Der Goldpreis hat in den vergangenen Tagen deutlich zugelegt und den höchsten Stand seit drei Monaten erreicht. Das Edelmetall nähert sich wieder der Marke von 1.800 Dollar je Feinunze. Gleich mehrere Faktoren stützen den Kursaufschwung. BÖRSE ONLINE nennt fünf Faktoren, die das Gold stützen und gibt einen Ausblick, wie es weitergehen könnte.
Das Jahr 2022 ist für Gold-Anleger bislang nicht gut gelaufen. Nach einem Jahreshoch bei gut 2.060 Dollar im März nach der russischen Invasion in die Ukraine sackte der Goldpreis bis auf etwa 1.620 Euro ab. Die Zinserhöhungen der Notenbanken vertrieben viele Goldinvestoren. Doch seit Anfang November geht es mit dem Goldpreis wieder nach oben. In dieser Zeit
hat das Edelmetall etwa neun Prozent gewonnen, während sich die
Zinserwartungen abgeschwächt haben. Fünf Gründe stützen den Goldpreis derzeit.
Rückläufige Verbraucherpreis-Steigerungen
Nachdem die Inflation in den USA im Oktober niedriger als erwartet ausgefallen ist, wird am Markt mit schwächeren Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed gerechnet. Die Aussicht auf weniger stark steigende Zinsen stützt die Nachfrage nach dem Edelmetall, hieß es von Marktbeobachtern. Zeitweise kletterte der Preis für eine Feinunze (31,1 Gramm) an der Börse in London in dieser Woche auf bis zu 1786 US-Dollar. So hoch stand der Goldpreis seit Mitte August nicht mehr.
Erzeugerpreise steigen in den USA weniger als befürchtet
Am gestrigen Dienstag sorgten weitere Preisdaten aus den USA für eine Verstärkung der Spekulation, dass die Fed den Leitzins künftig weniger stark erhöhen muss, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Im Oktober hat sich der Preisauftrieb auf Herstellerebene weiter abgeschwächt. Die Jahresrate fiel mit 8,0 Prozent überraschend niedrig aus. Erwartet wurden zuvor 8,3 Prozent. Die Erzeugerpreise beeinflussen die Verbraucherpreise, an denen die US-Notenbank ihre Geldpolitik ausrichtet.
Am Markt wird immer stärker darauf spekuliert, dass die Inflation ihren Höhepunkt überschritten haben könnte. In den vergangenen Monaten hatte ein starker Anstieg der Kapitalmarktzinsen die Investoren noch verstärkt in festverzinsliche Papiere gelockt, während die Nachfrage nach Gold vergleichsweise schwach gewesen war.
Geopolitische Spannungen
Am Dienstag-Abend ist zudem die Angst vor einer Ausweitung des Ukraine-Kriegs zurückgekehrt und sorgte für Gold-Käufe. Eine Rakete war im Nato-Mitgliedsland Polen eingeschlagen. Diverse Krisen-Meetings wurden einberufen, auch die Nato-Verbündeten trafen sich in Brüssel zu Beratungen. Nach vorläufigen Analysen sei der Vorfall wahrscheinlich durch eine ukrainische Flugabwehrrakete verursacht worden, die gegen russische Angriffe mit Marschflugkörpern eingesetzt worden sei, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Dennoch erinnern sich einige Anleger an den Status von Gold als "sicheren Hafen".
Notenbanken stocken Reserven auf
Der US-Dollar neigte in den vergangenen Monaten zur Stärke, was Druck auf den Goldpreis ausübte. Diesen Preisrutsch nutzten jedoch mehrere Notenbanken zum Aufstocken ihrer Goldreserven. Der weltweit zweitgrößte Goldkäufer unter den Zentralbanken war dabei Usbekistan. Die ehemalige Sowjetrepublik hat ihren Anteil des Edelmetalls an seinen 32-Milliarden-Dollar-Reserven mittlerweile auf fast zwei Drittel erhöht, berichtete Bloomberg. Nur Venezuela hielt mit 82 Prozent Anfang November einen noch höheren Gold-Anteil in den staatlichen Währungsreserven.
Charttechnische Faktoren
Last but not least sorgen wohl auch computergestützte Kaufprogramme für eine erhöhte Gold-Nachfrage. Denn der Goldpreis hat sowohl seinen Abwärtstrend seit Frühjahr nach oben verlassen, als auch den Chart-Widerstand bei 1.730 Dollar überwunden.
So könnte es weitergehen
Chris Weston, Chefanalyst bei Pepperstone sieht kurzfristig günstige Bedingungen für Gold. Ein möglicher Test der 1.800-Dollar-Marke und darüber hinaus dürfte bevorstehen. Der Monat Dezember wird indes laut Weston voraussichtlich "sehr lebhaft" sein.
Das Maß für die erwartete Volatilität von Gold werde stark abhängen von den amerikanischen Arbeitsmarktdaten am 3. Dezember, von den US-Inflationsdaten für November am 14. Dezember und von der FOMC-Sitzung am 15. Dezember. "Diese Periode wird für Gold sehr lebhaft – auch für den US-Dollar, die Zinsen und den Nasdaq 100", so Weston. Vor allem die weitere Entwicklung des US-Dollar gegenüber anderen wichtigen Währungen, die kürzlich die Rally des Goldpreises stützte, müsse beobachtet werden.
Überspringt der Goldpreis die Marke von 1.800 Dollar nachhaltig, "wird Gold ein großartiges Jahr 2023 haben", prognostizierte der Experte.