Die Zwischenwahlen in den USA sind gelaufen. Die Republikaner übernehmen die Kontrolle im Repräsentantenhaus – wenn auch nur knapp. In den Senatswahlen sind sie zugleich gescheitert. Die Unsicherheit ist auf jeden Fall weg. Am Aktienmarkt dürfte es weiter aufwärts gehen, sagt US-Investor Ken Fisher und hat noch einen wichtigen Rat für Anleger.
Nach den Ergebnissen der US-Zwischenwahlen kann der Kongress zwar nicht mehr ohne weiteres große Gesetze durchbringen. Doch die Zeit danach ist für die Aktienmärkte eine gute Zeit. Das bestätigte auch Kenneth Fisher, Milliardär und Chef von Fisher Investments im Interview mit n-tv im November.
n-tv: Welche Auswirkungen haben die Zwischenwahlen auf den Aktienmarkt?
Ken Fisher: Zwischenwahlen verringern oft die Fähigkeit des Kongresses große Gesetze zu verabschieden. Doch die neun Monate vom 1. Oktober bis zwei Quartale nach den Zwischenwahlen sind am Aktienmarkt profitable Zeiten. 92 Prozent dieser Perioden waren seit 1925 positiv, und niemals negativ seit dem 2. Weltkrieg. Die Renditen in diesen neun Monaten lagen durchschnittlich bei 20 Prozent. Das ist eine starke Periode.
Dieses Wunder der Zwischenwahlen greift auch auf Deutschland über, quer durch Europa und die ganze Welt. Ich denke, wir haben einen neuen Bullenmarkt begonnen. Aber natürlich könnte ich damit auch falsch liegen.
Meiste Experten rechnen für kommende Jahr mit Rezession. Stimmen Sie dem zu?
Nein, ich glaube nicht, dass es zu einer Rezession kommt. Sie wird ja im Nachhinein bestimmt, zum Beispiel vom National Bureau of Economic Research. Und die verwenden nicht die Zwei-Viertel-Definition. Selbst wenn wir einen kleinen Rückgang der Wirtschaftsleistung über zwei Quartale bekämen, sollte das nicht als Rezession bezeichnet werden. Eine reale Rezession ist ein signifikanter Rückgang des BIP über einen längeren Zeitraum.
Dennoch nicht die einfachste Zeit für Investoren. Welchen Rat haben Sie für Anleger?
Warren Buffetts Zitat, dass man gierig sein sollte, wenn der Markt ängstlich ist und ängstlich, wenn andere gierig sind, passt sehr gut, wenn auch nicht perfekt. Tatsache ist, dass die Menschen derzeit eher ängstlich als gierig sind. Und deshalb ist mein Rat an die Anleger, dass sie gieriger sein sollten. Immer wenn es einen Bärenmarkt gibt, haben Sie – unabhängig davon, was zwischenzeitlich passiert – in der Regel nach ein, zwei Jahren ziemlich gute Renditen. Darauf sollte man schauen.
Sei gierig, wenn andere sich fürchten, und fürchte dich, wenn andere gierig werden.
Mit dem Blick auf Europa: Was erwarten Sie hier unter Berücksichtigung von Energiekrise und Krieg in der Ukraine?
Die europäische Wirtschaft dürfte schwächer sein, als die in Nordamerika oder Asien. Aber eigentlich sollte es auch hier keine Rezession geben. Aber: Die Inflation wird wahrscheinlich hartnäckiger sein, als die Leute denken. Ich vermute, dass wir eine anhaltende Inflation bis weit ins nächste Jahr sehen.
Auch BÖRSE ONLINE hält es für wahrscheinlich, dass die Aktienmärkte mittelfristig höher als heute stehen. Das Motto von Warren Buffett sollte aber nicht als grundsätzliche Aufforderung verstanden werden, sich inmitten einer Krise Hals über Kopf in den Markt zu stürzen. Bei allen weiterhin bestehenden Unsicherheiten durch Energieknappheit, hoher Inflation, Ukraine-Krieg und wirtschaftlichen Risiken in China bleiben die Chancen mittelfristig größer als die Risiken.