Immobilien in Deutschland können steuerfrei übertragen werden, wenn das Objekt durch ein ausländisches Vermächtnis zugewendet wird. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit einem neuen Urteil entschieden. Welche rechtlichen Details wichtig sind Von Stefan Rullkötter
Der Fall: Eine 2013 verstorbene Tante hatte beim Ableben ihren Wohnsitz in der Schweiz. Sie vermachte ihrer in den USA lebenden Nichte eine Immobilie in München. Im Jahr 2014 wurde das Vermächtnis erfüllt und die Nichte als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das deutsche Finanzamt verlangte von ihr Erbschaftsteuer für den Immobilienerwerb. Die Begünstige argumentierte dagegen, sie schulde wegen ihres US-Wohnsitzes und der dadurch nur beschränkten Steuerpflicht in Deutschland keine Erbschaftsteuer.
Die Entscheidung: Der Bundesfinanzhof bestätigte die Argumentation der Klägerin kürzlich in einen Grundsatzurteil (Az. II R 37/19). Wendet ein im Ausland lebender Erblasser einer ebenfalls im Ausland lebenden Person durch ein Vermächtnis inländischen Grundbesitz zu, muss der ausländische Begünstigte dafür keine deutsche Erbschaftsteuer bezahlen. Bedingung für die steuerfreie Übertragung der Immobile ist laut BFH, dass weder der Erblasser noch der begünstigte Vermächtnisnehmer Deutsche sind und beide im Ausland leben. „Insoweit besteht hier eine Gesetzeslücke", erläuterte die zuständige Senatsvorsitzende auf der Pressekonferenz des BFH im Februar 2023.
Anders ist die Rechtslage, wenn ausländische Erben im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge deutschen Grundbesitz erhalten. In dieser Konstellation geht das Eigentum an der inländischen Immobilie direkt mit dem Tod des ausländischen Erblassers auf den ebenfalls ausländischen Erben über – und diese sind hierzulande erbschaftsteuerpflichtig.
Der Hintergrund: Im Gegensatz zu deutschen Staatsangehörigen und Personen mit Wohnsitz oder dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland sind ausländische Erben und Vermächtnisnehmer nur „beschränktem steuerpflichtig. Sie zahlen Erbschaftsteuer ausschließlich für den Eigentumserwerb an bestimmten gesetzlich festgelegten Vermögenswerten. Dazu gehören zwar grundsätzlich auch inländische Immobilien. Werden im Ausland lebende Begünstigte jedoch im Testament des Erblassers durch Vermächtnis mit solchen Immobilien bedacht, bleibt dies ausnahmsweise steuerfrei. Ursache dafür ist, dass beim Vermächtnis der Begünstigte nicht die Immobilie selbst, sondern nur einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dieser Immobilie erwirbt.
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Die Formalien: Nach der Bestätigung durch den BFH ist der abgabenfreie Erwerb deutscher Immobilien durch ausländische Vermächtniseinsetzung ein legales Steuergestaltungsmodell. Die Eigentumsumschreibung auf den Vermächtnisnehmer muss allerdings separat erfolgen. Erforderlich ist zudem eine notarielle Beurkundung dieses Grundstücksgeschäfts.
Mögliche Einschränkungen: Seit dem Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung im Jahr 2015 sind bei Erbfällen im EU-Ausland nationale Sonderregelungen zu beachten: In Polen etwa hat ein Vermächtnis – juristisch betrachtet – „direkte Wirkung“. Dies hat zur Folge, dass auch die durch Vermächtnis begünstigte Person ohne einen rechtlichen Zwischenschritt das Eigentum an dem inländischen Grundvermögen erbt. Ein steuerfreier Erwerb inländischer Immobilien ist damit in Polen, anders als in Deutschland, derzeit nicht möglich.
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