Die Speicher sind gut gefüllt. Beruhigend? Nicht wirklich. Ein kalter Winter mit höherem Heizbedarf und der drohende Lieferstopp aus Russland könnten den Gaspreis in die Höhe treiben.

Auf den ersten Blick ist es eine erfreuliche Nachricht: Vor der anstehenden kalten Jahreszeit sind die Gasspeicher gut gefüllt. In Deutschland liegt der Füllstand aktuell bei etwas mehr als 95 Prozent. Europaweit sind es 90 Prozent.

In den Sommermonaten haben sich die Staaten günstig eindecken können. Am europäischen Spotmarkt für Erdgas, dem niederländischen Übergebe-Punkt Title Transfer Facility (TTF), wird der Monatskontrakt derzeit unter 40 Euro je Megawattstunde gehandelt. Das ist zwar mehr als zum Ende des vergangenen Winters, damals fiel der Preis unter 25 Euro, aber die Notierungen liegen noch weit entfernt von den Rekordniveaus Anfang 2022. Am Höhepunkt der Energiekrise kostete Erdgas mehr als 300 Euro.

Gleichwohl wäre es uns vorsichtig, aus den gut gefüllten Gasspeichern auf eine gesicherte Versorgung zu schließen. Am besten kennen die Rohstoffanalysten der Bank of America an. Zuletzt waren es zwei warme Winter, die dafür gesorgt haben, dass die Nachfrage nach dem fossilen Brennstoff gut und günstig bedient werden konnte. In der Regel reichen die deutschen Gasvorräte bei milden Temperaturen und einem sparsamen Verbrauch drei Monate. Wie kalt der anstehende Winter wird, lässt sich jedoch nicht prognostizieren. Was aber sicher ist: Europa hängt noch immer am russischen Gas. Acht Prozent des gesamten Gasimports in die Europäische Union stammen aus Pipelines, die Russland füllt.

Steigende Unsicherheit treibt Erdgas-Preise

Mit diesen Lieferungen könnte bald Schluss sein. Die Ukraine betreibt mehrere Pipelines, durch die russisches Gas in den Westen fließt. Sie versorgen etwa Österreich, Ungarn und die Slowakei. Der Transitvertrag zwischen ukrainischen Unternehmen und Gazprom, dem russischen Gaskriesen, wurde auf fünf Jahre geschlossen. Sollte die Ukraine, wie bereits angekündigt, Ernst machen und die Pipelines mit Vertragsende im Dezember dicht machen, steigt die Unsicherheit für die Versorgung. Nach Einschätzung der Rohstoffanalysten würde sich das auch schnell auf den Gaspreis auswirken.

Die Lage könnte sich verschärfen durch die wiederkehrenden Forderungen, den Import von Flüssiggas, das über Tanker aus Russland geliefert wird, zu stoppen. Zusammen mit dem Pipeline-Gas betrug der Anteil russischen Gases 15 Prozent der gesamten Gasimporte.

Anleger können über Derivate an einem steigenden Gaspreis mitverdienen. Als Basiswert dient der Dutch TTF Natural Gas Future. Die ausgewählten Knock-out-Calls hebeln die Preisentwicklung. Die Spekulation ist antizyklisch und sehr riskant. Sollte der Gaspreis fallen, verliert der Call überproportional. Anleger setzen individuell die Stoppkurse.

Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der neue Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Diese finden Sie hier

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