Der Ampel-Regierung droht nach dem vernichtenden Urteil zum Nachtragshaushalt eine weitere Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht. Die roten Roben werden entscheiden, ob der Soli-Zuschlag noch erhoben werden darf. Diese Punkte sind jetzt wichtig
Der Hintergrund
Der Solidaritätszuschlag („Soli“) zur Finanzierung der deutschen Einheit sollte 1991 ursprünglich nur für ein Jahr erhoben werden. Inzwischen gibt es ihn, ausgenommen nur die Jahre 1993 und 1994, mehr als drei Jahrzehnte. Bis zum Veranlagungsjahr 1997 waren 7,5 Prozent der Einkommen- und Körperschaftsteuer als „Ergänzungsabgabe" fällig, seit 1998 liegt der volle Satz unverändert bei 5,5 Prozent.
Die Freigrenzen
Seit 2021 entfällt der Soli durch Einführung einer Freigenze für rund 90 Prozent der hierzulande Steuerpflichtigen. Derzeit müssen noch rund sechs Millionen Bürger die Abgabe auf Einkommen und Kapitalerträge (im Rahmen der Abgeltungsteuer) entrichten. Zur Vermeidung zusätzlicher Belastungen durch den „Soli“ wird die Steuerfreigrenze wie im Vorjahr auch 2024 angehoben. Die Ergänzungsabgabe ist nicht mehr zu entrichten, wenn die festgesetzte Lohn- und Einkommensteuer unter 18130 Euro für Alleinstehende und 36260 Euro für zusammen veranlagte Partner liegt.
Besonderheiten bei Kapitaleinkünften
Anleger profitieren nicht von der Umgestaltung des Solidaritätszuschlags seit 2021. Der Satz von 5,5 Prozent auf die Abgeltungsteuer für Kapitalerträge bleibt unverändert. Die Sonderabgabe wird damit auch weiterhin für Zinsen, Dividenden und realisierte Gewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren fällig, sofern kein Freistellungsauftrag für Kapitalerträge oder eine Nichtveranlagungsbescheinigung vorliegen. Ist der Sparerpauschbetrag von 1000 Euro (zusammenveranlagte Partner 2000 Euro) ausgeschöpft, führen Banken neben der 25-prozentigen Abgeltungsteuer 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag ab, dazu kommen gegebenenfalls noch acht oder neun Prozent Kirchensteuer. Die Gesamtsteuerbelastung für Anleger liegt bei 27,98 Prozent. Auch für Körperschaftsteuerzahler gab es keine Entlastung: GmbHs und AGs müssen weiterhin 15 Prozent Körperschaftsteuer entrichten, auf die zusätzlich auch seit 2021 noch der volle Soli-Zuschlag erhoben wird.
Wird der Soli-Zuschlag gänzlich abgeschafft?
Das Verfahren in Karlsruhe
Der FDP-Vorstand hat gegen die weitere Erhebung des Soli Verfassungsbeschwerde (Aktenzeichen: 2 BvR 1505/2) eingelegt. Begründung: Dies sei verfassungsrechtlich nicht mehr durch eine Ausnahmelage gedeckt. Die Erhebung nur noch bei etwa zehn Prozent der Einkommensteuerpflichtigen verstoße zudem gegen den Gleichheitsgrundsatz. Das hat die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) in einer aktuellen Stellungnahme gegen die nur teilweise Abschaffung des „Soli“ Ende 2019 ausgeführt. Auch der renommierte Steuerprofessor Gregor Kirchhof hielt zuvor die Ergänzungsabgabe in einem vom Deutschen Steuerberaterverband und den Bund der Steuerzahler Deutschland beauftragten Gutachten für verfassungswidrig .
Die Erfolgsaussichten
Gut möglich, dass sich die Verfassungsrichter diesen Rechtsansichten anschließen. Die Fortführung des Solidaritätszuschlags über das Jahr 2020 hinaus ist nach Ergebnis des BRAK-Gutachtens verfassungsrechtlich nicht mehr von der Ermächtigungsgrundlage des Artikel 106 Absatz I Nr. 6 des Grundgesetzes gedeckt. Diese Vorschrift ermögliche lediglich ergänzende Abgaben bei Bedarfsspitzen, eine Ausnahmelage wie nach der Wiedervereinigung, aus deren Anlass der "Soli" eingeführt worden war, bestehe aber inzwischen nicht mehr.
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