Wegen der hohen Inflation erhöhen viele Notenbanken die Leitzinsen. Auch Immobilien-Kredite sind in den vergangenen Monaten deutlich teurer geworden. Darüber hinaus verschärfen die Banken auch ihre Anforderungen vor der Vergabe von Hypotheken. Der Traum vom Eigenheim rückt für viele Menschen in weite Ferne.
Die Zinsen für Baufinanzierungen haben sich seit Januar etwa verdreifacht, auch die hohe Inflation macht sich bei der Vergabe von Krediten bemerkbar. In einer Umfrage der Deutschen Presseagentur dpa geben große Banken an, dass sie auch Pauschalen für Lebensunterhaltungskosten bei der Kreditprüfung nun höher ansetzen.
Höhere Haushalts-Pauschalen
Bei der Deutschen Bank etwa spielen die höheren Verbraucherpreise bei der Kreditvergabe eine Rolle. "Auf Grund der stark gestiegenen Inflationsrate, getrieben insbesondere von hohen Energiepreisen, mussten wir unsere Mindestanforderungen an Lebenshaltungs- und Bewirtschaftungskosten im Rahmen der Bonitätsbetrachtung nach oben anpassen", teilte ein Sprecher mit.
Die Kosten spielen eine wichtige Rolle dabei, wie viel freies Einkommen potenzielle Käufer haben und damit wie kreditwürdig sie sind. "Wir empfehlen den Einsatz von ausreichendem Eigenkapital und/oder – soweit möglich – eine höhere Tilgung", so die Deutsche Bank. Eine erhöhte Ablehnungsquote beobachte man aber noch nicht.
Kunden müssen sich Finanzierung langfristig leisten können
Die Commerzbank erklärte jedoch, dass nicht jede Kreditanfrage bewilligt werde. "Gestiegene Finanzierungskosten und Lebenshaltungskosten führen derzeit dazu, dass möglicherweise nicht jeder Finanzierungswunsch erfüllt werden kann." Man achte darauf, dass Kunden sich die Finanzierungen langfristig leisten könnten.
"Dabei berücksichtigen wir auch aktuelle Entwicklungen wie die aufgrund der hohen Inflation gestiegenen Lebenshaltungskosten", zitiert dpa einen Commerzbank-Mitarbeiter. Die wachsenden Energiekosten und sonstige von der Inflation beeinflussten Ausgaben würden "über höhere Haushaltspauschalen berücksichtigt".
Kriterien werden etwas strenger
Die Direktbank ING teilte mit, ihre Kriterien für die Kreditwürdigkeit für Kunden, die eine Immobilie als Kapitalanlage kaufen und nicht selbst bewohnen wollen, seien "seit diesem Jahr etwas strenger". Auch die Lebenshaltungskosten würden bei Anträgen aktuell besonders geprüft, so das Geldhaus. Die Ablehnungsquote habe sich aber "nicht merklich" verändert.
Auch Thomas Peeters, Vorstandschef der Bilthouse Gruppe, unter deren Dach sich mehrere Kreditvermittler befinden, stellte fest, dass Banken ihre Kriterien für Immobilien-Darlehen umgestellt haben. Bei Finanzierungen schauten nun Banken genauer hin. "Sonderkonstellationen wie Probezeiten, befristete Arbeitsverträge oder Elternzeit werden kritischer beäugt“, so Peeters.
Auch Konkurrent Interhyp beobachtet ein verändertes Verhalten der Banken. Die Pauschalen bei der Haushaltsrechnung für die Lebenshaltung- und Bewirtschaftungskosten sowie die Kfz-Pauschalen seien um 10 bis 15 Prozent erhöht worden, zitiert dpa die Vorständin für das Privatkundengeschäft, Mirjam Mohr. Teils reagierten Banken auch auf strengere Vorgaben der Finanzaufsicht BaFin, die ihnen neue Kapitalpuffer für Wohnimmobilien-Kredite vorgeschrieben hat.
Warnsignale aus dem Ausland
Die Vorsicht der Banken kommt nicht von ungefähr. In den USA und in Großbritannien kriseln die Immobilienmärkte, nachdem die Notenbanken die Zinsen dort schneller als in der EU anheben. Die Lage auf dem britischen Immobilienmarkt hat sich durch die starke Erhöhung der Leitzinsen um 50 Basispunkte auf jetzt 1,75 Prozent weiter verschärft. Unmittelbar betroffen sind jene rund zwei Millionen Briten, die eine Hypothek mit variablen Zinsen aufgenommen haben und jetzt mit höheren Kreditkosten rechnen müssen, schreibt das Handelsblatt.
In China droht sich die begonnene Immobilien-Krise noch weiter zu verschärfen: In fast 70 Städten sanken im August die Preise für Wohnungen so stark wie seit Beginn der Corona-Pandemie vor zweieinhalb Jahren nicht mehr, wie das landesweit größte Immobilien-Forschungsinstitut China Index Academy am Donnerstag in Peking mitteilte.
Obwohl der Rückgang meist nur gering ausfiel, gilt die Entwicklung doch als Alarmsignal für die jahrelang boomende Immobilienbranche, die etwa ein Viertel zum Bruttoinlandsprodukt der nach den USA größten Volkswirtschaft der Welt ausmacht.
Der chinesische Bankenriese ICBC sieht sich wegen der Immobilienkrise mit steigenden Forderungsausfällen konfrontiert. Die gemessen an der Bilanzsumme größte Bank der Welt ist bereits die dritte chinesische Großbank, die steigende Forderungsausfälle im Immobiliensektor meldet. Und dabei sinken die Zinsen in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sogar.
Hypotheken in Deutschland noch günstig
Für Deutschland gibt es jedoch auch eine positive Nachricht. Zwar erwartet Jörg Utecht vom Immobilien-Finanzierer Interhyp bis Ende des Jahres weiter anziehende Hypotheken-Zinsen für zehnjährige Darlehen auf 3,5 bis etwa 4,0 Prozent. Doch er verweist darauf, dass die Zinsen im historischen Vergleich noch immer relativ niedrig sind, trotz des krassen Anstiegs seit Jahresbeginn. (Mit Material von dpa und Reuters)