Viele Anbieter ermöglichen auch außerbörslichen Handel. Welche Vorteile das bietet, welche Fallstricke es dabei gibt - und wie umfassend die Angebote sind. Von Stephan Haberer
Wertpapiere lassen sich längst nicht mehr nur über offizielle Börsen handeln. Außerbörslicher Handel ist extrem angesagt. Die Gründe: Ohne Börse lässt sich der Wertpapierhandel deutlich günstiger abwickeln, insbesondere professionelle Anleger können so viel Geld sparen. Und gerade diese Investoren wollen oft nicht, dass jemand mitbekommt, auf welche Aktien sie setzen und welche sie wieder loswerden wollen. Stichwort "Dark Pools". Inzwischen bieten etwa zehn globale Finanzkonzerne Dark Pools für den Direkthandel zwischen institutionellen Investoren an. Laut Schätzungen wurden 2019 allein über solche Pools 15 Prozent des US- und etwa sechs Prozent des europäischen Wertpapier-Handelsvolumens abgewickelt.
Klar, dass auch Privatanleger Wertpapiere so günstig wie irgend möglich handeln wollen. Dafür sind sie bereit, fehlende staatliche Handelsüberwachung, geringere Rechtssicherheit - etwa bei Misstrades - sowie weniger Transparenz in Sachen Liquidität und Kosten zu akzeptieren. All dies bieten "normale" Börsen als regulierte Handelsplätze für Wertpapiere. Und all das kostet.
Aber auch Dark Pools und andere außerbörsliche Handelsplätze sind nicht kostenlos. Sie finanzieren sich etwa über Aufschläge auf die Geld-Brief-Spanne von Wertpapieren, also den Spread zwischen Angebots- und Nachfragekurs. Sie bieten den Handel somit nur auf den ersten Blick gratis an. Diese verdeckten Kosten können sogar höher sein als die an regulierten Börsen.
Nur drei Anbieter sind nicht dabei
Doch für viele Fans des außerbörslichen Handels sind die auf den ersten Blick günstigen Ordergebühren - keine Maklercourtage, keine Börsenplatzentgelte - das Argument schlechthin. Und so bieten auch viele der von uns befragten 15 bundesweit aktiven Onlinebroker inzwischen außerbörslichen Handel von Wertpapieren an. Aber längst nicht alle: Degiro, NIBC Direct und Postbank bleiben beim Handel "over the counter" komplett außen vor (weshalb sie auch in der Tabelle auf den Seiten 90/91 nicht aufgeführt sind). Bei der Merkur Bank ist das Angebot recht dünn, so lassen sich dort beispielsweise Aktien, Fonds, ETFs, ETCs und ETNs nicht außerbörslich handeln. Noch eingeschränkter ist das Angebot im außerbörslichen Handel bei der ING. Hier können lediglich deutsche Aktien, Zertifikate, Optionsscheine, Aktienanleihen und ETCs außerbörslich gehandelt werden.
Die anderen Onlinebroker mit außerbörslichem Handel offerieren dagegen im Prinzip hier kaum weniger Wertpapierklassen als im Börsenhandel. Meist sind es recht ansehnliche 18 oder gar 19 handelbare Wertpapierklassen. Das reicht von deutschen über europäische und internationale Bluechips und Nebenwerte, Staats- und Unternehmensanleihen, Wandel- und Aktienanleihen, Fonds, ETFs, Optionsscheine und Zertifikate bis hin zu Wikifolios und Genussscheine. In den meisten Fällen lassen sich diese dann über mindestens zwei bis hin zu 19 Handelspartnern traden.
Eine Besonderheit bieten Consorsbank, Merkur Privatbank, Smartbroker und Targobank: Bei diesen ist - in der Regel über Kooperationspartner wie Pro Aurum - auch der (außerbörsliche) Handel und meist auch die Verwaltung von physischem Gold in Form von Münzen und Barren möglich. Die Merkur Privatbank offeriert als einziger Anbieter sogar den Handel mit physischem Silber, jedoch läuft der Gold- und Silberhandel bei diesem Anbieter nur über ein eigenes Edelmetalldepot.
