Eigentlich ist Deutschland ein Mieterland. Nicht einmal jeder zweite Haushalt wohnt in den eigenen vier Wänden. Aber genau das wollen viele ändern: Einer aktuellen Umfrage von Kantar (ehemals Kantar-Emnid) zufolge halten drei von vier Deutschen eine selbst genutzte Immobilie für die ideale Geldanlage. Angetrieben wird dieser Immobilienrausch von den niedrigen Zinsen und günstigen Krediten. Dadurch hoffen immer mehr Menschen, sich ein Leben in den eigenen vier Wänden leisten zu können. Das kann eine gute Idee sein - wenn sich die Käufer dabei nicht zu vorschnellen Entscheidungen hinreißen lassen.

Aus diesen Gründen erfordert ein Immobilienkauf mehr denn je eine systematische Planung und sorgfältige Kalkulation. Damit Interessenten kein finanzielles Fiasko erleiden, stellt €uro die fünf wichtigsten Fragen und die fünf schlimmsten Fallen vor.

Was kann ich mir leisten?

Am Anfang der Planung sollte ein ehrlicher Kassensturz stehen. Schließlich ist es Zeitverschwendung, eine Immobilie zu suchen und anschließend an der Finanzierung zu scheitern. Wer in Deutschland eine Immobilie kaufen möchte, sollte eine gewisse Summe angespart haben. Eine Finanzierung mit wenig oder keinem Eigenkapital ist nur in Ausnahmefällen möglich und nicht zu empfehlen: Als Faustregel gilt eine Eigenkapitalquote von rund 20 Prozent. Wer mehr Geld mitbringt, bekommt einen günstigeren Zins. Damit Käufer nicht Gefahr laufen, sich zu überschulden, sollten sie darauf achten, dass die Monatsrate des Kredits nicht zu hoch ist. Diese sollte höchstens ein Viertel des Monatsnettos - also das, was dem Haushalt nach Steuern und Abgaben bleibt - ausmachen. Wer monatlich beispielsweise 4000 Euro zur Verfügung hat, sollte davon nur rund 1000 Euro für den Kredit benötigen.

Laut dem "Trendindikator Baufinanzierung" des Kreditvermittlers Dr. Klein nehmen deutsche Bauherren im Schnitt 78 Prozent Fremdkapital auf. Die Höhe der Darlehen beträgt im Schnitt 280000 Euro. Bei der Frage, was gekauft werden soll, entscheidet sich die Mehrheit der Käufer nach wie vor für ein Einfamilienhaus. Aber auch günstigere Alternativen wie Doppel- oder Reihenhäuser sind gefragt.

Was sind die Gesamtkosten?

Eine Immobilie kostet nicht nur das, was auf dem Verkaufsschild steht. Zum eigentlichen Kaufpreis kommen noch die sogenannten Kaufnebenkosten und die laufenden Kosten: Die Kaufnebenkosten umfassen die Grunderwerbsteuer, Maklergebühren, Grundbucheintrag sowie Notarkosten. Je nach Bundesland kommen zwischen sieben und 14 Prozent des Kaufpreises obendrauf. Je höher der Kaufpreis ist, desto höher sind auch die Kaufnebenkosten. Zu den laufenden Kosten zählen Gebühren für Strom, Wasser und Heizung sowie Instandhaltungsausgaben oder Renovierungen und die Grundsteuer.

Wo soll ich kaufen?

Die Suche nach der richtigen Immobilie ist schwieriger geworden. In den meisten Märkten ist das Angebot im gleichen Maß gesunken, wie die Preise gestiegen sind. Dagegen stehen besonders in ländlichen Regionen zunehmend mehr Häuser und Wohnungen leer. Deshalb driften die Preise für Wohneigentum immer weiter auseinander: So wurden beispielsweise im Landkreis München nach Angaben des Immobilienmarktberichts 2019 für Eigenheime im Schnitt 10200 Euro je Quadratmeter bezahlt - für Normalverdiener ist das nicht mehr finanzierbar. Im Bundesdurchschnitt lag der Quadratmeterpreis aber "nur" bei 1750 Euro.

