(Goldpreis: 1280 Dollar je Feinunze Gold; Stand 17.05.2016)

Dirk Müller, Fondsmanager, Börsenbuchautor und Gründer des Finanzinformationsportals Cashkurs.com

1) Was sind die Gründe für die kräftige Goldpreiserholung seit Jahresanfang?


Der zyklische Abverkauf seit 2011 scheint beendet, Sachwerte und Bargeldalternativen sind wieder gefragter. Der negative Zins macht (negativ-)zinslose Anlagen attraktiver.

Der zyklische Abverkauf seit 2011 scheint beendet.
Dirk Müller, Fondsmanager, Börsenbuchautor und Gründer des Finanzinformationsportals Cashkurs.com.


2) Wird sich die Erholung fortsetzen?


Das muss ein Schamane beantworten. Es sieht zumindest besser aus als in den letzten fünf Jahren.

3) Sollten Anleger Gold im Depot haben? Wie hoch sollte der Anteil sein?


Auf jeden Fall und aus verschiedenen Gründen: vom Schutz vor Geldentwertung über die Wirkung als "Selbstdisziplinierer" bis zum "Gut-Schlaferle" auch für ruppige Zeiten. 10 bis 20 Prozent des liquiden Anlagevermögens sind ein guter Anhaltswert.

4) Welche Anlageklasse sollten Goldanleger bevorzugen: Aktien, Fonds, ETFs, Derivate oder physisches Gold?


Physisches Gold in klassischen Münzen zu obigen Zwecken, Minenaktien als Turbo-Spekulation für die Spielbegeisterten.

5) Wo steht der Goldpreis Ende 2016?


Ich darf an dieser Stelle noch mal an den ortsansässigen Schamanen verweisen.

Auf Seite 2: Prof. Max Otte





Prof. Max Otte, Fondsmanager, Börsenbuchautor, Gründer des Instituts für Vermögensentwicklung IFVE und Herausgeber des Börsenbriefs DER PRIVATINVESTOR

1) Was sind die Gründe für die kräftige Goldpreiserholung seit Jahresanfang?


Irgendwann wurde es Zeit. Außerdem hatte Goldman Sachs vor einigen Jahren 1000 bis 1050 Dollar als (unteres) Kursziel angegeben. Wir konnten also sicher sein, dass Gold nicht so tief fällt. Nun hat Blackrock sich im großen Stil bei Gold eingekauft.

2) Wird sich die Erholung fortsetzen?


Ja.

3) Sollten Anleger Gold im Depot haben? Wie hoch sollte der Anteil sein?


Ja. Das kommt ganz auf den persönlichen Bedarf an. Wer weniger als fünf Prozent hält, handelt strafbar gegen sich selbst. In Einzelfällen kann es bis zu 1/3 des Vermögens gehen.

Wer weniger als fünf Prozent hält, handelt strafbar gegen sich selbst.
Max Otte, Fondsmanager, Börsenbuchautor, Gründer des Instituts für Vermögensentwicklung IFVE und Herausgeber des Börsenbriefs DER PRIVATINVESTOR.


4) Welche Anlageklasse sollten Goldanleger bevorzugen: Aktien, Fonds, ETFs, Derivate oder physisches Gold?


Physisches Gold. Nur das Edelmetall selber hat alle Vorzüge einer Versicherung.

Auf Seite 3: Robert Halver





Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank

1) Was sind die Gründe für die kräftige Goldpreiserholung seit Jahresanfang?


Krise ist der beste Freund des Goldes. Und Krisen gibt es genug. Der Konflikt des Westens mit Russland schwelt immer noch. Hinzu kommt die Terrorgefahr. Daneben ist die EU angeschlagen wie ein taumelnder Boxer. Die EU ist zwar der größte Wirtschaftsraum der Welt, aber politisch unfähig - zum Beispiel in puncto Bewältigung der Flüchtlingskrise - eine gemeinschaftliche Lösung zu finden. Und wenn Großbritannien Ende Juni "Goodbye" zur EU sagt, ist die europäische Familie im Vergleich zu Amerika und den Schwellenländern noch schwächer.

