft mit größeren Wohnungsbeständen. Hier werden Deals für 18 Milliarden Euro erwartet. Da verwundert es nicht, dass auf der 21. Expo Real in München, Europas größter Immobilienmesse, von Montag bis Mittwoch dieser Woche so viele Aussteller und Besucher gezählt wurden wie noch nie. Fast 45 000 Teilnehmer aus 72 Ländern zählte Veranstalter Messe München. Der Branchentreff, der 1998 als Event fürs Geschäft mit Gewerbeimmobilien eingeführt worden war, kümmert sich längst auch um breitere Themen wie Wohnungsbau, Smart Home, also digital vernetzte Häuser für mehr Komfort und Energieeffizienz, oder, ganz aktuell, bezahlbares Wohnen.
Bundesbauminister Horst Seehofer, nebenbei noch abonniert auf die Zuständigkeiten Inneres und Heimat sowie auf die von ihm geführte CSU, ließ seinen Besuch auf der Messe kurzfristig absagen. Also hielt Gunther Adler (SPD) die Ministeriumsfahne hoch - jener Staatssekretär, den Seehofer im Zusammenhang mit der Causa des bisherigen Verfassungsschutzamts-Präsidenten Hans-Georg Maaßen schon so gut wie in den Ruhestand geschickt hatte. Adler brachte die bekannten Pläne des Bundes zum Bau von 1,5 Millionen Wohnungen binnen vier Jahren mit, an die auf der Messe kaum einer glauben wollte.
Doch, so sagte Adler am Rande der Expo Real, er will dem Bundesfinanzminister auch Geld dafür entlocken, dass erforscht wird, was digital vernetzte Wohnungen tatsächlich bringen. Über die wird seit dem Jahr 2000 gesprochen. Umso erstaunlicher: Auch auf der Expo Real 2018 blieb beim oftmals strapazierten Thema Digitalisierung vieles im Nebel. Und im Hintergrund beschäftigte die Grundsatzfrage: Wem gehören die vielen Daten eigentlich, auf deren Basis Geschäftsmodelle entstehen und deren potenzieller Missbrauch nicht nur passionierte Datenschützer alarmiert?
Auf der anderen Seite scheint eine von vielen Managern und Privatanlegern infolge diverser Skandale und der Regulierung von 2013 längst tot geglaubte Spezies fröhliche Urständ zu feiern: geschlossene Immobilienfonds. Die BayernLB-Tochter Real I.S. kündigte nach jahrelanger Pause für Januar 2019 den Start eines Produkts dieser Art an. Das gilt bei Marktteilnehmern als Meilenstein, denn die Münchner waren mit solcherlei einst dick im Geschäft und für jährliche Platzierungszahlen für einige Hundert Millionen Euro gut.
Das geplante Angebot investiert in Australien und soll den Anlegern fünf Prozent Ausschüttung im Jahr bringen, erklärte Vorstandschef Jochen Schenk gegenüber boerse-online.de.
Die Real I.S. geht beim Wiedereinstieg ins Fondsgeschäft mit Privatanlegern behutsam vor. Der reine Eigenkapitalfonds hat gerade mal ein Volumen von 31 Millionen Australischen Dollar (umgerechnet 19 Millionen Euro). Schenk begründet die Reise ans andere Ende der Welt damit, dass mit deutschen Immobilien, die er für publikumsfonds-tauglich hält, nicht einmal vier Prozent im Jahr ausgeschüttet werden könnten. Solcherlei sei im Vertrieb nicht vermittelbar.
Das sieht Gabriele Volz, Geschäftsführerin der HypoVereinsbank-Tochter WealthCap, etwas anders. Auch sie brachte Fondspläne mit auf die Expo Real. Die Geschäftsführerin kündigte den geschlossenen Immobilienfonds Deutschland 41 an. Der werde 3,5 bis vier Prozent im Jahr ausschütten. Solche Größenordnungen seien im Nullzinszeitalter im Vertrieb kein Problem. Allerdings ist sie in einer vergleichsweise komfortablen Situation. Die Anlagevermittlung läuft bei ihr zu 90 Prozent über HypoVereinsbank. Sie gesteht: "Mit Drittvertrieben tun auch wir uns schwer." Volz‘ Geschäft scheint zu laufen. Anleger zeichneten in den ersten neun Monaten Anteile an geschlossenen Fonds in Höhe von knapp 190 Millionen Euro. Bis Ende des Jahres will die Managerin 220 Millionen Euro eingesammelt haben.
Nach Krise klingt das nicht. Über eine solche philosophierten eine Menge Messegänger, die der lang anhaltende Boom ihrer Branche misstrauisch stimmt. "Es beschäftigt alle die Frage, wie lange das mit dem Höhenflug noch weitergeht", sagt Volz. Für die nächsten zwei, drei Jahre werde der deutsche Immobilienmarkt im internationalen Vergleich auf jeden Fall noch "als in Ordnung angesehen", glaubt sie. Große institutionelle Immobilieninvestoren scheinen noch länger mit attraktiven Immobilienmärkten zu rechnen. Die Allianz Real Estate, zum Beispiel, also die Immobilientochter des Versicherungsriesen Allianz. Sie will ihren internationalen Bestand an Immobilien und Immobilienfinanzierungen in den nächsten fünf Jahren von 60 Milliarden auf 100 Milliarden Euro ausbauen.
"Aus heutiger Sicht besteht das größte Risiko für die Immobilienwirtschaft darin, dass die Zinsen stark steigen könnten", sagte Andreas Heibrock, Geschäftsführer des Fondsanbieters Patrizia GrundInvest, auf der Messe. Dann würden Immobilien unattraktiver und die Preise könnten abrutschen. Doch nach solch einem Szenario sehe es derzeit nicht aus. Volz ergänzt: "Das Zinsniveau darf ruhig ein Stück weit steigen. Immobilienanlagen bleiben dann noch immer attraktiv." Heibrock sieht das ähnlich. Der Markt würde erst dann kippen, wenn es für Tagesgeld wieder Zinsen von vielleicht 3,5 Prozent im Jahr gäbe.
Gut möglich, dass die von manchen befürchtete irgendwann dräuende Wirtschafts- und/oder Finanzkrise die jetzige Boomphase rückwirkend als Zeit des unbemerkten Leichtsinns erscheinen lässt. Volz: "Vielleicht sagt man in zehn Jahren über die heutige Zeit: Wie konnte man damals zu den Preisen nur Immobilien kaufen?"