Zinsexperte Max Herbst von der FMH Finanzberatung über die Auswirkungen der jüngsten EZB-Zinserhöhung auf Tages- und Festgeldzinsen – und auf die Bauzinsen: "Da werden wir in diesem Jahr die fünf Prozent noch sehen"
Börse Online: Die EZB hat am Donnerstag die Zinsen zum zehnten Mal in Folge angehoben, inzwischen ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999 erreicht. Was bedeutet das für die Verbraucherzinsen?
Max Herbst: Die Tagesgeldzinsen für Neukunden werden erstmal nicht gravierend ansteigen, denn wir haben schon einige Angebote mit vier Prozent, was auch dem Einlagenzins der EZB entspricht. Da die nächste EZB-Erhöhung vermutlich etwas länger dauern dürfte, werden auch die Banken mit Neukunden-Aktionen etwas zurückhaltend sein. Mit den höheren Tages- und Festgeldzinsen steigen auch die Zinsen für Konsumentenkredite weiter leicht an, was der Konjunktur nicht gut tut.
Wie hoch könnten Tages- und Festgeldzinsen jetzt noch steigen?
Ich rechne die nächsten Wochen nicht mit steigenden Neukundenzinsen beim Tagesgeld. Der Mittelwert für Tagesgeld laut FMH-Index wird weiter leicht steigen, weil die Zinsen für die Bestandskunden leicht steigen werden.
Die aktuell höchsten Zinsen finden Sie im BÖRSE ONLINE Tagesgeld-Vergleich und im BÖRSE ONLINE Festgeld-Vergleich
Die EZB nähert sich mit diesem Schritt dem Zinsgipfel oder hat ihn schon erreicht. Wie sollten sich Sparer positionieren: zum Beispiel von Tages- auf Festgeld wechseln, und beim Festgeld: welche Laufzeiten sind sinnvoll?
Ja, wir nähern uns dem Ende der Leitzinserhöhungen, was auch für einen Wechsel von Tagesgeld ins Festgeld bedeuten könnte. Aber es ist noch lange nicht so, dass nach dem Gipfel die Zinsen gleich wieder abstürzen werden. Man kann in Ruhe nach einem sicheren Festgeld mit maximalen Zinsen sich umsehen und dabei auch längere Laufzeiten ins Auge fassen. Warum nicht für drei und fünf Jahre einen Teil des Geldes festlegen?
Wenn der Zinsgipfel erreicht ist – ab wann könnten die Tages- und Festgeldzinsen wieder sinken?
Die Zinsen sinken dann nicht wieder sofort, nur weil die EZB keine Erhöhungen mehr vornimmt. Die Inflation wird auch nicht gleich wieder fallen. Das dauert noch und somit haben wir auch noch nicht das wirkliche Ende der Leitzinserhöhungen gesehen. Vielleicht erfolgt die EZB-Leitzinserhöhung nicht mehr alle vier Wochen, sondern im längeren Abstand.
Was bedeutet die jüngste Zinsanhebung der EZB für die Bauzinsen?
Es ist schwierig zu beurteilen, denn die Bauzinsen werden bestimmt durch das Verhalten der Investoren – glauben sie, dass die EZB die Inflation langfristig drücken oder auch unten halten kann, sind sie mit weniger Rendite bei der Bundesanleihe und den Pfandbriefen zufrieden, dann bleiben auch die Bauzinsen auf dem aktuellen Niveau. Aber auch die wirtschaftliche Entwicklung in de Deutschland spielt eine Rolle bezüglich Vertrauen in den deutschen Staat. Es könnte gut sein, dass die Bauzinsen in nächster Zeit sich wieder im Durchschnitt bei 10 Jahre fest über die vier Prozent bewegen. Die Inflation ist nicht auf dem gewünschten Level und die Wirtschaftsaussichten sind nicht ganz so rosig, was wiederum zu höheren Bauzinsen führen könnte. Ich revidiere nicht meine Prognose von vor einigen Monaten, dass wir die fünf Prozent dieses Jahr noch sehen können.
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