Kosten von vier bis 15,90 Euro
Doch zurück zum "normalen" außerbörslichen Handel: Eine größere Einschränkung gibt es in Sachen Handelszeiten. Grundsätzlich lässt sich außerbörslicher Handel sieben Tage die Woche rund um die Uhr organisieren, da Börsenöffnungszeiten hier irrelevant sind. Doch laut unserer Umfrage ermöglichen nur fünf Anbieter den außerbörslichen Han- del auch am Wochenende: Comdirect Bank, Consorsbank, Maxblue, Smartbroker und Sparkassen-Broker. Bei allen anderen heißt es am Wochenende: "Kein außerbörslicher Handel möglich".
Die Kosten unserer Beispielorder - Kauf eines bereits emittierten DAX-Inliners mit einem Ordervolumen von 2500 Euro inklusive eventuell anfallender Fremdkosten - liegen je nach Broker zwischen vier Euro (Smartbroker) und 15,90 Euro (Flatex).
Allerdings sind das zum einen die Standardkonditionen. Gerade im außerbörslichen Handel haben viele Broker, auch Flatex, mit bestimmten Emittenten Sonderkonditionen für eine Vielzahl von Derivaten vereinbart, die den Handel deutlich verbilligen. In manchen Fällen ist der Handel für Privatkunden sogar kostenlos. Nachteil: Diese Sondervereinbarungen sind nicht für alle Zeiten fix, sondern können (oft zum Jahreswechsel) modifiziert werden oder sogar ganz auslaufen. Zum anderen sind die in unserer Tabelle ausgewiesenen Kosten lediglich die Kosten, die der Onlinebroker direkt in Rechnung stellt. Erhöht dagegen der außerbörsliche Handelspartner und/oder der Broker den Spread, also die Geld-Brief-Spanne, unmerklich, so kommen diese "versteckten" Kosten noch obendrauf.
Hier finden Sie eine Überblick mit allen Onlinebrokern mit außerbörslichem Handel
Negativzinsen
Wenn jetzt sogar das Sparbuch kostet
Die Deutschen sparen wie die Weltmeister. Die Corona-Krise hat den Trend noch verstärkt. Gleichzeitig rollt eine Negativzinswelle auf die Sparer zu. Selbst für Einlagen auf Sparkonten erheben die Commerzbank und die Targobank für Neukunden ab einem bestimmten Freibetrag ein sogenanntes Verwahrentgelt oder Negativzinsen. Bei der Commerzbank zum Beispiel beträgt die jährliche Gebühr ab einer Summe von 100 000 Euro 0,5 Prozent. Rechtlich ist das wohl um- stritten. Sparbücher galten zuvor als unantastbar. Bislang kassieren Banken vor allem bei Tagesgeldkonten. Laut Auswertung des Finanzportals Verivox verlangen derzeit 310 Geldhäuser Negativzinsen von Privatkunden. Oft sind es 0,5 Prozent. In der Regel gibt es aber Freibeträge. groe
ebay-Abspaltung
Wenn Paypal-Aktien steuerfrei bleiben
Ebay-Aktionäre müssen für die Zuteilung von Paypal-Aktien keine Einkommensteuern zahlen. Dies hat das Finanzgericht Köln entschieden (Az. 9 K 596/18). Durch die Ausgliederung des Online-Zahlungsdienstleisters hatten Anleger im Jahr 2015 für jede Ebay-Aktie eine Paypal-Aktie erhalten. Die Finanzverwaltung behandelte die Zuteilung als steuerpflichtige Sachausschüttung und veranlasste die Depotbanken, auf den eingebuchten Kurswert der Paypal-Aktien Abgeltungsteuern abzuführen. Die dagegen erhobene Klage war nun erfolgreich. Der Kläger hatte argumentiert, dass er durch die Ausgliederung von Paypal keinen Vermögenszuwachs erfahren habe. Die Finanzverwaltung hat Revision gegen das Urteil eingelegt. Endgültig in der Rechtsfrage entscheiden wird erst der Bundesfinanzhof. rull