Daneben ist die Stabilität in Europa kein brüllender Löwe mehr, sondern nur noch ein Bettvorleger im Schlafzimmer des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Nur um Griechenland in der Eurozone zu halten, da ansonsten der vorhandenen Eurosklerose noch mehr Vorschub geleistet würde, erhält Griechenland im Rahmen eines stinkendfaulen Schuldenkompromisses die nächste Kreditzahlung.

Im Übrigen bleibt die hohe Staatsverschuldung ein Charakteristikum Europas. Denn wenn die Privatwirtschaft wegen wirtschaftspolitischer Reformunfähigkeit kastriert wird, muss der Staat mit Schulden den Ersatzliebhaber spielen.

Und jetzt kommt die Geldpolitik ins Spiel. Mit ihren Anleiheaufkäufen werden die Staatsanleiherenditen solange gedrückt, bis sie den Finanzministern nicht mehr wehtun. Für das immer höhere Bonitätsrisiko gibt es also immer weniger Entschädigung durch Rendite. Denn wo keine Schuldzinsen, da auch keine Anlagezinsen.

In unserer Romanischen Schuldenunion ist Zinssparen zum Masochismus geworden. Grundsätzlich haben Zinspapiere damit ihren früheren Zinsvorteil gegenüber physischem Gold - das keine Jungen bekommt - verloren. Für Gold spricht nicht zuletzt das Knappheits-Argument. Während die mit Zentralbankgeld finanzierten Staatsschulden ein Weltmeer füllen könnten, passt Gold in einen Putzeimer. Und Finanz- und Geldpolitik denken gar nicht an die Trockenlegung der Schuldensümpfe.

Krise ist der beste Freund des Goldes. Und Krisen gibt es genug.
Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank.


2) Wird sich die Erholung fortsetzen?


Grundsätzlich verfügt keine andere Anlageklasse über mehr Argumente für steigende Preise als Gold. Eine weitere fundamental vollkommen gerechtfertigte, dramatische Aufwärtsbewegung von Gold, die auch die Höchstständen von 2011 mühelos hinter sich lässt, ist aber nicht zu erwarten.

Denn da steht jemand auf der Bremse. Und dieser "Jemand" ist die Geldpolitik mit ihrem großen Plattfuß. Notenbanken sind nicht nur gute Zins-, sondern auch Meister in der Disziplin "Goldpreisdrückerei". Das machen sie allerdings nicht selbst. Diese "Drecksarbeit" überlassen sie "befreundeten" Geschäftsbanken, die jedoch mit viel Zentralbankgeld den Goldpreis über die Terminmärkte möglichst in Mollstimmung versetzen.

Aus Sicht der Notenbanken macht die Goldpreismanipulation viel Sinn. Denn bei ihrer Rettung des Weltfinanzsystems seit 2008 mit "Geld" kann man keine Konkurrenzwährung "Gold" gebrauchen, die die Wirkung der Geld-Mission ähnlich behindern würde wie alkoholfreies Bier die Stimmung auf einem Junggesellenabschied. Denn ein massiv ansteigender Goldpreis könnte dem schnöden Mammon Geld das Vertrauen entziehen und Gold als Geldscheinersatz bzw. Silber als Hartgeldersatz im Rahmen einer Tauschwirtschaft hoffähig machen. Die Notenbank als Geld-Casanova wird selbstverständlich alles dafür tun, um leistungsstark zu bleiben.

Und wenn man Gold gegenüber immer noch skeptisch ist, hilft vielleicht der Blick auf das Anlageverhalten der Notenbanken. Ähnlich wie Eichhörnchen Haselnüsse bunkern, bauen sie ihre Goldbestände seit 2008 wieder deutlich auf. Haben Sie selbst kein großes Vertrauen in ihre Rettungsmission? Haben sie Sorge vor den real existierenden Problemen unserer Finanzwelt?

Notenbanken sind nicht nur gute Zins-, sondern auch Meister in der Disziplin "Goldpreisdrückerei".
Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank.


3) Sollten Anleger Gold im Depot haben? Wie hoch sollte der Anteil sein?


Gegen einen Anteil in Gold bis zu 10 Prozent des liquiden Vermögens ist nichts einzuwenden.

4) Welche Anlageklasse sollten Goldanleger bevorzugen: Aktien, Fonds, ETFs, Derivate oder physisches Gold?


