Erstmals nach zehn Erhöhungen in Folge lässt die EZB die Leitzinsen konstant. Warum Tages- und Festgeldzinsen trotzdem noch steigen könnten, verrät ein Experte

Interview mit Sebastian Schick vom Verbraucherportal biallo.de


BÖRSE ONLINE: Die EZB macht erstmals seit Mitte 2022 bei den Zinsanhebungen Pause. Ist jetzt auch bald Schluss mit immer höheren Tages- und Festgeldzinsen?

Sebastian Schick: Eine Zinspause der Europäischen Zentralbank nach zehn Zinserhöhungen in Folge wird noch keine Trendwende bei den Sparzinsen einläuten. Schließlich ist der Wettbewerb unter den Banken nach wie vor hoch. Die Geldhäuser sind im Hinblick auf ihre Refinanzierung auf ein stabiles Einlagengeschäft angewiesen.

Also könnten die Zinsen noch weiter steigen?

Die historische Datenlage zeigt: Selbst in der bislang längsten Zinspause der EZB, die von Mitte 2007 bis Mitte 2008 andauerte, stiegen die Zinsen für Tages- und Festgeld innerhalb dieses Zeitraum weiter an, wenn auch in etwas gebremster Dynamik. Damals verharrte der Einlagensatz fast ein Jahr lang bei 3,00 Prozent, sprich einen Prozentpunkt niedriger als jetzt. Und trotzdem kletterten die Tagesgeld- und Festgeldzinsen im Schnitt noch mal um jeweils rund einen halben Prozentpunkt nach oben.

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Es wird damit gerechnet, dass die Notenbanken im Lauf des kommenden Jahres mit ersten Zinssenkungen beginnen. Fallen dann auch sofort die Tages- und Festgeldzinsen?

Sobald die Notenbanken die ersten Zinssenkungen einläuten, würde das unmittelbare Auswirkungen auf die Sparzinsen haben. Dabei zeigt sich in der Regel, dass die Zinsen für kürzere Laufzeiten stärker fallen als die längeren Laufzeiten, wenn sich eine inverse Zinsstruktur wieder auflöst.

Wie sollten sich Anleger in diesem Umfeld bei Tages- und Festgeldangeboten positionieren?

Wer sich die Option wahren will, an weiteren Zinssteigerungen beim Tages- und Festgeld zu partizipieren, kann seinen Anlagebetrag splitten und dabei das liquidere Tagesgeld höher gewichten. Dadurch bleiben Sparer flexibel und können das Geld jederzeit in längere Festgeld-Laufzeiten umschichten, sobald erste Zinssenkungen der Notenbanken wahrscheinlicher werden. Bei der Consorsbank sind für Neukunden zum Beispiel aktuell 4,0 Prozent möglich, für sechs Monate garantiert. Die Klarna bietet für sechsmonatiges Festgeld mit 4,10 Prozent zwar einen Tick mehr, allerdings ist man über den Zeitraum dann auch gebunden und kann nicht mehr so flexibel reagieren. Eine gute Option ist derzeit auch das sogenannte Flexgeld, auch Kündigungsgeld genannt. Bei der CA Auto Bank zum Beispiel ist der Zinssatz beim „Festgeld Plus“ für vier Jahre lang festgeschrieben. Anleger können den Vertrag aber jederzeit mit einer Frist von 32 Tagen kündigen, ohne dass der Zinssatz sinkt. Dadurch erhält man ähnliche Flexibilität wie beim Tagesgeld bei leicht höheren Zinsen und erweitert seinen Handlungsspielraum.

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Bei der PBB direkt gibt es ein Festgeldangebot: Dauer 10 Jahre, 4,25 Prozent Zins pro Jahr. Ist das Angebot lukrativ, wenn ein Sparer sich die gegenwärtigen Zinsen längerfristig sichern will? Oder sollte er auf noch höhere Zinsen warten?

Angesichts der hohen Einlagensicherung der PBB Direkt, die neben der gesetzlichen Sicherung von 100.000 Euro pro Kunde zusätzlich mit bis zu fünf Millionen Euro pro Sparer über den Bankenverband geschützt ist, ist das Angebot nicht nur wegen der Zinsen sehr attraktiv. Von daher kann es durchaus Sinn machen, sich mit einer kleineren Tranche von beispielsweise 10 bis 20 Prozent jetzt das aktuelle Zinsniveau von 4,25 Prozent langfristig zu sichern. Dass die Inflationsrate über die nächsten zehn Jahre im Schnitt noch höher ausfällt, darf zumindest bezweifelt werden. Daher ist das Angebot der PBB Direkt zum jetzigen Zeitpunkt aus unserer Sicht durchaus einen Blick wert.

Wenn die Notenbankzinsen ab 2024 wieder sinken – ab wann sinken dann die Bauzinsen?

Das lässt sich leider nicht verallgemeinernd beantworten, da bei den Bauzinsen primär die Bundrenditen den Takt vorgeben. Diese entwickeln sich nicht eins zu eins mit den Notenbankzinsen, sondern können stärker schwanken. Zu welchen Konditionen institutionelle Investoren bei möglichen ersten Zinssenkungen der EZB bereit sind, dem Bund in Krisen- und Rezessionszeiten Geld zu leihen, wird sich noch zeigen. So sind die Bundrenditen zum Wochenauftakt bereits kurzzeitig über die Drei-Prozent-Marke gesprungen, obwohl sich bei der EZB eine mehrmonatige Zinspause anbahnt. Sollte diese Marke in den nächsten Wochen nachhaltig übersprungen werden, dann dürften auch die Bauzinsen ihren Aufwärtstrend erst einmal fortsetzen.

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