Die zuletzt gute Stimmung am Kryptomarkt wurde jäh durch den Zoff der beiden größten Kryptobörsen vermasselt und hat den Bitcoin wieder unter die Marke von 20 000 Dollar gedrückt. Von Gerd Weger
Nachdem es zuletzt am Kryptomarkt zu einer Minirally gekommen war, wurde diese durch einen Streit zwischen den Chefs der beiden größten Kryptobörsen Binance und FTX wieder abgewürgt. Daneben zeigen sich auch anhaltende Probleme bei den Bitcoin-Minern. So hat gerade mit Iris Energy ein großes Mining-Unternehmen Probleme wegen des Zahlungsverzugs bei einem Kredit von über 100 Millionen Dollar. Miner waren zuletzt dreifach unter Druck. Stark gestiegene Energiepreise bei gleichzeitig auf Rekordstand befindlicher Hashrate machen das Geschäft bei dem abgestürzten Bitcoin-Preis zunehmend unprofitabel.
Bitcoin und Ethereum unter Druck
Die beiden führenden Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum und mit ihnen der gesamte Kryptomarkt haben sich zuletzt stärker von der Entwicklung an den Aktienmärkten entkoppeln können. Ein Indiz dafür ist die Entwicklung der Volatilität bei den beiden unterschiedlichen Assetklassen. Bitcoin und Ethereum erreichten Mitte Juni Spitzenwerte bei ihren Volatilitäten. Seither ging die 30-Tage-Volatilität bei den beiden führenden Kryptowährungen um über 60 Prozent zurück. Dagegen ist diese beim Aktienindex S&P 500 sukzessive gestiegen. Die Entkoppelung war bereits beim Einbruch der Tech-Werte in den USA zu sehen, der den Bitcoin weitgehend unberührt ließ.
Nach dem Taucher der Aktien im Anschluss an den jüngsten Zinsentscheid der Fed vom Mittwoch vergangener Woche konnte der Bitcoin sogar deutlich zulegen.
Allerdings zeigt sich gerade, dass sich die Entkoppelung von Bitcoin und Aktien nicht nur positiv auswirkt. Nachdem die Aktien sich in den vergangenen Tagen wieder erholt haben, ist der Bitcoin überraschend wieder unter die wichtige Marke von 20.000 Dollar gestürzt. Der Grund dafür findet sich im Kryptomarkt selbst. Denn der Showdown der Chefs der beiden größten Kryptobörsen weltweit, Chang- peng Zhao (CZ) von Binance, und Sam Bankman-Fried (SBF) von FTX, ist schnell zu einer Belastung des gesamten Kryptomarkts geworden. Ausgangspunkt waren kritische Berichte über Verflechtungen der Kryptobörse FTX mit Alameda Research, einer anderen Firma von SBF.
Der Zoff der Kryptobörsen
Richtig losgetreten wurden die Turbulenzen dann nach einer Wortmeldung von Binance-Chef CZ. Binance hatte 2019 in FTX investiert. Im vergangenen Jahr ist Binance gegen eine Zahlung von 2,1 Milliarden Dollar in FTT-Token, der Hauswährung der Kryptobörse FTX, und dem Sta-blecoin BUSD ausgestiegen. Nun kündigte CZ aufgrund der Enthüllungen öffentlichkeitswirksam einen Verkauf aller FTT-Token an. Nach seinen Angaben wird der Verkauf aufgrund der begrenzten Liquidität einen Zeitraum von einigen Monaten in Anspruch nehmen. Die Wirkung ließ allerdings nicht auf sich warten. Zu Wochenbeginn stürzte FTT um rund 40 Prozent ab. Auch andere Projekte wie Solana oder die dezentrale Börse Serum kamen stark unter Druck. Marktbeobachter fühlten sich bereits an den Terra-Crash im ersten Halbjahr erinnert. Auch nach zuletzt eher versöhnlichen Verlautbarungen der beiden Börsenchefs blieb der Markt kurzfristig verunsichert. Das ist umso bedauerlicher, als gerade eine Minirally begonnen hat und alle Zeichen auf deren Fortsetzung hindeuteten.
Dieser Artikel erschien zuerst in BÖRSE ONLINE 45/2022. Hier erhalten Sie einen Einblick ins Heft.
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