Der Goldpreis steht weiter unter Druck, auch der Silberpreis knickt wegen des immens starken US-Dollar ein. Doch es gibt Hoffnung. Von Markus Bussler
Der Dollar steigt nicht mehr nur, er sprintet geradezu nach oben. Der Greenback hat praktisch gegenüber allen anderen Währungen zugelegt. Am deutlichsten gegen den Yen und den Euro. Gemessen am US-Dollar-Index (DXY) hat er die Marke von 114 Dollar übersprungen ist nun auf dem Weg in Richtung 120 — eine Marke, die der Index zuletzt Anfang der 2000er- Jahre gesehen hat. Das dürfte allerdings aus technischer Sicht den Aufwärtstrend stoppen. Dieser Bereich ist technisch ein massiver Widerstand. Für die Goldbullen ist das zunächst einmal ein Hoffnungsschimmer. In den vergangenen Wochen hat Gold genauso wie die Aktienmärkte unter dem immens starken US-Dollar gelitten.
Dollar-Rally kaum zu stoppen
Auf den ersten Blick erscheint es aus fundamentaler Sicht kaum möglich, dass der US-Dollar seinen Aufwärtstrend beendet. Die Fed hatte weitere aggressive Zinsanhebungen in Aussicht gestellt. Das Fed Watch Tool sieht weiter Chancen von über 50 Prozent, dass die US-Notenbank noch einen Zinsschritt über 75 Basispunkte im November vollzieht. Das wird den Zinsspread beispielsweise zum Euroraum weiter vergrößern, da die Europäische Zentralbank bei ihren Zinsschritten die hohe Verschuldung der europäischen Südstaaten, allen voran Italien, mit ins Kalkül ziehen muss. Allerdings ist genau das ein immer wiederkehrendes Problem: An einem nahenden Top eines Markts kann sich niemand vorstellen, dass es eine Trendwende gibt, und am Boden eines Markts kann keiner daran glauben, dass es wieder bergauf geht.
Dollar-Long ist mittlerweile ein „crowded trade“, also sehr beliebt. Und Gold ist mittlerweile an der Börse verhasst. Eben weil der Goldpreis nicht auf die Inflation reagiert hat, wie es viele erwartet haben. Der Abgesang auf Gold ist angestimmt. Doch er dürfte — wieder einmal — überzogen sein. Wenn der Dollar toppt, dann dürfte dies zu einer Rally bei Gold führen.
Spekulation auf Trendwende
Aktuell hat keine Anlageklasse dem Dollar etwas entgegenzusetzen. Der Goldpreis leidet wie Aktien und Rohstoffe auch. Der Druck des Dollar dürfte sich noch einige Tage hinziehen. Doch ist er in eine parabolische Bewegung übergegangen, und wie vor einigen Wochen an dieser Stelle geschrieben: Das Tief des Goldpreises könnte durchaus auf den Oktober fallen. Die Zeichen mehren sich, dass ein Dollar-Top und ein Goldpreis-Tief in den kommenden Wochen bevorsteht. Auch die Terminmarktdaten stützen diese These. Die Netto-Shortposition der Commercials bei Gold fiel zuletzt auf nur noch 75 428 Kontrakte, die niedrigste Position seit April 2019. Ebenfalls ein Zeichen für eine anstehende Gegenbewegung.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Euro am Sonntag 39/2022. Erhalten Sie hier einen Einblick ins Heft.