Bei den meisten Kryptowährungen lassen sich die Transaktionsdaten zurückverfolgen. Rechtsexperte Christopher Arendt erklärt, wie Finanzämter diese Möglichkeit derzeit nutzen

Börse Online: Ist es eine gute Idee, Trades mit Kryptowährungen in der Steuererklärung zu verschweigen?

Christopher Arendt:Definitiv nicht. Wer über Kryptodienstleister Finanztransaktionen vornimmt, kann sich nicht auf Anonymität ausruhen. Es besteht die Gefahr, dass das Finanzamt die Transaktionen nachvollzieht.

Über welche Kanäle verschaffen sich Finanzämter konkret Informationen zum Handel mit Kryptowährungen ?

Dies erfolgt mittels Kontrollmitteilungen von Banken, Anfragen an Kryptobörsen oder die Analyse der Blockchain-Daten. Blockchain-Technologie ermöglicht die Rückverfolgung der Transaktionen über die Wallet-Adresse. Zudem setzen Finanzämter verstärkt auf Technologien und Experten, mit denen sie die Transaktionen auf Kryptoplattformen nachvollziehen können, um Geldwäsche und Steuerbetrug zu erkennen. 

Wie funktioniert das bei der Blockchain konkret? 

Kryptowährungen sind nicht anonym, sie sind pseudonym: Bei den meisten Kryptowährungen lassen sich die Transaktionsdaten über die Blockchain zurückverfolgen. Es gibt hierbei zwar keine direkten Verknüpfungen zu persönlichen Daten, die Transaktionen werden jedoch mit der zugehörigen Wallet-Adresse in der Blockchain gespeichert. Auch wenn der Aufwand recht hoch ist, die digitalen Wege von Käufen und Verkäufen nachzuvollziehen, ist es technisch auf jeden Fall machbar.

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Gibt es bereits einen automatischen Datenabgleich zwischen Finanzämtern und Kryptoplattformen?

In Deutschland aktuell noch nicht.  Die Plattformen sind aber verpflichtet, im Rahmen von KYC (Know Your Customer) Regeln und Anti-Geldwäsche-Regeln bei der Registrierung neuer Nutzer deren Identität festzustellen.  Wenn das Finanzamt steuerliche Ermittlungen durchführt oder den Verdacht hat, dass über die Kryptobörsen illegale Aktivitäten stattfinden, kann es über Anfragen an die Kryptobörsen persönliche Daten erhalten. 

Gilt dies auch für Verdachtsfälle?

Das Finanzamt kann auch dann auf die Handelsdaten von Kryptobörsen zugreifen. Aktuell wurde etwa die Plattform Bitcoin.de: angehalten, die User-Daten ihrer Anleger an den Fiskus herauszugeben. Diese Nutzer erhalten gegenwärtig Post vom Finanzamt und werden zur Deklaration ihrer Krypto-Einkünfte aufgefordert – das geschieht häufig sogar in Kombination mit einem parallel eingeleiteten Steuerstrafverfahren.

Wie läuft das Tracking der Blockchain-Daten technisch ab?

Ist die Wallet-Adresse bekannt, können theoretisch alle Transaktionen über diese Wallet nachverfolgt werden. Durch die Analyse dieser Daten können Finanzbehörden wiederum steuerrechtlich relevante Informationen ermitteln.Steuerbehörden arbeiten zunehmend mit Unternehmen zusammen, die auf das Tracking von Kryptotransaktionen spezialisiert sind. Diese Unternehmen können Transaktionen auf der Blockchain analysieren und Verbindungen zu realen Personen herstellen, sofern die Wallet mit einer realen Identität auf einer Kryptobörse verbunden ist.

Wann gibt es bei Krypto-Deals Kontrollmitteilungen von Banken an die Finanzverwaltung?

Wenn Sie Fiat-Geld, etwa  Euro oder  US-Dollar, auf einer Krypto-Börse einzahlen oder von dort abheben, kann Ihre Bank dies dem Finanzamt melden. In vielen Ländern sind Banken und Finanzinstitute gesetzlich dazu verpflichtet, bestimmte Transaktionen zu melden. Grundlage bilden Gesetze zur Verhinderung von Geldwäsche sowie zur Anti-Terror-Finanzierung. 

Gibt es in diesem Segment  Kooperationen mit den Steuerbehörden anderer Länder? 

Kryptobörsen und Kryptodienstleister werden zunehmend international reguliert, was wiederum den Finanzämtern den Zugang zu den Daten der Krypto- Transaktionen erleichtert. Die aktuellste Kooperation „DAC 8“ wurden am 16. Mai 2023 besiegelt. Sie soll einen automatisierten Informationsaustausch ermöglichen. Anbieter von Kryptodienstleistungen unterliegen demnach ab dem Steuerjahr 2026 einer Meldepflicht für Kryptotransaktionen.

Rüsten hier neben den Finanzämtern auch die Strafverfolgungsbehörden auf?

Im Januar 2024 hat das neue Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität in NRW seine Arbeit aufgenommen. Ziel ist es, die Expertise zur Steuerfahndung an einem Ort zu bündeln, um internationale Strukturen der Finanzkriminalität zu bekämpfen. Auch das wird in Zukunft dazu beitragen, Krypto Trades aufzudecken, denn die Bekämpfung digitaler Finanzkriminalität in großem Ausmaß bildet einen Schwerpunkt des neuen Landesamts. Dazu gehören etwa Karussellgeschäfte zum Umsatzsteuerbetrug oder Steuerhinterziehungen in Kombination mit Geldwäsche unter Nutzung von Krypto-Dienstleistern.

Welche Strafen drohen steuerunehrlichen Krypto-Anlegern?

Wer den Handel mit Bitcoin und Co. dem Finanzamt verschweigt, begeht damit Steuerhinterziehung, was Geldstrafen und Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren nach sich ziehen kann. Eine Selbstanzeige kann Strafen vermeiden, muss aber erfolgen, bevor die Steuerbehörden die Hinterziehung entdecken. Ebenfalls zu bedenken: regelmäßig können Steuern dann 10 Jahre rückwirkend erhoben werden, in besonderen Fällen kann es auch über die 10 Jahre hinaus gehen! Investoren können also auch für Gewinne aus Krypto belangt werden, die viele Jahre zurückliegen.

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Christopher Arendt
Foto: ACCONSIS

Zur Person: Christopher Arendt ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht. Der Geschäftsführer der Sozietät Acconsis in München ist auf die Beratung in steuerrechtlichen Fragen im Bereich von Krypto-Assets spezialisiert.