Käufer und Bauherren sollten dementsprechend genau überlegen, wo sie ein Haus kaufen oder nicht. Zu den beliebtesten und am stärksten wachsenden Städten zwischen den Jahren 2010 und 2018 zählten nach Angaben des Statistischen Bundesamts Leipzig, Frankfurt und Berlin. Den geringsten Leerstand haben die Städte München, Frankfurt und Freiburg.

Das bedeutet aber nicht, dass es sich nur lohnt, in größeren Städten eine Immobilie zu kaufen. In den vergangenen Jahren haben auch ländliche Regionen in Süddeutschland, Franken oder Hessen bei den Preisen deutlich angezogen. Interessenten sollten daher darauf achten, was in der direkten Umgebung ihrer Wunschimmobilie angeboten wird: Gibt es eine ordentliche Nahverkehrsverbindung, Jobs, Schulen, Freizeitmöglichkeiten? Kommen mehr Menschen als gehen? Wenn ja, sind das verlässliche Indizien für eine gute Lage. Wenn nicht, sollten Käufer lieber die Augen nach Alternativen offen halten: Im schlimmsten Fall zahlen Käufer sonst 30 Jahre lang einen Kredit ab und müssen am Ende feststellen, dass ihre Immobilie nur noch die Hälfte wert ist.

Wie finanziere ich?

Der Klassiker für jeden Bauherrn oder Käufer ist das Darlehen mit zehnjähriger Zinsbindung. Einmal abgeschlossen, ist der Zinssatz für zehn Jahre garantiert. Weitere übliche Zinsbindungen sind fünf, 15 und 20 Jahre. In der aktuellen Niedrigzinsphase ist geliehenes Geld billiger denn je. Nach Angaben des Finanzdienstleisters Dr. Klein lagen die Bauzinsen Mitte 2020 für eine zehnjährige Zinsbindung bei knapp einem Prozent. Zum Vergleich: 2009 betrug der Sollzins noch 4,19 Prozent. Trotz der niedrigen Zinsen sollten Käufer aber in jedem Fall mehrere Angebote von verschiedenen Banken einholen und diese miteinander vergleichen: Bereits kleine Unterschiede können mehrere Tausend Euro bedeuten. Zudem sollten Käufer die Tilgungsrate beachten und sich über die Risiken der Anschlussfinanzierung informieren.

Tilgung: Die Monatsrate, die der Kreditnehmer (also der Hauskäufer) zahlen muss, besteht aus zwei Teilen: den Zinsen, die er für den Kredit bezahlen muss, und der Tilgung. Je höher der Tilgungsanteil zu Beginn der Kreditlaufzeit, desto geringer die Restschuld zum Ende. Meist rechnen Banken mit ein bis zwei Prozent Tilgung am Anfang. Wer kann, sollte eine höhere Tilgung wählen. Schon wenige Euro können die Restschuld stark verringern. Bei einem Volltilger zahlt der Kreditnehmer in der Laufzeit die Schulden komplett zurück.

Umschulden: Steigt ein Darlehensnehmer vorzeitig aus dem Kredit aus, etwa weil er Geld günstiger aufnehmen oder weil er den Kredit nicht mehr bedienen kann, stellt die Bank ihm die entgangenen Zinsen mit Aufschlag in Rechnung - Vorfälligkeitsentschädigung nennt sich das und kostet in der Regel mehrere Tausend Euro. Wer ein Darlehen jedoch mindestens zehn Jahre lang bedient hat, kann laut Gesetz ohne Vorfälligkeitsentschädigung umschulden.

Anschlussfinanzierung: Je nachdem, wie hoch die Kreditsumme ist, welche Laufzeit und welche Tilgung gewählt wurden, bleibt eine Restschuld. Diese kann durch Ersparnisse oder eine Anschlussfinanzierung getilgt werden. Kreditnehmer warten entweder ab, bis der Kredit ausläuft, oder sie kümmern sich bereits vor dem Ende der Zinsbindung um eine Anschlussfinanzierung. Mit einem Forwarddarlehen können sich Immobilienbesitzer niedrige Zinsen bis zu fünf Jahre im Voraus sichern. Banken verlangen einen Obolus für die Zeit, die der Kredit in die Zukunft geschoben wird. Das kann sich rechnen, ist aber eine Wette auf die Zukunft.

