Das Chief Investment Office von UBS Global Wealth Management hat zum Wochenauftakt den Global Real Estate Bubble Index 2019 veröffentlicht. Der Report analysiert die Immobilienmärkte in 24 Metropolen. Das Ergebnis: In den meisten Metropolen sind die Immobilienmärkte teils deutlich überbewertet, in sieben von 24 untersuchten Großstädten besteht derzeit sogar ein akutes Blasenrisiko. In zehn weiteren Fällen ist von einer Überbewertung die Rede. Unterbewertet ist dem Ergebnis zufolge nur Chicago.
Die Studie vom UBS Global Wealth Management Chief Investment Office analysiert jährlich die Situation auf den Immobilienmärkten der Weltstädte und Finanzzentren weltweit. In den letzten vier Quartalen haben die Ungleichgewichte am Immobilienmarkt hauptsächlich in der Eurozone zugenommen.
Das größte Risiko einer Immobilienblase besteht derzeit München, gefolgt von Toronto, Hongkong und Amsterdam. Während sich die Situation in London im Vergleich zum Vorjahr zwar deutlich abgekühlt hat und die britische Metropole zum ersten Mal seit vier Jahren die Blasenzone verlässt, treten Paris und Frankfurt erstmals in den kritischen Bereich ein.
Im Gegensatz zu den deutschen Großstädten sind die Bewertungen in Vancouver, San Francisco, Stockholm und Sydney laut UBS markant zurückgegangen. In New York und Los Angeles sank der Index im Vergleich zum Vorjahr hingegen nur leicht; in Tokio und Singapur blieb er so gut wie unverändert.
Mark Haefele, Chief Investment Officer von UBS Global Wealth Management, erklärt dazu: "Zunehmende ökonomische Unsicherheit wiegt den positiven Effekt fallender Zinssätze auf die Nachfrage nach Immobilien mehr als auf. Allerdings waren in Teilen der Eurozone die tiefen Zinsen hauptverantwortlich für den Anstieg des Immobilienblasenrisikos."
Im Durchschnitt der analysierten Märkte sind die inflationsbereinigten Preise während der letzten vier Quartale praktisch zum Stillstand gekommen. Nur in Boston, Moskau sowie den Städten der Eurozone verteuerten sich Wohnimmobilien noch deutlich. Waren Preisanstiege im tiefen zweistelligen Bereich in den letzten Jahren weltweit noch an der Tagesordnung, so hatte Frankfurt in diesem Jahr als einziger Markt ein so hohes Wachstum zu verzeichnen.
Claudio Saputelli, Head of Real Estate von UBS Global Wealth Management, erläutert hierzu: "Der weltweite Rückgang der Zinsen wird den Immobilienmärkten keinen neuen Impuls geben. Denn in vielen Städten sind Hypothekarzinsen nicht der Flaschenhals bei Eigenheimkäufen. Vielmehr fehlen den meisten Haushalten schlicht die nötigen Eigenmittel, um die Finanzierungskriterien der Banken zu erfüllen. Dies stellt unserer Meinung nach eines der größten Risiken für Immobilienwerte in urbanen Zentren dar."
Der Immobilienerwerb in globalen Städten war in der Vergangenheit eine gute Strategie zur Vermögensvermehrung, konstatiert die UBS. Doch die fehlende ökonomische Tragbarkeit senke die Attraktivität vieler Städte und begünstige eine Verlagerung von Arbeitsplätzen in die Agglomerationen. Obwohl Urbanisierung, digitale Revolution sowie Baubeschränkungen, die Bewertungen von Immobilien in Städten immer noch stützten, könne nicht mehr mit Sicherheit mit realen Preisanstiegen gerechnet werden.
Korrekturphase zeichnet sich ab
Trotz des weltweiten Zinseinbruchs wird sich der negative Trend bei den Hauspreisen voraussichtlich fortsetzen, so die UBS. Die Hypothekenzinsen in vielen Städten seien bereits in den vergangenen Jahren bereits nicht mehr der Engpass beim Kauf eines Hauses gewesen. Vielmehr hätten wie erwähnt vielen Haushalten die Finanzmittel gefehlt, um ein Haus zu kaufen oder die Finanzierungskriterien der Banken zu erfüllen. Auch die Amortisationszahlungen belasteten die Haushalte tendenziell stärker als die Hypothekenzinsen. Darüber hinaus wiege die wirtschaftliche Unsicherheit in einem rezessiven Umfeld den positiven Beitrag fallender Zinsen zum Nachfragewachstum mehr als auf.
Wer in den vergangenen 40 Jahren Wohnimmobilien erworben hat, auch auf dem Höhepunkt einer lokalen Preisblase, hat in den meisten Zentren dennoch langfristige Kapitalgewinne erzielt, rechnet die UBS vor. Als Erklärung dafür führen die Analysten drei wesentliche Gründe an. Erstens habe der technologiegetriebene Wirtschaftsboom in vielen großen Zentren zu einer Explosion der Wohnungsnachfrage geführt.
