Banken und Kunden streiten vor Gericht, welche Gebühren für Kontenguthaben zulässig sind. Diese Verfahren sind jetzt wichtig.
Fall 1: Sind Kontogebühren ohne Zustimmung des Kunden erlaubt?
Der Hintergrund:
Bei Girokonten erhöhen vielen Geldinstitute die Gebühren ohne ausdrückliche Zustimmung ihrer Kunden. Der Bundesgerichtshof (BGH )hatte aber bereits im Jahr 2021 sogennante Zustimmungsfiktionsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)n für unwirksam erklärt: Derartige Regelungen in Kontoverträgen seien zu weitreichend und würden Kunden unangemessen benachteiligen. Viele Verbraucher konnten daraufhin Gebühren zurückverlangen. Nach einer Umfrage des Vergleichsportals Verivox vom April 2024 forderten von den betroffenen 40 Prozent der Bankkunden aber bisher lediglich elf Prozent zu Unrecht erhobene Gelder von den Banken zurück.
Die aktuelle Entscheidung:
Mit einem neuen Grundsatzurteil hat hat der BGH die Rechte von Bank- und Sparkassenkunden erneut gestärkt. Geldinstitute, die Gebühren auf der Grundlage unwirksamer Vertragsklauseln erheben, sind demnach auch viele Jahre später noch zur Rückzahlung verpflichtet (Az. XI ZR 139/23). Im nun entschiedenen Musterfall hatte eine Sparkasse ohne die ausdrückliche Zustimmung eines Kunden Anfang des Jahres 2018 damit begonnen, Gebühren für dessen Girokonto abzubuchen. Der Kontoinhaber legte dagegen im Juli 2021 Widerspruch ein und forderte anschließend vor Gericht eine Rückzahlung der von 2018 bis 2021 erhobenen Entgelte – in letzter Instanz mit Erfolg.
Die Urteils-Begründung:
Die BGH-Richter sprachen ihm eine Rückzahlung in voller Höhe von 192 Euro zu. Zudem verpflichteten sie die Sparkasse, dem Kläger jeden weiteren künftigen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Einziehung nicht vereinbarter Bankentgelte nach dem Jahr 2021 entstehe. Der Umstand, dass ein Kunde die zu Unrecht erhobenen Gebühren mehr als drei Jahre lang widerspruchslos zahlte, führe nicht dazu, dass die Sparkasse das Geld behalten dürfe, urteilte der für Bankenrecht zuständige 11. Zivilsenat in Karlsruhe. Eine bei Energielieferungsverträgen angewandte sogenannte Dreijahreslösung des BGH finde hier keine Anwendung, stellten die Bundesrichter ebenfalls klar.
Fall 2: Sind Strafzinsen auf Kundenguthaben zulässig?
Der Hintergrund:
Bis sich die Europäische Zentralbank im Juli 2022 von Negativzinsen verabschiedete, mussten Geldinstitute 0,5 Prozent Zinsen.a. auf Guthaben zahlen, die sie traditionell in Frankfurt parken. Die Kosten dafür reichten viele Banken bis dahin an ihre Kunden in Form von „Verwahrentgelten“ weiter. Bis heute beharrt eine Reihe von Instituten darauf, dass diese strittigen Bestimmungen als sogenannte Preishauptabreden von der Vertragsfreiheit zwischen Bank und Kunde gedeckt sind.
Die Entscheidung:
Das Oberlandesgericht Frankfurt wies eine Berufungsklage der Verbraucherzentrale Hamburg gegen die Commerzbank ab. (Az. 3 U 286/22). Diese hatte in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis sowie in den Preisaushängen an ihren Filialen derartige Strafzinsen verankert. Die von den Verbraucherschützern bemängelten Bestimmungen sahen ein Entgelt von 0,5 Prozent pro Jahr auf Spareinlagen vor. Neukunden mussten diese Gebühr oberhalb eines persönlichen „Freibetrags“ von 50 000 Euro entrichten, für Bestandskunden war er erst nach Ausschöpfung eines Freibetrags von bis zu 250 000 Euro fällig. Diese Klauseln unterlägen „nicht der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen“ und seien „weder intransparent noch überraschend“, befanden die Richter in zweiter Instanz.
Das zu erwartende Grundsatz-Urteil:
Endgültig in der Rechtsfrage entscheiden wird voraussichtlich erst der Bundesgerichtshof: Das Oberlandesgericht Frankfurt hat die Revision zugelassen. Die obersten Zivilrichter würden dann klären, ob Verwahrentgelte – wie von den Verbraucherschützern moniert – „intransparent und unvereinbar mit dem Charakter von Sparverträgen sind“. Zudem müssen sie eine Grundsatzentscheidung treffen, ob Bankkunden, die schon auf Guthaben keine Zinsen erhalten, zusätzlich eine Gebühr darauf an ihre Bank zu entrichten haben. Der Ausgang eines möglichen Revisionsverfahrens ist offen. In einem ähnlich liegenden Fall zu Zinsanpassungsklauseln bei Prämiensparverträgen urteilte der BGH zugunsten der Verbraucher (Az. XI ZR 257/21).
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