Förderung: Hilfe bei der Finanzierung der eigenen vier Wände kommt vom Staat: Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) vergibt verschiedene Darlehen. Über das Förderprogramm Nr. 124 können Bauherren oder Käufer, die ihr Eigenheim selbst nutzen, vergünstigte Darlehen bis zu 50000 Euro bekommen. Die Finanzierung hängt jedoch von der Energiebilanz der Immobilie ab. Neubauten mit Öl- oder Gasheizung sind zum Beispiel von der Förderung ausgenommen. Die Darlehen werden zudem nicht direkt, sondern nur über die Hausbank vergeben. Eine genaue Übersicht über die Förderprogramme von Bund und Ländern gibt es online unter foerderdatenbank.de.

Weitere Vergünstigungen bekommen Familien, die ein selbst genutztes Eigenheim bauen oder kaufen wollen. Diese können Baukindergeld beantragen. Pro Kind gibt es über zehn Jahre verteilt insgesamt 12000 Euro vom Bund. Ob Familien gefördert werden, errechnet sich wie folgt: Neben 75000 Euro Grundbetrag werden pro Kind 15000 Euro addiert. Eine vierköpfige Familie sollte also weniger als 105000 Euro zu versteuern haben.

Wie sichere ich mich ab?

Eigentum bedeutet auch neue Risiken. Diese gilt es so gut wie möglich mit Policen abzusichern, die finanzielle Schäden durch die Immobilie auffangen. Die Eigentümer sollten sich aber auch selbst vor finanziellen Risiken schützen etwa mit einer Risikolebensversicherung.

Feuer, Wasser, Luft: Eine Wohngebäudeversicherung hilft im Ernstfall, den finanziellen Schaden in Grenzen zu halten. Wichtig ist dabei der Umfang der Versicherung. Oftmals sind Schäden durch Überschwemmungen nicht abgesichert. Hier kann es sich lohnen, die Wohngebäudeversicherung durch eine Elementarschadenversicherung zu ergänzen. Bei selbst bewohnten Häusern ist die Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht meist in der privaten Haftpflichtversicherung eingeschlossen.

Unfallschutz: Wer eine Immobilie selbst baut, umbaut oder saniert und sich unentgeltlich helfen lässt, sollte seine Helfer bei der Bauberufsgenossenschaft auf der Website bgbau.de anmelden. Die Beiträge liegen bei rund zwei Euro pro Arbeitsstunde.

Risikolebensversicherung: Oft gehören selbst genutzte Immobilien Familien mit einem Hauptverdiener. Stirbt dieser, platzt der Traum vom Eigenheim. Mit einer Risikolebensversicherung kann der Hauptverdiener der Familie Geld hinterlassen, damit diese weiter in der Immobilie wohnen bleiben kann. Günstige Policen mit 100000 Euro Versicherungssumme sind bereits für unter 100 Euro im Jahr erhältlich.

Restschuldversicherung: Wer ein Immobiliendarlehen aufnimmt, steht bei seiner Bank auf einen Schlag mit einer hohen Summe in der Kreide. Das ist kein Problem, solange man gut verdient und die Raten regelmäßig bedienen kann. Wird der Kreditnehmer jedoch arbeitslos oder berufsunfähig, kann es sehr schwierig werden, den Kredit zu bedienen. Dann springt eine Restschuldversicherung ein.


