Die seit 2021 geltende Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes nicht vereinbar, befanden nun die obersten Finanzrichter.

Der Hintergrund:

Mit Termingeschäften wie CFDs  („Contracts for Difference“) und Optionen können Anleger gehebelt an den  Preisveränderungen von Aktien, Währungen  und Rohstoffen partizipieren  oder sich gegen Verluste absichern. Seit 2021 dürfen sie Miese aus derartigen Finanzprodukten aber nur noch bis zur Höhe von 20 000 Euro jährlich  – und zudem lediglich mit gleichartigen Gewinnen aus Termingeschäften – steuermindernd verrechnen. 

Das Musterverfahren:

Im konkreten Fall hatte ein Anleger in einem Jahr 100 000 Euro Gewinne und 90000 Euro Verluste aus Termingeschäften realisiert. Trotz des Gesamtgewinns  von 10000 Euro berücksichtigte sein Finanzamt nur Verluste von  20000 Euro und setzte steuerpflichtige Erträge von 80000 Euro fest, auf  die rund 20000 Euro Abgaben erhoben werden sollen. „Die Verrechnungsgrenze  bei Termingeschäften  führt hier zu einem unverhältnismäßigen  und widersinnigen Ergebnis“, befand das Finanzgericht Rheinland-Pfalz  (Az. 1 V 1674/23) in erster Instanz. Denn es müsse  zum Teil aus nicht aus Termingeschäften  erwirtschafteten Einnahmen Einkommensteuer  gezahlt werden. 


Der neue Beschluss des Bundesfinanzhofs:

Der BFH wies nun die Beschwerde des Finanzamts gegen den vorherigen Beschluss des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz zurück und bestätigte, dass die betragsmäßige Beschränkung der Verlustverrechnung nicht verfassungskonform ist (Az. VIII B 113/23 ).

Welche Folgen hat die Entscheidung für Kapitalanleger?

Das Aktenzeichen des BFH-Beschlusse ist mit dem Zusatz „AdV“ versehen. Das Kürzel steht für „ Aussetzung der Vollziehung“: Rechtlich bedeutet dies, dass die Vollstreckung entsprechender Steuerbescheide vorläufig gestoppt wird. Den Zusatz "AdV" verwendet der BFH, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen. Betroffene Kapitalanleger müssen damit die Vollstreckung der strittigen Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte solange nicht akzeptieren, bis eine endgültige Entscheidung In dieser Rechtsfrage getroffen wird.

Wie sollten vergleichbar betroffene Anleger jetzt handeln? 

Wer mit Termingeschäften entsprechende Verluste aus Kapitaleinkünften realisiert hat, sollte gegen ablehnende Einkommensteuerbescheide weiterhin Einspruch einlegen und in der  Begründung die Verrechnung mit anderen positiven Einkünften wie Kursgewinnen, Dividenden und Zinsen verlangen.

Welche Bedeutung hat in dem Zusammenhang  ein  Verfahren beim Bundesverfassungsgericht?

Die noch ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur beschränkten Verlustverrechnung bei Aktiengeschäften  (Az. 2 BvL 3/21) kann sich indirekt auch auf Termingeschäfte auswirken. Karlsruhe muss in dem Verfahren entscheiden , ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass realisierte Miese aus Aktienverkäufen derzeit nur mit Gewinnen aus anderen Aktienverkäufen verrechnet werden dürfen, nicht aber mit Zins- und Dividendenerträgen. Da es hierzu bereit einen Vorläufigkeitsvermerk auf Steuerbescheiden gibt, müssen betroffene Aktionäre hier nichts weiter unternehmen und somit auch keinen Einspruch einlegen.


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