In den vergangenen Jahren sind die Immobilien-Preise weiter gestiegen, zuletzt immer schneller. Eine Studie der Schweizer Großbank UBS warnt nun vor einem deutlich erhöhten Risiko einer Blase. In Deutschland sind vor allem die Metropol-Regionen Frankfurt und München betroffen. Das setzt am Mittwoch auch Immobilien-Aktien weiter unter Druck.

Billiges Geld und eine hohe Nachfrage haben die Immobilienpreise hochgetrieben. Frankfurt und München weisen nach Einschätzung der Schweizer Großbank UBS weltweit mit das höchste Risiko für eine Immobilienblase auf. Das Finanzzentrum am Main steht diesbezüglich auf Platz zwei nach Toronto.

Auch in München sei der Wohnungsmarkt stark überhitzt. Die Stadt liege, so das Ergebnis der Studie 'UBS Global Real Estate Bubble Index', unter allen 25 untersuchten Metropolen auf Platz vier, knapp nach Zürich.

Investoren sollten Vorsicht walten lassen

"Gerade Investoren, die aus Rendite-Überlegungen Käufe in diesen Regionen Deutschlands erwägen, sollten derzeit Vorsicht walten lassen", riet Maximilian Kunkel, UBS-Chefanlagestratege in Deutschland.

Die Bank errechnete in ihrem am Mittwoch veröffentlichten 'Global Real Estate Bubble Index' für Frankfurt einen Wert von 2,21 und für München von 1,80 – bei mehr als 1,5 Punkten besteht ein Blasen-Risiko. Als stark überbewertet jenseits von 1,5 Punkten gelten demnach auch Toronto, Amsterdam, Tokio, Vancouver und Hongkong. Als etwas weniger überhitzt sieht UBS etwa London, Paris, Los Angeles und Sydney (in der Grafik senffarben).

Bedingt durch niedrige Zinsen hätten sich die Eigenheimpreise in den vergangenen zehn Jahren stetig von den lokalen Einkommen und Mieten abgekoppelt, so die UBS. "Die Städte mit dem höchsten Blasenrisiko haben in diesem Zeitraum inflationsbereinigte Preisanstiege von durchschnittlich 60 Prozent verzeichnet, während die realen Einkommen und Mieten nur um etwa 12 Prozent gestiegen sind."

UBS.com
UBS Global Real Estate Bubble Index: Die größten Blasen-Risiken 2022

"Der Boom geht zu Ende"

Schon in den Vorjahren hatte die UBS eine akute Überhitzung für die Wohnungsmärkte in München und Frankfurt festgestellt. Betrachtet man jedoch, wie viel von ihrem Einkommen qualifizierte Arbeitnehmer für eine zentrumsnahe 60-Quadratmeter-Wohnung ausgeben müssen, stehen Frankfurt und München weit hinter Tokio, Hongkong, London und Paris.

In Frankfurt beobachtet die UBS nun eine Abkühlung des Marktes. In der Mainmetropole seien die zuletzt üblichen zweistelligen Preissteigerungen erstmals seit zehn Jahren zurückgegangen, hieß es. «Zwischen Mitte 2021 und Mitte 2022 stiegen die Immobilienpreise nur noch um rund fünf Prozentpunkte." Die Wohnungspreise in Frankfurt lägen dennoch mehr als 60 Prozent über dem Niveau von vor fünf Jahren.

München weise das höchste Preis-Miet-Verhältnis aus. Hier ist es im Verhältnis zum Mieten also besonders teuer, eine Immobilie zu kaufen. Nachdem sich die Preise im vergangenen Jahrzehnt mehr als verdoppelt hätten, schwäche sich das Wachstum auch hier auf rund fünf Prozent ab. "Der Boom geht zu Ende", sagte Kunkel mit Blick auf beide Städte.

Generell sieht die UBS die Immobilienmärkte vor einer Wende. Während die Zinsen rasant gestiegen seien und sich die Konjunkturaussichten eintrübten, schmälere die hohe Inflation die Kaufkraft der Haushalte. Damit sei der weiter robuste Arbeitsmarkt in vielen Städten die letzte Stütze des Eigenheimmarktes. Anders als viele Experten, die nur eine Abschwächung des Immobilienbooms erwarten, warnt die UBS vor heftigen Folgen: In vielen der sehr hoch bewerteten Städte sei in den nächsten Quartalen "mit erheblichen Preiskorrekturen zu rechnen".

TradingView
EuroStoxx Real Estate Futures Index

Immo-Aktien abgestuft

Die Sorgen vor steigenden Zinsen und um das verfügbare Einkommen möglicher Hauskäufer lässt auch die Aktien-Anleger im Immobilien-Sektor nicht los. Kurz bevor das Protokoll der jüngsten Fed-Notenbanksitzung und frische US-Inflationsdaten neue Eindrücke über den künftigen Zinskurs in den USA liefern werden, ging es für den europäischen Sektor-Index EuroStoxx Real Estate als Schlusslicht in der Sektorwertung um rund drei Prozent bergab (siehe Chart). Er orientierte sich damit an seinem Tief seit 2012, das Ende September erreicht wurde.

Besonders schwer erwischte es die Anleger von TAG Immobilien, nachdem die französische Investmentbank ihr Rating von "Outperform" auf "Underperform" gedreht hat. Die Titel des Wohnimmobilien-Unternehmens sackten prozentual zweistellig ab und markierten ein erneutes Tief seit 2012.

Zuletzt hatte die Aktie schon belastet, dass die Kreditrating-Agentur Moody's wegen Bedenken am Wert der Immobilien das Investment-Grade-Rating für TAG Immobilien entzogen hat. Dies sei enttäuschend und langfristig belastend, urteilte Analyst Sander Bunck von der britischen Investmentbank Barclays am Vortag.

Aber auch andere Immobilien-Aktien verzeichneten am Mittwoch deutliche Verluste: Titel des DAX-Konzerns Vonovia büßten mehr als vier Prozent ein und im MDax versammelten sich mit Aroundtown, LEG und Deutsche Wohnen weitere Werte mit größeren Abschlägen von bis zu über vier Prozent unter den Verlierern. Im SDax traf es die Titel des Projektentwicklers Instone Real Estate mit einem weiteren Kursrutsch, und zwar in Höhe von gut zehn Prozent.

Goldman Sachs senkt Erwartungen

Die Analysten von Goldman Sachs nahmen das aktuelle wirtschaftliche Umfeld zum Anlass, um am Mittwoch ihre Erwartungen an den Wert des Netto-Sachvermögens der Sektorwerte weiter zu kürzen. Umgekehrt erhöhte das Team um Analyst Jonathan Kownator seine Erwartungen an die gewichteten Kapitalkosten, während die Ökonomen der US-Bank ihre Zinsprognosen für die Europäische Zentralbank und die Bank of England nach oben schraubten.

In der Folge wurde von Goldman Sachs für einige Werte das Kursziel gekürzt, darunter Aroundtown, LEG, Vonovia und Grand City Properties. Abstufungen auf "Sell" beziehungsweise "Neutral" gab es hingegen für die französischen Unternehmen Icade und Covivio, deren Kurse am Mittwoch in Paris auch sehr deutlich um bis zu sechs Prozent absackten. (Mit Material von dpa-AFX)