Zweitens habe das Wachstum der Zahl der wohlhabenden Haushalte zu einem anhaltenden Nachfrageüberhang nach den besten Lagen geführt. Drittens hätten die Immobilienwerte von einem Rückgang der Realzinsen ab Mitte der 90er Jahre profitiert. Wo der Nachfrageboom (etwa aufgrund von Baubeschränkungen) nicht zu einem lokalen Bauboom geführt habe, seien Bodenpreise und Mieten in die Höhe geschnellt.
Fehlten die genannten Voraussetzungen, hätten die Hauspreise im besten Fall jedoch über den Preiszyklus hinweg stagniert. So lägen die realen Preise in Chicago oder Mailand aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung auf dem gleichen Niveau wie vor etwa 20 Jahren. Und die anhaltende Angebotsausweitung habe dazu geführt, dass die Preise in Dubai trotz des mit Abstand größten Bevölkerungswachstums aller untersuchten Städte derzeit kaum über dem Niveau von 2000 liegen.
Der allgemeine Trend zur Urbanisierung sowie die steigende Nachfrage nach Top-Lagen ist nach Angaben der UBS keine Garantie für Kapitalgewinne. Die Entkopplung der Hauspreise von den lokalen Einkommen trübe das Bild. Langfristig führe das Fehlen einer wirtschaftlichen Tragfähigkeit zu einer Verschlechterung der Attraktivität vieler Städte und begünstigt eine Verlagerung von Arbeitsplätzen in die Vororte. Damit steige das Potenzial für politische Eingriffe in den Wohnungsmarkt und damit auch das Risiko negativer Folgen für die Investoren.
Wer also eine Stadtwohnung zu den aktuell hohen Bewertungen kaufe, muss sich aus Sicht der UBS auf eine lange Durststrecke einstellen. Während historische Erkenntnisse darauf hindeuteten, dass langfristig mit Hilfe von Immobilien in Weltstädten das Kapital inflationsbereinigt erhalten werden kann, sei letztlich jedoch das Wirtschaftswachstum in der Region entscheidend für das Gedeihen des lokalen Wohnungsmarktes.
München
Die Bewertung des Münchner Wohnungsmarktes hat sich vor allem durch die starke lokale Wirtschaft und ein solides Bevölkerungswachstum bei gleichzeitiger Unterversorgung mit neuem Wohnraum deutlich erhöht. Die realen Preise an der Isar haben sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt, während die realen Mieten um 40 Prozent gestiegen sind.
Obwohl es mit den Realeinkommen um rund 15 Prozent nach oben gegangen sei, bleibe die Erschwinglichkeit von Wohnraum angespannt: Für den Kauf einer 60m2 Wohnung in Nähe des Münchner Stadtzentrums muss ein qualifizierter Arbeitnehmer im Dienstleistungssektor weiterhin rund acht Jahreseinkommen aufbringen. Da das Wirtschaftswachstum in Deutschland zum Stillstand kommt, erwartet die UBS trotz rekordverdächtig niedriger Hypothekenzinsen ein Ende des Booms am Wohnungsmarkt.
Keine andere Stadt der Welt ist dem Risiko einer Immobilienblase so klar ausgesetzt wie München, kommentiert dazu Maximilian Kunkel, Chief Investment Officer Deutschland bei UBS Global Wealth Management.
Der Frankfurter Wohnungsmarkt hat in den letzten zehn Jahren ein beschleunigtes Preiswachstum über dem jährlichen Landesdurchschnitt erlebt. Während die Mainmetropole in diesem Zeitraum ein Bevölkerungswachstum von 17 Prozent verzeichnet habe, lag das kumulierte reale Preiswachstum in den letzten zehn Jahren bei 80 Prozent.
Im letzten Jahr stiegen die realen Preise in der Mainmetropole um elf Prozent - die höchste Rate unter allen erfassten Städten. Gleichzeitig stiegen die Preise für Neubauten um 15 Prozent. Dieser Anstieg, zusammen mit dem jüngsten Anstieg der in Deutschland gewährten Hypotheken, hat die Stadt laut dem UBS Global Real Estate Bubble Index neuerdings zu einem Blasenrisikogebiet gemacht.
Auch wenn die Bautätigkeiten in den vergangenen Jahren stark zugenommen hatten und mit der Umwandlung von Büroräumlichkeiten neuer Wohnraum geschaffen wurde, bleibe die Nachfrage über dem Angebot und treibe Wohnungspreise und Mieten weiter in die Höhe.
Kunkel bringt das zu dem folgenden Schluss: "Auch in Frankfurt sind über die letzten Jahre die Bewertungen stark angestiegen. Der überdurchschnittlich hohe Preisanstieg von Wohneigentum hat die Gefahr einer Immobilienblase in Frankfurt deutlich erhöht. Investoren sollten deshalb Vorsicht walten lassen, wenn sie Käufe in diesen Regionen Deutschlands erwägen."
