BNP Paribas, Unicredit und Santander sind die wahren Profiteure des Zinsanstiegs und fahren Milliardengewinne ein. Wie geht es für Bank-Aktien weiter?

Das Jahr 2022 war geprägt von Ukraine-Krieg, Energiekrise, Rekordinflation, den Sorgen vor einer Rezession und einer neuen Finanzkrise. Ausgerechnet die europäischen Banken gehen aus diesem Umfeld als die großen Gewinner hervor, fahren Milliardengewinne ein, befeuern ihre Aktienkurse und bekommen jetzt auch noch von der EZB-Bankenaufsicht eine robuste Verfassung attestiert.

Möglich gemacht haben das besonders die kräftigen Zinsanhebungen der Notenbanken, die damit das Inflationsproblem in den Griff bekommen wollen. Für die Banken, die zuvor jahrelang unter der Niedrigzinspolitik der Währungshüter gelitten hatten, hat sich auf einmal das Blatt gewendet. Nun führen die höheren Zinsen bei den Geldhäusern zu deutlich verbesserten Zinsmargen.

So veröffentlichte die französische Großbank BNP Paribas diese Woche für 2022 einen Rekordgewinn von zehn Milliarden Euro und behauptete damit ihre führende Stellung im Euroraum. „Alle Motoren der Gruppe liefen gut“, bilanzierte Vorstandschef Jean-Laurent Bon-nafe mit Blick auf die Sparten Firmenkunden, Privatkunden und Investmentbanking. Das finanzkräftige französische Geldhaus wird immer wieder als möglicher Käufer für die Commerzbank ins Spiel gebracht, auch wenn man in Paris stets betont, man ziele bei Akquisitionen auf Wertsteigerung und nicht auf die Übernahme einer Komplettbank einschließlich des Filialnetzes.


Plötzlich überholen Europas Banken auch die US-Institute

Gut motorisiert präsentierten sich auch die spanischen Großbanken Santander und BBVA mit 9,6 und 6,4 Milliarden Euro Reingewinn im vergangenen Jahr – für beide jeweils historische Rekordergebnisse. Die Banken profitierten vom Zinsanstieg, von Kundenwachstum, höherem Kreditvolumen und rückläufiger Risikovorsorge.

Mit einem Gewinn von 5,2 Milliarden Euro übertraf auch die italienische Großbank Unicredit die Erwartungen der Analysten. Vorstandschef Andrea Orcel sprach vom besten Geschäftsjahr seit mehr als zehn Jahren und kündigte eine Rekordividende sowie Aktienrückkäufe an. Auch die Schweizer Großbank UBS fuhr mit 7,6 Milliarden Euro den größten Gewinn seit 16 Jahren ein.

Der Milliardenrausch der europäischen Banken wirkt umso erstaunlicher, als die US-Banken gleichzeitig Gewinneinbrüche von bis zu 70 Prozent vermeldeten, vor allem weil das Geschäft mit Übernahmen nicht läuft. Mit ihrer Gewinndynamik waren die Amerikaner über Jahre das Maß aller Dinge, an das die Europäer nicht heranreichten. Diesmal läuft die Berichtssaison unter vertauschten Vorzeichen.

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Schulterklopfen von der Aufsicht - und eine Warnung

Gleichwohl mehren sich auch in Europa die Stimmen, die vor Euphorie warnen und mit den steigenden Zinsen auch neue Gefahren für die Banken kommen sehen. Denn damit einher gehen konjunkturelle Risiken, die wiederum Kreditausfälle zur Folge haben könnten.

So hat die EZB-Bankenaufsicht soeben bei der Vorstellung der Ergebnisse der jährlichen Prüfung die Geldhäuser dazu aufgefordert, für faule Kredite ausreichend Vorsorge zu treffen und die aus Sicht der Aufsicht mangelhafte Risikokontrolle zu verschärfen. Zwar erhöhten derzeit die steigenden Zinsen die Profitabilität der Banken. Doch könnten sie auch die Fähigkeit der Kunden in einer Reihe von Portfolios und Geschäftsbereichen beeinträchtigen, ihre Schulden zurückzuzahlen, warnte die Aufsicht.

Unter dem Strich zog EZB-Bankenchefaufseher Andrea Enria aber eine positive Bilanz der Bankenprüfung. „Die europäischen Banken haben die wirtschaftlichen Auswirkungen der russischen Invasion in die Ukraine dank ihrer starken Eigenkapital- und Liquiditätspositionen, ihrer höheren Rentabilität und der kontinuierlichen Verbesserung der Aktivaqualität gut verkraftet“, sagte Enria.

Trotz einer sich eintrübenden Konjunktur und einer volatilen Börsenentwicklung seien sie insgesamt robust aufgestellt. Die meisten Institute verfügten zudem über mehr Kapital, als sie gemäß den Kapitalanforderungen vorhalten müssten.

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