Wer ausländische Aktien im Depot hat, muss häufig im jeweiligen Land zusätzlich Quellensteuer auf Dividenden zahlen. Wie Anleger unnötige Abgaben vermeiden – Antworten auf fünf aktuelle Leserfragen. Von Stefan Rullkötter
1. NORWEGISCHE DIVIDENDEN
Ich habe norwegische Aktien im Depot. Bei Dividendenzahlungen gibt es immer wieder Ärger mit dem dortigen Fiskus. Meine Quellensteuer-Rückforderung über das „shielding deduction“- Verfahren, ergibt nur eine zehnprozentige Rückzahlung. Angeblich soll aber mit diesem Verfahren der gesamte Quellensteuerabzug zurückgezahlt werden. Was kann ich tun?
Boerse-Online.de: Nach dem hier einschlägigen Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 15.11.2011 (Gz. IV C 1 - S 2406/10/10001) haben EU-Bürger Anspruch auf vollständige oder teilweise Rückerstattung der norwegischen Quellensteuer. „Eine pauschale vollständige Rückerstattung der norwegischen Quellensteuer sieht das Shielding- Deduction-Verfahren nicht vor“, erklärt der Rosenheimer Steuerberater Anton Götzenberger. Nach diesem Verfahren sind Dividenden in Höhe eines fiktiven risikofreien Ertrags aus dem investierten Kapital steuerfrei. Dieser steuerfreie Ertrag hängt von Ihren tatsächlichen Anschaffungskosten und dem Zinssatz für dreimonatige Regierungsanleihen ab. Beantragen Sie alternativ eine Rückerstattung der Quellensteuer über den nach dem DBA zulässigen 15 Prozent Quellensteuersatz, erhalten Sie in jedem Fall zehn Prozent auf die norwegische Quellensteuer von 25 Prozent erstattet. Ich empfehle letzteres Verfahren alternativ zum Antrag auf Erstattung im Shielding-Deduction-Verfahren – beides geht hier nicht.
2. ÖSTERREICHISCHE DIVIDENDEN
Österreich erhebt auf Dividenden eine Quellen- steuer von 27,5 Prozent. Davon werden 15 Prozentpunkte auf die deutsche Abgeltungsteuer (25 Prozent) angerechnet. Die restlichen 12,5 Prozent muss ich als hierzulande steuerpflichtiger Aktionär in Österreich zurückfordern. Seit 2019 ist mit dem Antrag allerdings zu warten, bis das Auszahlungsjahr abgelaufen ist. Ebenfalls neu: Zunächst muss man auf einem speziellen Web-Formular eine sogenannte Vorausmeldung erstellen, ausdrucken, unterschreiben und mit einer Ansässigkeitsbescheinigung des deutschen Wohnsitzfinanzamtes versehen und per Post an das österreichische Finanzamt für Großbetriebe senden. Gebühren fallen hier keine an, auf die Erstattung muss ich jedoch bis zu einem halben Jahr warten. Warum erfolgt aber bei Aktien wie Bawag und Telekom Austria in Österreich kein Steuerabzug?
Bei beiden Firmen stammen die diesjährigen Dividenden (2022) nicht aus erzielten Gewinnen, sondern aus den Kapitalrücklagen. Diese sind nach Paragraf 4 Nr. 12 des österreichischen Einkommensteuergesetzes in Österreich steuerfrei. Daher wird auch keine Quellensteuer einbehalten. In Deutschland gilt eine vergleichbare Steuervorschrift (Paragraf 20 Absatz 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz), wenn Dividenden aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes gezahlt werden.
Obwohl diese Dividenden in Österreich steuerfrei bleiben, werden sie von inländischen Depotbanken als normal steuerpflichtige Dividenden behandelt und Abgeltungsteuer einbehalten – anders als in reinen Inlandsfällen. Wer hier keine Steuernachteile erleiden will, muss mit der Einkommen- steuererklärung die Anlage KAP ausfüllen.
3. SCHWEIZER DIVIDENDEN
Der Finanzplatz Schweiz wird als sicherer Hafen im Nicht-Euro-Raum auch für in Deutschland steuerpflichtige Anleger wieder attraktiver. Stehen in puncto ausländische Quellensteuer Veränderungen an – oder läuft mit der Schweiz fiskalisch alles wie bisher?
Grundsätzlich bleibt alles wie bisher: Der Schweizer Fiskus behält 35 Prozent von jeder Dividendengutschrift als Quellensteuer ein. In Deutschland werden davon 15 Prozentpunkte angerechnet. Den Rest können sich Anleger bei den Eidgenossen zurückholen. Seit dem Jahr 2020 sind Erstattungsanträge für in Deutschland Steuerpflichtige nur noch über das Onlineportal der Schweizer Steuerverwaltung (estv.admin.ch ) möglich. Dafür ist das Zusatzprogramm „Snapform Viewer“ erforderlich, das kostenlos zum Download angeboten wird. Hier gilt es ebenfalls zu beachten: Die Schweiz hat bereits im Jahr 2017 das Bankgeheimnis für ausländische Kunden abgeschafft und meldet seitdem jährlich Daten zu Finanzkonten im Rahmen des automatischen Informations- austausches auch an die deutsche Fi- nanzverwaltung. Primär zuständig ist das Bundeszentralamt für Steuern.