Frankfurt habe seine Position als einer der führenden Finanzplätze Europas mit solidem Beschäftigungswachstum gefestigt. In den vergangenen zehn Jahren sei die Bevölkerung um fast 17 Prozent gewachsen. Die Baugenehmigungen haben sich als Reaktion darauf erhöht und die Bautätigkeit erreichte 2017 ein Rekordhoch. Mit der Umwandlung von Bürogebäuden in Wohnungen wurde weiterer Wohnraum geschaffen. Das neue Angebot wurde jedoch durch das Bevölkerungswachstum überflügelt, was zu steigenden Immobilienpreisen und Mieten führte.
Trotz der soliden Wirtschaft des vergangenen Jahres und der rekordtiefen Arbeitslosenzahlen konnte das lokale Einkommenswachstum nicht mit dem Anstieg der Wohnungspreise Schritt halten, so dass der Wohnungsbau in der Stadt zunehmend unerschwinglich wurde. Die Miete verschlingt immer mehr Haushaltseinkommen. Die derzeit schwächeren Konjunkturaussichten für Deutschland können sich auf den lokalen Markt auswirken, insbesondere durch eine sinkende Nachfrage. Der hohe aktuelle Gebäudebestand wird den Markt mittelfristig letztendlich entlasten.
Daten zum Immobilienmarkt in Frankfurt
Europa: Die Bewertungen haben, getrieben durch die Tiefzinsen, in allen Städten der Eurozone zugelegt. Neu stehen Paris und Frankfurt in der Blasenrisikozone. In Madrid und Mailand befindet sich der Eigenheimmarkt in einer Erholungsphase und ist im Zyklus deutlich weniger weit fortgeschritten. Im Gegensatz zu den Städten in der Eurozone ist der Indexstand des UBS Global Real Estate Bubble Index in London und Stockholm gesunken. Der Eigenheimmarkt in London befindet sich als Folge des anhaltenden teuerungsbereinigten Preisrückgangs seit Mitte 2016 nicht mehr in der Blasenrisikozone.
Schweiz: Tiefe und weiter sinkende Hypothekarzinsen sowie die robuste regionale Wirtschaft haben die Nachfrage nach Wohneigentum im Großraum Zürich gestützt. Die Eigenheimpreise haben sich damit weiter vom Landesdurchschnitt abgekoppelt, aber die starke Einkommensentwicklung verhinderte einen Anstieg der Ungleichgewichte. Der Markt ist dennoch deutlich überbewertet. So hat Zürich im internationalen Vergleich das kleinste Preis-Miet-Verhältnis aller Städte.
USA: Das Bewertungsniveau der US-Städte ist das erste Mal seit 2011 nicht gestiegen. Regulatorische Massnahmen und die fehlende Tragbarkeit lassen die Eigenheimpreise in New York hinter dem Landesdurchschnitt hinterherhinken. In San Francisco und Los Angeles macht sich zudem die Abnahme der ausländischen Nachfrage bemerkbar, sodass die Preissteigerungen zum Erliegen gekommen sind. Boston ist weiterhin fair bewertet. Die Stadt profitiert von einer ungebrochenen Anziehungskraft auf Firmen und Gutverdienende. Chicago bleibt unterbewertet und zeigt angesichts seiner akuten Fiskalprobleme keine Anzeichen einer Erholung.
Naher Osten: In den letzten 30 Jahren verzeichnete Tel Aviv eine der stärksten Preissteigerungen aller Städte dieser Studie. Zwischen 2003 und 2017 stiegen die Eigenheimpreise praktisch ununterbrochen an. Höhere Hypothekarzinsen lösten im Folgenden eine Korrektur aus. Aktuell haben sich die Preise stabilisiert, allerdings ist der Eigenheimmarkt weiterhin überbewertet.
Die Wohnungspreise in Dubai unterliegen starken Schwankungen. Seit der Preisspitze in 2014 sind die Preise um fast 35 Prozent gesunken, womit auch die Bewertungen klar gefallen sind. Der Markt ist mittlerweile fair bewertet. Die Eigenheimpreise sollten gemäss unseren Erwartungen bald einen Boden finden.
Asien-Pazifik (APAC): Die Dynamik auf Hongkongs überhitztem Häusermarkt ist zum Stillstand gekommen. Der schwächere wirtschaftliche Ausblick drückt auf die Stimmung potenzieller Käufer. Der Markt bleibt aber klar in der Blasenrisikozone. Die Eigenheimpreise in Sydney lagen im ersten Quartal 2019 bereits 15 Prozent unter ihrem letzten Höhepunkt. Das Kreditwachstum für Wohneigentum sank zudem auf ein Allzeittief.
In Singapur hat sich der Hauspreisboom ab Mitte 2017 als kurzlebig erwiesen; verschärfte regulatorische Maßnahmen bremsen jegliches Preiswachstum aus und belassen den Markt fair bewertet.