Büroimmobilien stehen im Fokus der Immobilienmesse Expo Real vom 4. bis 6. Oktober in München. Welche Anforderungen die Objekte erfüllen müssen, um für Investoren und Mieter attraktiv zu bleiben, erklärt Marian von Mitschke-Collande, geschäftsführender Gesellschafter des Projekts "Der Bogen"
Börse Online: Arbeitnehmer verbringen laut neuen Studien auch nach der Corona-Pandemie mehr als die Hälfte der Arbeitswoche im Homeoffice. Haben Büroarbeitsplätze noch ihre Berechtigung?
Marian von Mitschke-Collande: Mitarbeitende sind soziale Wesen, die kommunizieren wollen – und zwar vor Ort. Zudem spüren viele Arbeitgeber mittlerweile zunehmend starke Effizienzverluste, da viele Mehrwerte des Miteinanders im Büro durch die Arbeit im Homeoffice verloren gehen. Das betrifft auch große Tech-Firmen. Selbst Zoom Video Communications, die das Homeoffice überhaupt erst möglich gemacht haben, wollen ihre Mitarbeitenden deshalb wieder häufiger im Büro sehen. Büros haben also nach wie vor ihre Berechtigung.
Wie müssen Büroimmobilien konzipiert werden, um auch in Zukunft attraktiv zu sein?
Die Objekte müssen heute mehr bieten als Platz für Schreibtische. Unternehmen sind deshalb mehr denn je gefordert, auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden einzugehen. Dazu gehört, Möglichkeiten für konzentriertes Arbeiten und Vernetzung zu schaffen, die Gesundheit am Arbeitsplatz im Blick zu haben und den Einklang von Beruf und Privatleben zu ermöglichen. Diese Bedürfnisse sind übrigens keine Modeerscheinungen, die Corona hervorgebracht hat. Es sind globale Megatrends, die es schon lange vor der Pandemie gab.
Fast alle Unternehmen planen, ihre Büroflächen anzupassen oder haben diese bereits reduziert. Welche Folgen hat das aus Ihrer Sicht für den Büroimmobilienmarkt?
In München haben wir im ersten Halbjahr 2023 einen sehr verhaltenen Flächenumsatz gesehen. Das ist aber nur zum Teil auf das Thema Homeoffice zurückzuführen. Denn derzeit ist es vor allem die gesamtwirtschaftliche Situation, also die Angst vor einer Rezession, die die Entscheider bremst. Wir merken aber, dass die Anfragen wieder anziehen und der Vermietungsmarkt eine Bugwelle vor sich herschiebt. Diese Bugwelle basiert auf zwei Faktoren: Zum einen, auf dem Drang der Unternehmen, moderne neue Arbeitswelten anzubieten, und zum anderen auf dem Thema ESG, dem sich die Unternehmen verstärkt widmen wollen. Sie erkennen also, dass sie bei ihren Immobilien handeln müssen.
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Schafft diese Bugwelle auch Raum für eine optimistische Perspektive bei Büroimmobilien?
Insofern stehen dem Münchner Vermietungsmarkt wieder bessere Zeiten bevor. Neubauten werden dann eher Chancen bei der Vermietung haben, Bestandsimmobilien eher Probleme, da sich ESG-Richtlinien und moderne Bürowelten hier nur sehr schwer umsetzen lassen.
Mitarbeiter erwarten Kompensationen und „schöne neue Arbeitswelten“ für die freiwillige Rückkehr ins Büro. Was können Sie mit Ihrem Projekt potenziellen Mietern und deren Angestellten bieten?
Wir haben „Der Bogen“ bereits 2018 konzipiert. Damals war der War for Talents ein ebenso großes Thema wie heute. Für uns standen deshalb die eben erwähnten Bedürfnisse der Mitarbeitenden im Fokus. In unserem Business-Campus setzen wir deshalb auf integrierte Services, die es ermöglichen, Arbeit und Freizeit miteinander zu verbinden. Dazu gehören Einkaufsmöglichkeiten, ein Fitnessstudio, ein Concierge-Service und eine Paketstation.
Können von diesen Extras auch Berufstätige im lokalen Umfeld des Objekts profitieren?
Es wird auch ein Restaurant geben, das hochwertiges und gesundes Essen anbietet. Nicht nur für die Mitarbeitenden, sondern auch für die Nachbarn. Abends können an der Bar After-Work-Treffen stattfinden. Auch hier wollen wir den Netzwerkgedanken unterstützen. In den Büros selbst bietet „Der Bogen“ sowohl Rückzugsorte für konzentriertes Arbeiten als auch Kollaborationsflächen. An Orten, an denen viele Menschen zusammenkommen, setzen wir auf Materialien, die die Übertragung von Keimen verhindern. Das gilt insbesondere für die Bäder.
Das Firmenbüro sollte also zu einer Wohlfühloase werden?
Wichtig war uns auch, eine Architektur und ein Interior-Design zu schaffen, mit denen sich die Mitarbeitenden identifizieren können. Denn wenn sie sich vor Ort wohl fühlen, kommen sie auch gerne ins Büro.
Wann wird die Immobilie voraussichtlich fertiggestellt sein, wann ziehen die ersten Mieter ein und wie ist der aktuelle Stand bei der Vermietung?
Die Fertigstellung ist für das kommende Frühjahr geplant. Ab Sommer 2024 wird „Der Bogen“ bezugsfertig sein. Die Einzelhandelsflächen im Unter- und Erdgeschoss sind nahezu vollständig vermietet. Darüber hinaus führen wir derzeit viele konstruktive Gespräche. Wenn diese erfolgreich verlaufen, können wir 50 Prozent des Gebäudes füllen. Wir gehen fest davon aus, bis Ende des Jahres einige Mietverträge auch abschließen zu können.
Ihr Bauprojekt musste mitten in sich überlagernder Krisen - Pandemie, Inflation, Baumaterialen-Knappheit und Ukraine-Krieg – umgesetzt werden. Welche Erfahrung haben Sie dabei als Bauträger gemacht?
Nur durch vorausschauende Planung und nur im Team. Im Hinblick auf die Materialknappheit und die Baukosten hatten wir glücklicherweise die meisten Verträge zu einem sehr guten Zeitpunkt abgeschlossen. Zudem haben wir mit den beteiligten Bauunternehmen und den Subunternehmern immer wieder kooperativ nach Lösungen gesucht. Dabei mussten beide Seiten Zugeständnisse machen. Aber nur so ist es für niemanden von uns zum Stillstand gekommen. Alle am Bau Beteiligten haben seit der Grundsteinlegung im Herbst 2021 viele unterschiedliche Krisen erlebt. Das hat uns zusammengeschweißt. Anders hätten wir den Zeitplan nicht einhalten können. Darauf bin ich stolz und danke allen Beteiligten.
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Zur Person:
Marian von Mitschke-Collande ist Gesellschafter der sechsten Generation des Technologiekonzerns Giesecke+Devrient (G+D). Seit 2009 ist er im eigenen Unternehmen in verschiedenen Funktionen im In- und Ausland tätig. Derzeit leitet er als Geschäftsführer die Giesecke+Devrient Immobilien Management GmbH. Die Gesellschaft entwickelt einen 42000 Quadratmeter großen Gewerbe-Campus. " Der Bogen" wird am Stammsitz des Konzerns im Münchner Westen errichtet. Vor seiner Zeit bei G+D sammelte von Mitschke-Collande Erfahrungen bei der Allianz AG in Singapur und bei Visa Europe in London.