4. FRANZÖSISCHE DIVIDENDEN
Ich habe Aktien von Vivendi und Saint Gobain im Depot. Bei Dividendenzahlungen bereitet mir die französische Quellensteuer regelmäßig viel Ärger und Arbeit. Meine Bank teilte mir mit, dass ich pro Wertpapier und Jahr gesonderte Depotbescheini- gungen für die dortige Steuerbehörde benötige. Ist dieser große Aufwand tatsächlich erforderlich?
„Tatsächlich brauchen deutsche Aktionäre für jedes Veranlagungsjahr und für jede französische Aktie gesonderte Bescheinigungen, sofern das französische Finanzamt dies für Quellensteuererstattungen verlangt“, erklärt Steuerberater Anton Götzenberger. Hintergrund: Frankreich hatte seine Quellensteuer auf Dividenden 2018 auf 12,8 Prozent gesenkt. Liegen französische Aktien in deutschen Depots, wird aber meist wie bisher der alte Quellensteuersatz von 30 Prozent einbehalten. Davon werden jedoch nur noch 12,8 und nicht mehr 15 Prozent auf die deutsche Abgeltungsteuer von 25 Prozent angerechnet. Anleger müssen 17,2 Prozent aus Frankreich zurückholen.
Abhilfe kann ein Antrag auf „Vorabermäßigung“ schaffen. Dabei wird den französischen Behörden vor der Dividendenauszahlung bescheinigt, dass ein in Deutschland ansässiger Anleger die Dividende erhält und die Aktien im Inland verwahrt werden. Doch diesen Service bieten nicht sämtliche Depotbanken an. So bleibt Aktionären oft nur das nachträgliche Erstattungsverfahren. Das dafür erforderliche Erstattungsformular gibt es beim Bundeszentralamt für Steuern zum Ausfüllen im Online-Portal (bzst.de). Es muss vom Finanzamt anschließend mit einer Wohnsitzbestätigung versehen werden. Erstattungsanträge bearbeitet die französische Steuerbehörde nur, wenn diese über die Depotbank eingereicht werden, und auch die deutsche Lager¬ stelle Clearstream AG bestätigt, dass die Aktien in einem deutschen Depot verwahrt werden.
5. US-DIVIDENDEN
Ich habe in zwei Depots noch Aktien der US-Beteiligungsgesellschaft Altaba. Ursprünglich hatte ich einmal Yahoo-Aktien gekauft, die jedoch 2017 zwangsweise in Altaba-Papiere umgetauscht wurden. Bei den letzten Auszahlungen 2020 und 2021 wurden diese zudem von meinen Depotbanken steuerlich unterschiedlich behandelt. Während die Targobank die Ausschüttungen als Bardividende deklariert und voll mit 25 Prozent deut- scher Kapitalertragssteuer verrechnet hat – ausländische Quellensteuer wurden nicht einbehal- ten– , sind bei der Comdirect Bank keine Abgaben abgezogen worden („Ausschüttung gleich Einlösung“). Ich denke, das mir die Targobank hier zu Unrecht Steuern abgezogen hat: Eine in Liquidation befindliche Firma kann doch meiner Ansicht nach keine Dividende mehr ausschütten. Nach mehrmaligen Nachfragen beharrt die Bank aber auf ihrem Standpunkt: Sie habe nur das weiterge-leitet was sie von Altaba bekommen hat. Zu Recht?
Durch die Nichtannahme des Umtausch-Angebots im Jahr 2017 sind Sie zum Anteilseigner einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft geworden. Bei dieser Aktiengattung wurde nur eine interne Wertpapierkennnummer (WKN) vergeben, handelt, die weder handel- noch lieferbar ist. Daher konnten Anleger ihre Papiere nicht mehr auf dem üblichen Börsenhandelsplattformen verkaufen und mussten auf die restlichen Zahlungen aus der Firmenliquidation warten. Es kommt aber steuerechtlich grundsätzlich darauf an, ob die bei der Targobank und der Comdirect Bank eingangenen Ausschüttungszahlungen von Altaba dieselben waren. „Wenn es sich in beiden Fällen nicht um Dividenden, sondern um Kapitalrückzahlungen im Zuge der Unternehmsnabwicklung handelte, wäre der Kapitalertragsteuerabzug bei der Targobank tatsächlich juristisch nicht korrekt“, meint Steuerberater Anton Götzenberger.
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