Nach dem Zusammenbruch des Finanzinstituts Silicon Valley Bank garantieren das US-Finanzministerium, die Notenbank und die Einlagensicherungsbehörde gemeinsam sämtliche Einlagen. Darüber hinaus legte die Fed ein neues Kreditprogramm auf, um den Bankensektor mit Liquidität zu versorgen. Goldman Sachs rechnet zudem damit, dass die Fed ihre Zinserhöhungen aussetzt. Und die EZB?
Die Ökonomen der US-Bank Goldman Sachs erwarten, dass die jüngsten Vorfälle im US-Bankensystem die US-Notenbank dazu veranlassen dürften, ihren geldpolitischen Straffungszyklus in der kommenden Woche zu unterbrechen.
Goldman Sachs Chef-Ökonom Jan Hatzius sagte am Sonntag, dass er mit Blick auf den "jüngsten Stress im US-Bankensystem" nun "nicht mehr erwartet", dass die Federal Reserve die Zinssätze im März erhöhen wird.
Zuvor galt als sicher, dass die Fed nach ihrer Sitzung am 22. März eine weitere Zinserhöhung verkünden wird. Die meisten Marktakteure erwarteten zuletzt einen Aufschlag um 25 Basispunkte, auch ein Schritt um 0,5 Prozentpunkte wurde nicht ausgeschlossen.
Hatzius verweist zudem auf Unsicherheiten über weitere Zinsschritte in den kommenden Monaten. In einer Notiz fügte er hinzu, dass es nun "erhebliche Unsicherheit über den Weg über den März hinaus" gebe. Im Mai, Juni und Juli erwartet Goldman Sachs derzeit Erhöhungen von 25 Basispunkten auf eine Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent.
Zuvor hatten Hatzius und sein Team prognostiziert, dass die Zinserhöhungen der Fed ein Höchstniveau von 5,75 Prozent erreichen werden. Andere restriktive Prognosen erwarteten gar 6,00 Prozent.
Sämtliche Einlagen von Silicon Valley und Signature Bank sind geschützt
Das US-Finanzministerium hatte in der Nacht zum Montag gemeinsam mit der Federal Reserve und der Federal Deposit Insurance Corporation erklärt, es habe Maßnahmen ergriffen, um "die US-Wirtschaft zu schützen, indem es das Vertrauen der Öffentlichkeit in unser Bankensystem stärkt". Alle Einlagen bei der implodierten Silicon Valley Bank werden garantiert – einschließlich der Fonds, die nicht durch die US-Einlagensicherung von bis zu 250.000 Dollar pro Konto abgedeckt sind. Bereits ab dem heutigen Montag sollen Einleger auf ihr gesamtes Geld zugreifen können.
Ein ähnliches Rettungspaket wurde für Einleger der zuvor auf Krypto fokussierten Signature Bank angekündigt, die am Sonntag ebenfalls geschlossen und von den Aufsichtsbehörden übernommen wurde.
EZB dürfte nun mit Zinsanhebungen ebenfalls vorsichtiger werden
Der SVB-Zusammenbruch dürfte auch in Europa Folgen haben. Denn der größte Bankenkollaps in den USA seit der Lehman-Pleite verändert die Lage an den Märkten grundlegend. Zeigt er doch, dass die Zinswende der großen Notenbanken in den USA und Europa zur Eindämmung der hohen Inflation offenbar doch wirtschaftlichen Schaden anrichtet.
Denn die rasant gestiegenen Leitzinsen führen in den Anleihen-Portfolios vieler Banken auch hierzulande zu hohen Buchverlusten. Alte, niedrig verzinste Anleihen sind weniger wert sind als neue mit höheren Coupons. Gleichzeitig sinkt die Kreditvergabe stark – das Brot-und-Butter-Geschäft der meisten Banken. Die SVB konnte das nicht verkraften, da sie als Spezial-Bank für Technologie-Start-up-Firmen ein außergewöhnliches Klumpenrisiko gebildet hatte. Außerdem übertrafen die Einlagen das Kreditvolumen. Als es zu massenhaften Abhebungen kam, kollabierte die SVB.
EZB-Zinsanhebung fast sicher
Die Europäische Zentralbank EZB tagt bereits diesen Donnerstag. Und dürfte ihren Leitzins wie angekündigt anheben. EZB-Chefin Christine Lagarde, die sich am heutigen Montag mit Bundeskanzler Olaf Scholz trifft, wird ihre begleitenden Worte aber mit Bedacht wählen.
Edgar Walk von der Privatbank Metzler sieht die EZB am Donnerstag wegen der gestiegenen Inflationserwartungen weiterhin unter Zugzwang, um weiterhin als "kompromisslose Hüterin der Preisstabilität" wahrgenommen zu werden. Er rechnete am Freitag damit, dass die europäischen Zentralbanker den Leitzins auf mindestens 3,0 Prozent anheben wird.
"Mit den zuletzt aufgekommenen Sorgen vor einer Bankenkrise in den USA und dem erfolgten Anstieg der Risikoaversion sind die Erwartungen bezüglich der Zinserhöhungen reduziert", schreiben allerdings die Fachleute der Helaba in ihren Tageskommentar. Das wiederum könnte für die Märkte, die aktuell unter den hohen Unsicherheiten leiden, also auch positive Folgen haben. Weniger stark steigende Zinsen nehmen Druck von den Aktienkursen, die unter den erhöhten Anleiherenditen leiden.
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