Vorsicht ist an den Börsen immer geboten. Doch es ist falsch, ängstlich am Seitenrand zu stehen und nichts zu tun. Natürlich birgt unsere heutige Welt viele Gefahren (Handelskonflikte, Brexit, Krieg in Nahost - und nun das Coronavirus), der Grundstein für besonders hohe Gewinne wurde in der Vergangenheit aber immer in psychologisch schwierigen Situationen gelegt. So auch 2009, als das Wirtschaftswachstum um fünf Prozent eingebrochen war und die Bundeskanzlerin versichern musste, dass die Spareinlagen der Bürger sicher seien (Oktober 2008). Während Cash und Anleihen nur ein Schuldrückzahlungsversprechen darstellen, sind Aktien Investitionen in Sach- und Humankapital, die langfristig immer an Wert gewinnen werden. Stärkere Einbrüche sind deshalb als Kaufgelegenheiten zu sehen, in haussierenden Märkten sollten dagegen Cashreserven von zehn bis 25 Prozent für eben solche Chancen gehalten werden.
Passive Strategien können als Momentumwette auf die höchstkapitalisierten Unternehmen der Welt betrachtet werden. So ist das Indexing nichts anderes als eine regelbasierte Strategie, die besagt: "Bevorzuge Unternehmen mit einer möglichst hohen Marktkapitalisierung." Die Folge ist ein stark prozyklisches Anlageverhalten. Je besser sich eine Aktie in der Vergangenheit entwickelt hat, desto höher wird sie im Index gewichtet. Japanische Aktien hatten Mitte der 80er-Jahre beispielsweise einen Anteil von circa 40 Prozent am MSCI World und zur Jahrtausendwende wurde der Weltindex von Internetwerten (circa 30 Prozent) dominiert. Die Konsequenzen des jeweils folgenden Absturzes waren gravierend. Zurzeit machen amerikanische Titel circa 60 Prozent des MSCI aus, wobei fünf Unternehmen (Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon und Facebook) für zusammen mehr als zehn Prozent der Gesamtgewichtung stehen. Man sollte daher versuchen, kosteneffiziente und marktbreite Strategien (Core Investments) und spezialisierte, aktiv gemanagte Fonds (Satellite Investments) zu kombinieren, um so geografische und branchenspezifische Klumpenrisiken zu reduzieren.
Für die Realisierung eines effizienten Rendite-Risiko-Profils ist eine möglichst breite Streuung des angelegten Vermögens erforderlich. Dies gilt nicht nur hinsichtlich verschiedener Assetklassen, sondern auch in Bezug auf Branchen und Regionen beziehungsweise Länder. Letzteres vernachlässigen Anleger oft, da sie dem sogenannten Home Bias unterliegen. So dürfte sich das Aktiendepot vieler Leser mindestens zur Hälfte aus heimischen Titeln zusammensetzen, während der Anteil deutscher Aktien an der weltweiten Marktkapitalisierung gerade mal bei circa vier Prozent liegt. Durch den Home Bias verschenken Anleger wichtige Diversifizierungspotenziale. Denn nationale Alleingänge bei der Klimapolitik, ein einseitiger Atomausstieg, Handelskriege oder auch demografische Faktoren können die Unternehmensgewinne regional stark unterschiedlich beeinflussen.
Das aktuelle Zinsniveau begünstigt die Verschuldung und erhält unprofitable Unternehmen am Leben. Um böse Überraschungen im Portfolio langfristig zu vermeiden, sollten vernünftige Eigenkapitalquoten bei der Aktienauswahl eine wichtige Rolle spielen, denn unerwartete Zinserhöhungen können hochverschuldete Firmen schnell in eine gefährliche Schieflage bringen.
Rohstoffe und Rohstoffaktien, die über viele Jahre hinweg nur Abwärts- und bestenfalls Seitwärtsphasen durchlaufen haben, scheinen ihren Winterschlaf gerade zu beenden. Dabei reicht die Palette der signifikanten Preissteigerungen inzwischen von Gold über Palladium (mehr als 100 Prozent in den jüngsten 13 Monaten) bis hin zu einigen Agrarrohstoffen (etwa Kakao, Milch, Zucker). Da die Gruppe der Rohstoffe und Rohstoffaktien aber alles andere als homogen ist, und so auch nicht im Gleichklang steigt oder fällt, ist auf eine Mischung zu setzen. Dabei sollte die Portfoliogewichtung derzeit mindestens zehn Prozent ausmachen.
Über Armin Sabeur
Der studierte Betriebswirt (CFA) ist als Vorstand und Portfoliomanager für die Optinova tätig. Die im Jahr 2012 gemeinsam mit einem Großinvestor aus der deutschen Werkzeugindustrie gegründete Fondsgesellschaft verwaltet aktuell drei Investmentfonds mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Diese richten sich insbesondere an institutionelle Investoren und wohlhabende Privatanleger.