Der aufwändige Umbau der Innenstadt-Kaufhäuser mit Shop-in-Shop-Läden und Aktionen wie "20 Prozent auf Unterwäsche" haben nichts genutzt. Die Galeria-Warenhäuser sind erneut in einer finanziellen Notlage. Erst Corona und nun die hohe Inflation sorgen für einen Käuferschwund. Berlin soll weiteres Geld nachschießen.
Erst am gestrigen Donnerstag wurde die Galeria-Filiale in der Gorkistraße in Berlin-Tegel nach langem Umbau neu eröffnet. Doch Deutschlands letzte große Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof befindet sich nach vielen Millionen an Staatshilfen "erneut in bedrohlicher Lage".
In einem Mitarbeiterbrief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, berichtete Chef Miguel Müllenbach, der Krieg in der Ukraine und die hohe Inflation hätten Galeria schwer getroffen und das Unternehmen bei seinen zunächst vielversprechenden Sanierungsbemühungen stark zurückgeworfen. In der vergangenen Woche hieß es in einem Brief an die Bundesregierung, man sei "in wirtschaftlichen Schwierigkeiten".
Hertie, Horton, Kaufhof, Karstadt – Deutschlands Kaufhäuser glänzten in den Aufschwungjahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Längst hat sich das Warenkonzept mit "alles in einem Haus" aber überholt. Einkaufserlebnisse mit Anfassen und Anprobieren wurden abgelöst durch E-Commerce und günstigen Online-Handel.
Mit 680 Millionen Euro vom Staat über Wasser gehalten
Das musste vor einigen Jahren auch Galeria-Karstadt-Kaufhof erkennen. Anfang November 2019 wurde die Galeria Kaufhof GmbH mit der Karstadt Warenhaus GmbH fusioniert und untner dem Dach der Signa Holding als Galeria Karstadt Kaufhof GmbH weitergeführt. Schon am 1. Juli 2020 wurde am Essener Landgericht für den Nachfolgekonzern ein Insolvenzverfahren angemeldet und Ende September 2020 erfolgreich abgeschlossen. Rund 40 Häuser wurden bundesweit geschlossen.
Der Staat half in den vergangenen zwei Jahren mit mehr als einer halben Milliarde Euro aus, die über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds flossen. Zudem wurden zwei Milliarden Euro Schulden gestrichen. Unter dem 'neuen' Namen "Galeria" wurden die großen Kaufhäuser in den Innenstädten aufwändig umgebaut. Ein Neustart.
Zu hohe Energiekosten
Seit der Corona-Pandemie hat man sich mit Erfolg strategisch neu aufgestellt, betonte Galeria-Chef Miguel Müllenbach gegenüber dem "Handelsblatt". "Seit Februar dieses Jahres ist jedoch – ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine – eine Situation eingetreten, in der das Konsumklima in Deutschland auf ein historisches Rekordtief eingebrochen, die Energiepreise dramatisch explodiert und die Inflation auf ein Rekordhoch gestiegen sind."
Das habe auch Galeria schwer getroffen. So müsse Galeria in den kommenden zwei Jahren über 150 Millionen Euro allein für Energie mehr aufwenden als bislang geplant. Das Stilllegen der Rolltreppen zum Energiesparen hilft nur wenig.
Die Menschen schränken sich in ihrem Konsum auf das Nötigste ein. Das gefährde die Zukunft des Unternehmens, so Müllenbach.
Aus Regierungskreisen verlautete am Freitag-Vormittag, dass Galeria erneut Staatshilfen beantragt hat.
Integrationstarifvertrag gekündigt
In der vergangenen Woche hatte die Handelskette den nach dem Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof geschlossenen Integrationstarifvertrag mit der Gewerkschaft Verdi einseitig gekündigt, um das Unternehmen "wieder insgesamt nachhaltig zu stabilisieren". Damit sei ein "Einfrieren" der Vergütung auf dem aktuellen Lohnniveau verbunden, hieß es.
Bei der Gewerkschaft Verdi sorgte das Vorgehen des Konzerns für Empörung. Die Verdi-Bundestarifkommission Galeria fordert das Management und den Eigentümer der Warenhauskette, den österreichischen Immobilien-Milliardär René Benko, auf, ihrer Verantwortung durch das Aufzeigen von Lösungen für die aktuelle Situation gerecht zu werden. "Probleme auf die Beschäftigten abzuwälzen, ist keine akzeptable Lösung", betonte die Gewerkschaft.
Letztlich dürften weitere Steuergelder kurzfristig wohl Arbeitsplätze retten. Das Sterben der Warenhäuser wird damit aber nur weiter hinausgezögert. Eine funktionierende Online-Strategie gibt es bis heute nicht.