FÜNF FALLEN

Keine Zeit

Grundsätzlich gilt für die Haussuche: Zeit nehmen. Ein Immobilienkauf bedeutet eine finanzielle Belastung über viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Da bringt es wenig, sich von Emotionen beherrschen oder zu "Panikkäufen" drängen zu lassen. Wer überstürzt kauft und sich zeitlich unter Druck setzen lässt, geht ein großes Risiko ein: Unseriöse Anbieter argumentieren gern mit "anderen Interessenten, die nur darauf warten, den Vertrag zu unterschreiben", oder einer "letzten Gelegenheit". Doch einen solchen übereilten Kauf haben schon viele bereut. Nur nach einer sorgfältigen Prüfung der Verträge und der Immobilie sollte der Käufer unterschreiben. Das bedeutet vor allem, die Immobilie und die Lage im Voraus persönlich anzusehen. Wer eine Immobilie nur auf Basis des Prospekts oder einer Musterberechnung erwirbt, kauft die sprichwörtliche Katze im Sack.

Kein Vergleich

Wer den geforderten Kaufpreis nicht mit ortsüblichen Marktpreisen vergleicht, handelt grob fahrlässig. Im besten Fall sollten Interessenten den Immobilienmarkt über mehrere Monate hinweg beobachten. Dadurch können die Käufer ein Gespür dafür entwickeln, ob es sich bei dem angebotenen Haus um ein Schnäppchen oder ein überteuertes Angebot handelt.

Noch wichtiger aber ist die Beurteilung des Kaufpreises bei schlüsselfertigen Häusern: Die Gefahr ist häufig, dass Käufer nur nach dem Preis vergleichen und dabei vergessen, dass der Leistungsumfang sich deutlich unterscheiden kann. Daher lohnt sich ein genauer Blick in die Bau- und Leistungsbeschreibung: Diese stellt detailliert sämtliche Leistungen des Bauträgers und deren Ausführung (Baustoffe, Qualitätsstandards, Fristen) dar. Nach Angaben des Verbands Privater Bauherren fehlen bei 97 Prozent der schlüsselfertigen Häuser unentbehrliche Bauleistungen wie Maler-, Boden- oder Fliesenlegerarbeiten. Falls Käufer sich entscheiden, diese Arbeiten in Eigenleistung zu erbringen, sollten sie darauf achten, sich nicht zu viel zuzumuten oder sich zu überschätzen: Wenn die Fähigkeiten oder auch einfach die Zeit nicht ausreichen, muss schlimmstenfalls wegen ungeplanter Handwerkerkosten nachfinanziert werden.

Keine Kontrolle

Nicht nur Hauskäufer reizen ihren finanziellen Spielraum aus; dasselbe gilt auch für Bauträger und Architekten. Deshalb sollten Käufer im Voraus etwa eine Schufa-Auskunft über ihren Bauträger und ihren Architekten einholen, am besten auch über ihren Baufinanzierer. Im schlimmsten Fall kann es passieren, dass einer der drei während der Bauzeit Insolvenz anmelden muss. Dann verzögert nicht nur das ganze Projekt, die Käufer bleiben auch auf einem Großteil der angezahlten Summe sitzen.

Kein Gutachter

Vielen Käufern fehlt schlicht die Sachkenntnis, um Mängel oder Schäden an der Immobilie erkennen zu können. Deshalb sollten Käufer einen Gutachter beauftragen, der die Bausubstanz vor Übergabe der Immobilie überprüft: Er kann dabei auch versteckte Mängel feststellen, die dem Laien verborgen bleiben, etwa mangelhafte Abdichtungen im Keller, feuchte Wände oder schlecht isolierte Dächer. Die Kosten liegen für Sachverständige von TÜV oder Dekra bei rund 600 Euro. Baugutachten von Architekten oder Statikern gehen in die Tausende, sie haben aber den Vorteil, dass die Immobilie bis in den hintersten Winkel untersucht wird. Und der Sachverständige muss gegenüber dem Eigentümer haften, wenn er bestimmte Mängel übersehen hat.

Keine Reserven

Egal ob Neubau oder eine Immobilie, die schon einmal bewohnt war, der Käufer sollte immer mit ungeplanten Ausgaben rechnen, etwa für Reparaturen oder zur Beseitigung von Baumängeln. Das gilt auch für unvorhergesehene private Ausgaben oder dringende Anschaffungen. Je nach Größe der Immobilie können drei bis fünf Nettogehälter ausreichen.


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