Zur Absicherung gegen längerfristige Systemrisiken macht es grundsätzlich Sinn, auch bei der konkreten Anlageform auf Nummer sicher zu gehen, also die physische Form von Gold zu wählen. Physisches Gold heißt für mich, vor allem maximal die handliche 1-Unzen-Form zu wählen. Denn wie will man mit einem Kilo Gold Güter des alltäglichen Bedarfs bezahlen? Will man immer die Metallreibe bei sich tragen? Auch bei der Verwahrstätte geht es um Sicherheit. Dieser Ort sollte mit nicht allzu großen Anstrengungen erreichbar sein. Wenn es hart auf hart kommt, könnten Lagerstätten im Ausland politisch schwer zugänglich werden.

Physisches Gold ist m.E. auch gegenüber Goldminenaktien im Vorteil. Denn bei ihnen kommen die typischen Risiken einer Aktie hinzu: Arbeitet das Unternehmensmanagement effizient? Betreibt es eine vernünftige Förderpolitik? Zu welchen Goldpreisen hat es sich abgesichert? Gibt es standortpolitische Handicaps wie z.B. Streiks oder politische Unruhen? Wenn es die Aktie denn sein muss, sind Fonds oder ETFs das beste Vehikel dazu.

Daneben kann man natürlich auf Trading-Ebene auf den kurzfristigen Preis von Gold spekulieren. Hierzu bietet die Finanzindustrie viele auch derivate Produkte an, die die Wertentwicklung des Goldes 1:1 nachbilden oder hebeln oder absichern, ohne die für physische Produkte höheren Aufschläge auf den Kaufpreis bezahlen zu müssen.

5) Wo steht der Goldpreis Ende 2016?


Vor diesem Hintergrund wird Gold trotz zuletzt unverkennbarer Stabilisierung keine weitere massive Kursbefestigung erleben können, obwohl fundamental alles, wirklich alles dafür spricht. Dem Goldpreis sind deutlich oberhalb der Marke von 1.300 US-Dollar je Unze enge Grenzen gesetzt. Na und? Ich bleibe ein großer Freund des physischen Goldes. Bei Fortsetzung der Romanischen Schuldenunion werden wir noch dankbar sein, neben Aktien und Immobilien auch das Sachkapital Gold zu besitzen. Dieses Edelmetall ist eine grundsätzlich solide Vermögensversicherung gegen finanz- und geopolitische Risiken, die gerade im systemischen Schadensfall nicht ausfällt. Gold hat alle Krisen überlebt. Es wird nie schlecht und es braucht sich vor keiner Währungsreform zu fürchten. Das halbe Schwein beim Metzger, den Sack Äpfel beim Obstbauern oder 100 Eier beim Hühnerhof wird man gegen Gold am Tag X immer noch bekommen. Gold steht über den geldwirtschaftlichen Dingen.

Übrigens, die großen Staatsschulden der Vergangenheit wurden noch nie zurückgezahlt. Staatspapiere waren am Ende tatsächlich immer nur Papier. Es spricht wenig dafür, dass diese Regel zukünftig gebrochen wird. Immerhin, am Tag X kann man sich zumindest an ihrem Brennwert erwärmen.

Dem Goldpreis sind deutlich oberhalb der Marke von 1.300 US-Dollar je Unze enge Grenzen gesetzt. Na und?
Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank.


Auf Seite 4: Thorsten Polleit





Thorsten Polleit, Chefökonom der Degussa Goldhandel

1) Was sind die Gründe für die kräftige Goldpreiserholung seit Jahresanfang?


Die institutionellen Investoren haben das Gold als attraktiven Baustein für das Anlageportfolio wiedererkannt. Das zeigt der markante Zufluss in die Gold-Exchange-Traded-Funds. Der Grund dafür dürfte vor allem die Erwartung sein, dass die Zinsen in den großen Währungsräumen der Welt niedrig beziehungsweise im Negativbereich bleiben werden.

2) Wird sich die Erholung fortsetzen?


Viel spricht dafür. Das weltweite ungedeckte Papiergeldsystem ist in eine arge Schieflage geraten. Die Politiken der Zentralbanken macht alles nur noch verschlimmer. Gold ist eine "Impfung" gegen drohende Verluste. Die Entwicklung des Goldpreises ist aufwärtsgerichtet, zumindest mittel- bis langfristig.

