Mark Valek sieht dank der Energiewende einen Run auf Rohstoffe: Die Preise dürften kräftig steigen, die Inflation ebenso. Davon profitiert auch Gold.

Solarstrom braucht Silber, grüner Wasserstoff Platinmetalle. Keine Frage: Die Energiewende treibt den Bedarf nach Edelmetallen an. Und Gold? Eigentlich gäbe es keinen effizienteren Stromleiter, der Bedarf müsste riesig sein.

„Gold hat eine extrem hohe Leitfähigkeit und Formbarkeit, aber es wird substituiert, wo es nur geht“, sagt Mark Valek, Partner des Liechtensteiner Vermögensberaters Incrementum. 

Gold monetär unschlagbar

Der einfache Grund: Das Edelmetall ist wegen seiner Qualität als Anlageprodukt und als Schmuck gefragt und deshalb für die allermeisten Industrieanwendungen schlicht zu teuer. Monetär unschlagbar. 

Oder wie Valek sagt: „Der monetäre Nutzen des Goldes ist weit höher als der materielle. Sonst nähme es die Industrie mit Kusshand.“ Ausnahmen sind die Elektronikbranche, etwa für vergoldete Eingänge hochwertiger Musikverstärker, um sensible Hi-Fi-Ohren zu schonen. 

Außerdem ist kein Material widerstandsfähiger, wenn es um Zahnprothesen geht. Insgesamt machte die Industrie 2022 aber nur gut sechs Prozent der globalen Goldnachfrage aus. Weitere Tendenz: fallend.

Insofern stellt sich die Frage, ob und wie Gold vom erwarteten Run auf die übrigen Metalle profitieren wird. Denn der potenzielle Bedarf an kritischen Rohstoffen ist enorm. Die Internationale Energieagentur (IEA) konstatierte bereits eine Zunahme der Nachfrage nach Lithium und Kobalt um 70 beziehungsweise 40 Prozent in den vergangenen Jahren. Neue Technologien wie die Elektromobilität brauchen noch viel mehr davon. Das weiß auch die EU, die mit einem Gesetz zu strategischen Rohstoffen die Förderung in Europa voranbringen will. 

Robert Habeck und seine Wirtschaftsministerkollegen aus Frankreich und Italien wollen das auch. Sie haben eine Rohstoffallianz geschmiedet, um gemeinsam einzukaufen und eigene Ressourcen zu erschließen. 

So soll die EU künftig 30 Prozent des eigenen Bedarfs selbst decken. Habeck will dafür einen Fonds mit bis zu einer Milliarde Euro auflegen. Ziel: mehr Unabhängigkeit von China. Doch die Frage bleibt: Woher kommt der Rest? Die Automobilindustrie warnt bereits vor einer Knappheit vieler notwendiger Rohstoffe, weil zu wenig in neue Bergwerke investiert wird.

Mehr Nachfrage und steigende Preise bei Gold

Experte Valek erwartet deshalb, dass der Rohstoff-Superzyklus erst am Anfang steht, was bedeutet: wachsende Nachfrage und steigende Preise. Die Folge sei Greenflation — höhere Metall- und Mineralienpreise aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach „grünen“ Rohstoffen. Die Staaten mischen dabei kräftig mit.

„Solche technologischen Durchbrüche zu neuen grünen Technologien erfordern viele Billionen an Investitionsvolumen. Hier werden die Staaten skalisch viele Mittel bereitstellen müssen, was wiederum ihre Verschuldungsproblematik verstärkt und eine weitere Monetarisierung der Staatsverschuldung seitens der Notenbanken unvermeidlich erscheinen lässt“, so Valek.

Schulden und Inflation treiben Gold

Die Zeit der ultralockeren Geldpolitik ist zwar beendet, die Zinsen sind kräftig gestiegen, doch die Staaten bauen ihre Schulden nicht ab. Im Gegenteil: Um zum Beispiel die Energiekrise zu bekämpfen, hat Deutschland von September 2021 bis Januar 2023 Staatsausgaben in Höhe von 7,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bereitgestellt — versehen mit der Ankündigung, einen Teil über Gewinnabschöpfungen bei Energiefirmen wieder hereinzuholen. Doch statt Milliarden zapfte der Staat gerade mal eine Handvoll Millionen ab. Das heißt: Die wachsenden Kosten — neben Energiewende beispielsweise auch durch steigende Militärausgaben — füllen das Schuldenkonto weiter. Dazu kommen höhere Zinszahlungen und geringe Steuereinnahmen. Besserung ist nicht in Sicht. „Die Gefahr ist groß, dass die Geldpolitik wieder die Schleusen öffnen muss, um die Staaten zu stützen“, analysiert Valek.

