Das Finanzministerium hat bei den Vorschriften für Photovoltaikanlagen wichtige Punkte klargestellt. Auf welche Details es für eine  Steuerbefreiung ankommt Von Stefan Rullkötter

Steuerbefreiung

Wer kleinere Photovoltaik-(PV-)Anlagen installiert und betreibt, kann sich die Einkommen- und Umsatzsteuer sparen: Einnahmen aus dem Betrieb von PV-Anlagen auf oder in der Nähe von Grundstücken mit einer Gesamtleistung von bis zu 30 Kilowatt sind rückwirkend ab dem Veranlagungsjahr 2022 einkommensteuerfrei gestellt. Zudem fällt für die Kosten der Lieferung und Installation bei PV-Anlagen keine Umsatzsteuer mehr an. 

Begünstigte  Photovoltaikanlagen 

Begünstigt sind PV-Anlagen, die natürliche Personen, Mitunternehmerschaften und Körperschaften mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben und eine gewisse Größe nicht überschreiten. Maßgebliche Leistung der PV-Anlage ist dabei die Bruttoleistung nach dem Marktstammdatenregister in Kilowatt (peak) (kWp). PV-Anlagen auf Einfamilienhäusern oder reinen Gewerbeimmobilien mit nur einer Gewerbeeinheit fallen unter die Steuerbefreiung, wenn sie nicht über der Grenze von 30 kWp installierter Bruttoleistung liegen. Bei sonstigen gewerblichen, Wohnzwecken dienenden oder gemischt genutzten Gebäuden kommt es auf die Anzahl der vorhandenen, selbstständig und unabhängig nutzbaren Einheiten an. Dort zählt die Grenze von 15 kWp pro Einheit." Überschreitet eine PV-Anlage die individuelle Grenze des jeweiligen Gebäudes, ist sie von der Steuerbefreiung grundsätzlich  ausgeschlossen", erklärt Simon Gossert, Steuerberater bei Ecovis in München.

Voraussetzungen für die Steuerbefreiung

Um in den Genuss dieser „Nullsteuer-Tarife“ zu kommen müssen Anlage-Betreiber die sogenannte „Kleinunternehmerregelung“ wählen. Der bürokratische Aufwand dafür ist hoch: Für die PV-Anlage musste bisher umständlich ein Gewerbe angemeldet und ein Fragebogen zur steuerlichen Erfassung an die zuständige Behörde übermittelt werden. Dieses Investionshindernis hat nun auch das Bundesfinanzministerium erkannt und Mitte Juni mit einem neuen Schreiben darauf reagiert: Die Finanzämter sind ab sofort angewiesen, keine Einwände mehr dagegen zu erheben, dass Betreiber von steuerbegünstigten PV-Anlagen weder dieAufnahme einer Erwerbstätigkeit angezeigt noch den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung übermittelt haben (Gz. IV A 3 - S 0301/ 19/ 10007 :012). Diese „Nichbeanstandungsregelung“ gilt für alle Anlage-Betreiber, die ihre Erwerbstätigkeit ab 2023 aufgenommen haben. 

Umfang der Steuerbefreiung

"Werden die persönlichen Voraussetzungen des Betreibers und die sachlichen Voraussetzungen der PV-Anlagen erfüllt, sind die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb steuerfrei", erklärt Steuerexperte Gossert. Das gilt unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms. Zu den Einnahmen gehören insbesondere:

· die Einspeisevergütung

· Entgelte für anderweitige Stromlieferungen, zum Beispiel an Mieter

· Vergütungen für das Aufladen von Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugen

· Zuschüsse sowie· bei der Einnahmenüberschussrechnung vereinnahmte und erstattete Umsatzsteuer.

Eine Entnahme liegt vor, wenn der Anlagenbetreiber den Strom für betriebsfremde Zwecke verwendet, beispielsweise der teilweisen Nutzung in zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen. Eine Entnahme liegt auch vor, wenn der Betreiber aus einer anderen Einkunftsquelle Einkünfte erzielt und dafür den Strom nutzt. Nutzt er den Strom zum Aufladen eines Fahrzeugs, das zum Betriebsvermögen des Betriebs gehört, der die PV-Anlage betreibt, liegt dagegen keine Entnahme vor.

Beschränkung der Steuerbefreiung durch Freigrenze

"Die Summe aller Anlagen, die begünstigt sind, darf eine Freigrenze von 100 kWp pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft nicht überschreiten", erklärt Steuerberater Gossert. Sobald die Voraussetzungen der Steuerbefreiung erstmalig oder letztmalig erfüllt sind, findet die Steuerbefreiung nur bis zu diesem oder ab diesem Zeitpunkt Anwendung. 

Beispielsfälle

- Würde man bei einem Zweifamilienhaus, auf dem eine PV-Anlage mit 32 kWp betrieben wird, eine Wohneinheit teilen, steigt die maximal mögliche maßgebliche Leistung der dort betriebenen PV-Anlage auf 45 kWp (3 x 15 kWp statt 2 x 15 kWp). Während diese Anlage vor dem Umbau des Hauses die Grenze überschritt, wäre diese nun bei einzelner Betrachtung steuerbefreit und in die Ermittlung der 100-kWp-Grenze einzubeziehen. 

- Hat der Steuerpflichtige noch drei weitere PV-Anlagen auf drei verschiedenen Einfamilienhäusern mit jeweils 30 kWp maßgeblicher Leistung, liegt die Summe der begünstigten PV-Anlagen über 100 kWp (1 x 32 kWp und 3 x 30 kWp), wodurch die Steuerbefreiung insgesamt keine Anwendung findet. Da der Betreiber der PV-Anlage nicht Eigentümer des betreffenden Gebäudes sein muss, lassen sich auf einem Gebäude durch mehrere Steuerpflichtige oder Mitunternehmerschaften begünstigte PV-Anlagen unabhängig voneinander betreiben. 

- Betreibt ein Steuerpflichtiger eine PV-Anlage mit 50 kWp auf einem Dreifamilienhaus, ist dessen Anlage nicht begünstigungsfähig, da diese 45 kWp übersteigt (3 x 15 kWp). Betreibt ein anderer Steuerpflichtiger auf derselben Immobilie eine Anlage mit 20 kWp, ist diese dagegen begünstigt. Freiflächen-PV-Anlagen sind jedoch – unabhängig von ihrer Größe – nicht begünstigt.

Ausnahmen

Sollten die Umstände des Einzelfalls es erfordern, können die zuständigen Finanzämter dennoch gesondert zur Übermittlung eines Fragebogens zur steuerlichen Erfassung auffordern, verordnete das BMF.

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