Tagesgelder, Lebensversicherungen und Bausparverträge sind die beliebtesten Anlageprodukte der Deutschen. Allerdings verdient man damit kein Geld, verrät jetzt ein bekannter Experte und verrät die wahren Gründe dafür.
Ob Lebensversicherung, Tagesgeld oder Bausparvertrag – diese Geldanlageprodukte hat in Deutschland noch immer fast jeder. Allerdings sind die Renditen häufig mau und die Kosten sehr hoch, was die meisten Menschen allerdings gar nicht wissen.
Mit Tagesgeld, Lebensversicherung & Co. verdient man kein Geld, sagt Experte
Um mehr Licht ins Dunkel über diese Themen zu bringen, habe ich ein Interview mit Felix Früchtl, dem Geschäftsführer der ProLife GmbH, geführt. Seit Jahren kauft das Unternehmen Lebens- und Rentenversicherung an und bietet Kunden so eine schnelle Abwicklung.
Herr Früchtl, Sie schrieben kürzlich in einer Kolumne “Wieso man mit klassischen Bank- und Versicherungsprodukten kein Geld verdienen kann”. Eine steile These angesichts der Beliebtheit solcher Produkte. Woran machen Sie das fest?
So provokant diese These zunächst erscheinen mag, so verliert sie an Brisanz, wenn man die Struktur dieser Produkte durchdringt. Das Problem liegt nicht bei den Banken oder Versicherungen, die bewusst minderwertige Produkte anbieten. Vielmehr ist das zugrunde liegende Geldsystem instabil. Alle westlichen und einflussreichen Währungen sind seit langer Zeit Fiatgeldwährungssysteme, die keine Deckung durch begrenzte Güter wie Gold haben und hauptsächlich als Tauschmittel fungieren. Diese Systeme neigen dazu, über die Jahrzehnte hinweg zu inflationieren, um die Kaufpreisstabilität zu gewährleisten. Leider funktionieren Fiatgeldwährungen nur bis zu einem gewissen Grad und implodieren dann durch zu hohe Inflation, verursacht durch massive Geldmengenausweitung und hohe Staatsverschuldung. Dies führt dazu, dass die Kaufkraft des Geldes immer weiter abnimmt, wobei eine große Lücke zwischen der offiziell kommunizierten und der tatsächlichen Inflation besteht. Klassische Bank- und Versicherungsprodukte können langfristig die Kaufkraftentwertung der Währung, auf der sie basieren, nicht kompensieren. Dies war auch früher der Fall, wenn auch in abgeschwächter Form, da die deutsche Mark eine relativ stabile Fiatgeldwährung war. Je instabiler und inflationärer eine Währung ist, desto unattraktiver sind Finanzprodukte, die auf dieser Währung basieren. Hinzu kommt, dass viele Altersvorsorgeprodukte mit hohen Kosten belastet sind, sodass rund 25% der monatlichen Sparbeiträge der Kunden für Kosten aufgewendet werden müssen. Unsere Arbeit zeigt leider immer wieder, dass Kunden solcher Produkte nach jahrzehntelangem Sparen, kaufkraftbereinigt weniger Vermögen zur Verfügung haben, als sie angespart haben.
Welche Produkte sind konkret von den genannten Punkten betroffen?
Betroffen sind klassische Altersvorsorgeverträge wie Lebens- oder Rentenversicherungen, Bausparverträge sowie (in Teilen) geförderte Produkte wie Riester- oder Rürupversicherungen. Auch Personen mit zu viel Geld auf Giro- oder Tagesgeldkonten sind betroffen, da die reale Inflation die Kaufkraft auffrisst.
Trotz der Nachteile werden viele dieser Produkte in Deutschland weiterhin vertrieben. Was ist aus Ihrer Sicht der Grund? Und kehrt sich die Branche immerhin zunehmend von solchen Verträgen ab?
Um einen solchen Vertrag zu besitzen, müssen zwei Punkte erfüllt sein: Erstens muss man einen solchen Vertrag angeboten bekommen, da diese Produkte in der Regel verkauft und nicht gekauft werden. Zweitens muss man den Vertrag aktiv abschließen. Versicherungsgesellschaften zahlen den Finanzvermittlern immer noch hohe Provisionen für die Vermittlung solcher Altersvorsorgeverträge. Trotz massiver Regulierung gibt es immer noch viele strukturierte Finanzvertriebe, die einen Abschluss „auf Teufel komm raus“ provozieren. Der Grund, warum so viele Deutsche solche Verträge im guten Gewissen unterzeichnen, liegt daran, dass sie nicht verstehen, was sie da abschließen. Die finanzielle Bildung in Deutschland ist noch schlechter als die Ergebnisse der PISA-Studie vermuten lassen. Versicherungsgesellschaften bringen laufend neue Produkte auf den Markt, die gut klingen. Das Problem ist jedoch häufig der toxische Mix aus schlechterer Rendite, hohen Kosten und dem Kleingedruckten.
Was sollten Sparer tun, die solche Verträge im Bestand haben? Welche Möglichkeiten gibt es da?
Im ersten Moment ist es wichtig, Ruhe zu bewahren. Eine überstürzte Auflösung der Verträge ist meist keine gute Idee. Altersvorsorgeprodukte sind oft sehr heterogene Verträge, die im Detail beleuchtet werden müssen. Der beste erste Schritt wäre, sich klarzumachen, wie viel Performance der Bank- oder Versicherungsvertrag wirklich bringt. Stellen Sie einfach die eingezahlten Beiträge ins Verhältnis zum jetzigen Vertragsguthaben und zu dem, was Ihnen in Zukunft als Ablaufleistung suggeriert wird. Sie werden überrascht sein, ob der geringen Rendite in Ihren Verträgen. Zudem ist es wichtig zu prüfen, ob gewisse Risikoabsicherungsmechanismen im Sparvertrag inkludiert sind. Ist eine Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherung in der Lebensversicherung inkludiert, wird man in vielen Fällen in den „sauren Apfel“ beißen müssen, da bei Auflösung der Risikoschutz entfallen würde. Es ist ratsam, sich unabhängige Hilfe zu holen, die losgelöst vom Interesse der Versicherung oder ihres Vertreters eine Einschätzung abgeben kann.
Wie macht man es besser, wenn es um das Thema Geldanlage geht?
Finanzielle Bildung ist eine Holschuld. Jeder ist seines Glückes Schmied, aus dem ihm zur Verfügung stehenden Kapital mehr zu machen, als es bloß bei der Bank oder der Versicherung versauern zu lassen. Wenn der Anspruch an Ihr Geld höher ist als der von 95% der Bevölkerung, sollten Sie folgenden schlauen Spruch beachten und Ihr Portfolio nach dieser Maxime strukturieren: „Lassen Sie niemanden zwischen sich und Ihr Geld.“
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