Die Münchner Rechtsanwältin Alexandra Kindshofer zur geplanten Einführung einer EU-weiten 10000 Euro-Obergrenze für Bargeldzahlungen Von Stefan Rullkötter

Boerse-online.de: Die EU-Staaten haben sich auf eine Obergrenze bei Barzahlungen verständigt. Worauf geht es hier konkret?
Alexandra Kindshofer:  Barzahlungen über 10000 Euro sollen künftig in Deutschland verboten sein. Hintergrund ist ein im Sommer 2021 von der EU-Kommission vorgeschlagenes Gesetzespaket gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

Was sind die nächsten Schritte für die Einführung der Obergrenze?
Am 7. Dezember 2022 einigten sich Vertreter der Länder auf eine Position bei den neuen Gesetzen gegen die Finanzierung von Terrorismus und Geldwäsche. Beschränkungen für Kryptowährungen, wie Bitcoin, sind ebenso geplant. Die Staaten und die Abgeordneten müssen noch darüber verhandeln können.

Sie beraten als Fachanwältin schwerpunktmäßig in steuer- und wirtschaftsstrafrechtlichen Fragen.  Welche kriminellen Aktivitäten sollen durch die Obergrenze bekämpft  werden?  
Mit dieser Maßnahme soll insbesondere dem organisierten Verbrechen, dem Menschenhandel, dem Drogenhandel und der Geldwäsche ein Riegel vorgeschoben werden.


In welchem Maß verändert eine Bargeldrestriktion das Zahlungsverhalten?
Sie hat unmittelbare Auswirkungen auf das tägliche Wirtschaftsleben, bei denen das „Bargeschäft“ mehr als üblich ist, etwa der private Gebrauchtwagenverkauf. Denn auch hier gilt die Bargeldobergrenze, falls ein solches Geschäft nicht von der Begrenzung ausgenommen ist. Solche gibt es schon in anderen EU-Staaten: Frankreich und Spanien etwa haben eine Bargeldobergrenze von 1000 Euro. Häufig sind in Ländern mit einer Bargeldobergrenze Zahlungen zwischen Privatpersonen ausgenommen. EU-Staaten, die bereits eine Bargeldobergrenze haben, die unter 10000 Euro liegt, sollen - so ist es geplant - diese niedrigere Begrenzung beibehalten können. Bargeld steht für die Privatsphäre und auch für eine Unabhängigkeit von technischer Infrastruktur.

Wird die Bargeldobergrenze eingeführt, obwohl Finanzminister Lindner dagegen ist?
Das ist kaum aufzuhalten: Die Entscheidung bedarf bei den EU-Staaten nur einer qualifizierten Mehrheit. Da es schon in zahlreichen EU-Ländern Bargeldobergrenzen gibt, die deutlich unter dem zur Diskussion stehenden Betrag liegen, so hat Griechenland eine Bargeldobergrenze von  lediglich 500 Euro, scheint die entsprechende Mehrheit für dieses Gesetz vorhanden zu sein –  auch wenn das FDP-geführte Finanzministerium gegen diese Bargeldobergrenze ist. Auch aus dem Bayerischen Finanzministerium sind die Stimmen eindeutig gegen eine Bargeldobergrenze.    

Zur Person: Alexandra Kindshofer ist Fachanwältin für Steuerrecht in München und seit 1999 überwiegend auf den Gebieten des Steuerstrafrechts und Wirtschaftsstrafrechts tätig