Die Entwicklung des Goldpreises ist aufwärtsgerichtet, zumindest mittel- bis langfristig.
Thorsten Polleit, Chefökonom der Degussa Goldhandel.


3) Sollten Anleger Gold im Depot haben? Wie hoch sollte der Anteil sein?


Eine Pauschalantwort kann ich nicht geben. Sparer und Anleger sollten jedoch über das Folgende nachdenken: Gold, die ultimative Währung, ist eine ernste Konkurrenz für Termin- und Spareinlagen, die keine Zinsen mehr bringen und die jetzt auch ein Wert- und Ausfallrisiko tragen.

4) Welche Anlageklasse sollten Goldanleger bevorzugen: Aktien, Fonds, ETFs, Derivate oder physisches Gold?


Physisches Gold.

5) Wo steht der Goldpreis Ende 2016?


Ich will nicht den Eindruck erwecken, dass ich das weiß. Ich persönlich bin Gold-long, auch über 2016 hinaus.

Ich persönlich bin Gold-long, auch über 2016 hinaus.
Thorsten Polleit, Chefökonom der Degussa Goldhandel.


Auf Seite 5: Alexander Zumpfe





Alexander Zumpfe, Edelmetallhändler bei Heraeus

1) Was sind die Gründe für die kräftige Goldpreiserholung seit Jahresanfang?


Gold ist in das Bewusstsein der Investoren zurückgekehrt - und in ihre Depots: Nach Zahlen des World Gold Council, einer Interessenvereinigung der Goldförderer, fragten Anleger im ersten Quartal so viel Gold nach wie noch nie zuvor in diesem Zeitraum. Auslöser waren Zweifel an der Konjunkturentwicklung in China und den USA. Das setzte die Aktienkurse unter Druck. Investoren suchten nach Alternativen und in Zeiten negativer Zinsen fanden sie diese im "sicheren Hafen" Gold.

Gold ist in das Bewusstsein der Investoren zurückgekehrt - und in ihre Depots.
Alexander Zumpfe, Edelmetallhändler bei Heraeus.


2) Wird sich die Erholung fortsetzen?


Momentan sieht es nicht so aus, als ob die Notenbanken ihre Geldpolitik radikal ändern werden. Auch wenn eine oder zwei Zinserhöhungen im laufenden Jahr in den USA nicht auszuschließen sind, sind wir noch weit von einem sich deutlich anderen Zinsumfeld entfernt. Diese Erwartung hatte den Goldpreis im vergangenen Jahr unter Druck gesetzt. Bleibt dies nun aus, wird auch Gold weiter gefragt sein. Allerdings wird sich das Tempo des Preisanstiegs verlangsamen.

3) Sollten Anleger Gold im Depot haben? Wie hoch sollte der Anteil sein?


Auch wenn die negativen Nominalzinsen größtenteils noch nicht an den Privatanleger weitergegeben werden, ist in Zeiten negativer Realzinsen eine Beimischung zum Depot sinnvoll. Wie hoch der ideale Anteil ist, kann jedoch nicht allgemein gesagt werden. Hier kommt es vielmehr auf das individuelle Risiko- und Anlageprofil des Investors an. Grundsätzlich lässt sich jedoch sagen, dass Gold eine langfristige Anlage ist, die Kursschwankungen des Gesamtportfolios abmildern kann.

Auch wenn die negativen Nominalzinsen größtenteils noch nicht an den Privatanleger weitergegeben werden, ist in Zeiten negativer Realzinsen eine Beimischung zum Depot sinnvoll.
Alexander Zumpfe, Edelmetallhändler bei Heraeus.


4) Wo steht der Goldpreis Ende 2016?


Wir erwarten, dass der Goldpreis seine Gewinne vom Jahresbeginn konsolidiert und nach einer Seitwärtsbewegung mit positiver Tendenz zum Jahresende zwischen 1.300 und 1.350 US-Dollar je Unze handeln wird. Vor dem Hintergrund der unverändert expansiven EZB-Geldpolitik gehen wir nicht von einer weiteren signifikanten Erholung des Eurokurses aus. Dies spricht für eine positive Entwicklung des Euro-Goldpreises. Hier schließen wir einen Anstieg bis auf 1.154 Euro je Unze - dem Vorjahreshoch - nicht aus.