Und hier kommt Gold ins Spiel. Denn es ist der ideale Schutz vor der Entwertung der Papierwährungen. „Der Goldpreis ist dabei wie eine Boje, die im ständig steigenden Meeresspiegel der Liquidität der Fiatwährungen mitsteigt“, sagt Valek — und dabei kräftig zulegt. Der Goldpreis hat zuletzt in praktisch jeder Währung neue Allzeithochs erreicht: Laut Incrementum hat Gold gegenüber den Währungen von neun großen Volkswirtschaften seit 2000 im Durchschnitt jährlich zwischen 6,4 und 12,0 Prozent aufgewertet. Gegenüber dem Euro beträgt das Plus satte 8,7 Prozent — wohlgemerkt pro Jahr.

„Die Kaufkraft aller Währungen hat neue historische Tiefststände erreicht“, sagt Valek. „Gold hingegen konnte die Kaufkraft gut bewahren.“ 

Wenige moderne Geräte gelten als so ikonisch wie Apples iPhone. Schon bei der Einführung des ersten Geräts war es zwar das teuerste seiner Zunft, dafür setzte es aber auch technologisch oft neue Maßstäbe. Nutzer müssen dafür jedoch immer tiefer in die Tasche greifen. Verglichen mit dem ersten Modell aus dem Jahr 2007 rief Apple für sein jüngstes Smartphone mit 1500 US-Dollar dreimal so viel auf. Valek hat die Preise zusammengetragen und mit seinen Kollegen von Incrementum ermittelt, wie viel Gold nötig gewesen wäre, um das Gerät zum jeweiligen Erscheinungstag zu erwerben. Das Ergebnis: „2007 hätten Käufer für das allererste iPhone noch 0,92 Unzen Gold aufwenden müssen. Aktuell — gemessen an einem Goldpreis von 1980 Dollar — wären nur noch 0,76 Unzen Gold fällig“, so der Investmentmanager. Und das für ein Gerät, das technologisch um ein Vielfaches leistungsfähiger ist.

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Notenbanken kaufen bei Gold kräftig zu

Das sehen die Notenbanken nicht anders. Nachdem sie schon 2022 so viel Gold wie nie erworben haben, füllen sie in diesem Jahr ihre Tresore weiter auf. Insbesondere Singapur, China und die Türkei standen auf der Käuferseite. In dieser Frage können sich Privatanleger die Notenbanken ruhig zum Vorbild nehmen. 

Dazu sollte man „etablierte Anlagemünzen wie Philharmoniker, Krügerrand, Maple Leaf oder Goldbarren von renommierten Scheideanstalten in Betracht ziehen“, empfiehlt Valek. Sammlermünzen sollte man eher meiden wegen schlechterer Wiederverkaufschancen. „Wichtig ist, dass die Produkte liquide sind, was sich vor allem an der Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufspreisen ablesen lässt.“ Dabei gilt: Je kleiner die Stückelung, desto höher fällt diese Differenz aus.

Wer sich weder Münzen noch Barren zulegen will, fährt mit Euwax-II- und Xetra-Gold gut. Beide Schuldverschreibungen sind mit physischem Gold hinterlegt. Etwaige Gewinne sind nach einem Jahr steuerfrei. Anleger können sich den Rohstoff auch grammgenau ausliefern lassen. Hinter den Papieren stehen bei Xetra-Gold die Deutsche Börse und mehrere Banken, bei Euwax die Börse Stuttgart. Valeks Kursziel für Gold bis Ende 2030: 4800 US-Dollar. Auf dem Weg dorthin könnten 2025 schon 2500 Dollar erreicht werden.

Gold (ISIN: XC0009655157)

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