Der Bundesgerichtshof hat kürzlich über Verwahrentgelte für Guthaben entschieden. Wie Bankkunden jetzt ihr Geld zurück bekommen.
Die Hintergründe:
Je länger die Nullzinsphase zwischen 2015 und 2022 dauerte, desto mehr Banken führten „Geldaufbewahrungsgebühren“ ein. Für Kunden hieß dies: Sie erhielten keine Zinsen, sondern mussten Verwahrentgelte auf Guthaben zahlen. Bei manchen Instituten wie der nicht mehr existenten Degussa Bank schon ab Kontoständen von 5.000 Euro, bei anderen wie der Direktbank ING ab positiven Salden von 50.000 Euro.
Finanzdienstleister hatten in dieser Zeit Negativzinsen an die EZB zu zahlen, wenn sie dort Kundengelder „über Nacht parken“ wollten, auf dem Tiefpunkt im Herbst 2019 waren es minus 0,5 Prozent. Diese Kosten reichten sie via Verwahrentgelt an ihre Kunden weiter. Umgekehrt geben Geldinstitute die aktuell von der EZB erhaltenen Zinsgutschriften meist nicht in vollem Umfang weiter, sichern sich hier oft beträchtliche Margen.
Die Musterverfahren:
Eine Praxis der Finanzbranche, die Verbraucherzentralen ein Dorn im Auge war. Sie hielten sie für rechtswidrig und verklagten mehrere Banken in Musterprozessen, die sie bis in die letzte Instanz durchfochten. Nun bekamen sie vor dem Bundesgerichtshof (BGH) zumindest teilweise Recht.
Die neuen BGH-Urteile:
Während die Bundesrichter Verwahrentgelte bei Tagesgeld- und Sparkonten kategorisch ausschließen, kommt es bei Gebühren für die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten auf die konkrete Formulierung der Entgeltklausel an: Lässt diese erkennen, auf welches Guthaben das Verwahrentgelt anfällt, ist die Klausel wirksam – und die Bank zur Erhebung dieser Gebühren berechtigt, so der BGH (Az. XI ZR 61/23; XI ZR 65/23,; XI ZR 161/23).
So bekommen Bankkunden Geld zurück:
Soweit Banken Negativzinsen ohne vertragliche Grundlage und in unverjährter Zeit erhoben haben, bedeutet dies jedoch nicht, dass sie diese Gebühren direkt an Verbraucher erstatten müssen. „Einen derartigen Folgenbeseitigungsanspruch lehnt der Bankensenat des BGH ab, weil dies nicht in das System des kollektiven Rechtsschutzes in Deutschland passt“, erklärt Rechtsanwalt Tobias Lühmann von der Kanzlei Noerr in Berlin. Betroffene Anleger können zu Unrecht berechnete Entgelte demnach nur eigeninitiativ zurückfordern.
Welche Verjährungsfristen sind zu beachten?
Grundsätzlich läuft die Verjährungsfrist für die Rückforderung unzulässiger Bankgebühren drei Jahre. Betroffenen Kunden können im laufendenJahr somit in jedem Fall Negativzinsen zurückfordern, die Banken im Jahr 2022 und später für entsprechende Konten-Guthaben abgebucht haben. Verwahrentgelte, die Banken für diese Jahre in Rechnung gestellt haben, müssen sie dann auf Antrag zurückzahlen.
Wurden Negativzinsen in den Jahren 2021 und früher erhoben, können sich Bankkunden auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs berufen. Dort wurde 2021 entschieden, dass die Erstattung von Gebühren, die ein Verbraucher wegen missbräuchlicher Klauseln zu Unrecht gezahlt hatte, nicht verjähren, bevor er nicht zumindest erkennen konnte, dass er einen Anspruch auf Rückzahlung hat. In vergleichbaren Fällen können sich betroffenen Kunden unter Berufung auf die Aktenzeichen der EuGH-Verfahren (Az. C-776/19 bis C-782/19; 25.04.2024, Az. C-484/21; C-561/21) gegenüber ihren Geldinstituten anführen, das die Verjährungsfrist für die Rückforderung von Negativzinsen erst 2025, also nach der Veröffentlichung der verbraucherfreundlichen BGH-Urteile zu Negativzinsen, zu laufen beginnt.
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