In der Inflation entdecken Anleger das Edelmetall wieder als Wertspeicher. Unser Test zeigt, bei welchen Händlern sie am günstigsten und sichersten einkaufen. Von Gregor Dolak
Die herkömmlichen Mechanismen der Krise scheinen nicht mehr so richtig zu funktionieren. Erstaunlich insbesondere deshalb, weil momentan doch gleich mehrere Krisen ineinandergreifen: Ukraine-Krise, Energie-Krise, Corona- Krise, Zins-Krise. Und obendrauf noch die Inflation, die im September mit zehn Prozent erstmals zweistellig ausfiel. Ei-gentlich steigt in solchen Lagen häufig der Goldpreis.
Doch seit Jahresbeginn hat sich das Edelmetall gegen die erwartbare Richtung bewegt. Zwar sprang der Preis je Feinunze kurz nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine auf 1985 Euro. Seitdem aber hat er bis zu 18 Prozent verloren. Obwohl das Statistische Bundesamt, die Europäische Zentralbank und auch die US-Notenbank im Monatstakt Teuerungsraten von weit mehr als sieben Prozent vermeldeten. Tendenz: weiter steigend.
Eine Situation, in der verunsicherte Anleger weltweit auf Wertsicherung umschalten — und dafür gern in Gold investieren. Und siehe da: Ende September scheint der Hochglanz-Rohstoff mit 1625 Euro seinen vorläufigen Tiefpunkt erreicht zu haben. Seither stieg der Preis um drei bis sechs Prozent.
Goldminen-Aktien und Gold-ETCs
Wie so oft legten Aktien von Goldminen im selben Zeitraum sogar noch stärker zu. Anglogold Ashanti: 15 Prozent. Kinross Gold Corp.: 13 Prozent. Freeport McMoran Copper & Gold: zehn Prozent. Barrick Gold: sieben Prozent. Kein Wunder, ihre Schürfkosten bleiben in der Regel konstant, während der Wert des geförderten Guts am Markt zulegt. Die höhere Marge wandert direkt in den Gewinn der Grubenunter nehmen. Daneben lagen auch börsengehandelte Goldwertpapiere, sogenannte GoldETCs, mit vier Prozent im Plus. Für deutsche Privatanleger besitzt physisches Gold freilich noch immer den verlockendsten Glanz. Die kollektiven Inflationserfahrungen vorangegangener Generationen haben sich eingeprägt: Gold gibt noch immer vielen ein Gefühl von Sicherheit.
Die auf Münzen und Barren spezialisierte Handelskette Pro Aurum berichtet von „teils langen Warteschlangen“ vor ihren Filialen. Neun von zehn Kunden wollten kaufen, nur zehn Prozent wollen ihre Münzen, Omas geerbte Hals kette oder ausgedientes Zahngold zu Geld machen.
Die besten Goldhändler im Test
Doch bei welchem der etablierten Goldhändler kaufen Kunden Gold, Silber, Bronze, Platin, ob in Münz oder in Barrenform, am besten? Im Auftrag von €uro am Sonntag hat das Analysehaus Deutsches Kundeninstitut (DKI) die führenden Edelmetalhändler unter die Lupe genommen. In einem umfänglichen, detaillierten Test: Welche bieten die günstigsten Konditionen? Welche bieten das umfänglichste Sortiment? Und welche sind auch beim Altgoldankauf die besten Partner?
Manche Goldmünzen, speziell diejenigen in kleinerer Stückelung, haben bei manchen Händlern derzeit längere Lieferzeiten. Entsprechend hoch steigt das sogenannte Aufgeld — der Aufschlag auf den Weltmarktpreis für den Gold kauf beim Händler: Beim 100-Gramm Barren liegt es derzeit bei vier Prozent. Bei Krügerrand-Münzen sogar bei sechs Prozent.
Noch Ende September hatten Analysten von anderen makroökonomischen Effekten berichtet, die einen potenziellen Anstieg des Goldpreises überlagern: Hohe amerikanische Anleihezinsen und der starke Dollarkurs ziehen Anleger noch stärker an als Gold.
Solche Querschlägereffekte könnten aber an Wirkung verlieren. Die Investmentbank Goldman Sachs, seit Langem dem Glauben ans funkelnde Metall treu ergeben, rechnet auf Jahressicht wieder mit einem Goldpreis von 1950 Dollar je Unze. Nach oben tendiert ja mittler weile der am Markt umgesetzte Preis, wenn auch noch 250 Euro unter der angepeilten Marke.
Auch andere Experten glauben, dass sich die Marktteilnehmer von den über lagernden Tendenzen verabschieden. „Wir glauben, dass die Märkte irgend wann die Geduld mit dem Gerede der Fed verlieren und erkennen, dass die Inflation außer Kontrolle geraten ist“, glaubt Joe Foster, Portfoliomanager bei der Fondsgesellschaft Van Eck. Dieses Erwachen würde dann wahrscheinlich „Gold zugutekommen“. Auch der Kostendruck von Goldminenbetreibern könnte dank steigenden Produktpreises nachlassen — und daher auch deren Börsenkurse weiter steigen.
Für private Anleger könnte Gold da mit wieder das bekommen, was ihm lange zugeschrieben wurde: die Fähigkeit, Werte in der Krise zu bewahren. Anders als die Kryptowährungen Bitcoin & Co, die ihre Apologeten bereits zum „neuen Gold“ des digitalen Zeitalters ernannt hatten. Ein bisschen voreilig womöglich: Der Bitcoin hängt knapp oberhalb von 20 000 Euro fest, nach dem er noch Ende vergangenen Jahres fast beim Dreifachen notiert hatte.
Gold war zuletzt zwar günstig, verglichen mit dem historischen Rekordwert von knapp unter 2000 Euro nach Ausbruch der Corona-Krise. Der niedrige Preis lockt inzwischen Käufer. Verlässliche Edelmetallhändler sind wieder gefragt. €uro am Sonntag verrät auf der nächsten Seite, wo sie zu finden sind.
Alles Gold der Welt
Ist also der Moment für den Einstieg gekommen? Die Lobby und Analyse Organisation World Gold Council kalkuliert: „Im Vorausblick erkennen wir so wohl Risiken als auch Chancen für Gold im zweiten Halbjahr 2022.“ Die Nach frage für den wertvollen Stoff als sicherem Hafen gehe vermutlich weiter. Doch weitere Straffungen der Geldpolitik und die anhaltende DollarStärke könnte den Preis auch drücken.
Wie auch immer: Wäre alles Gold dieser Welt in einen riesigen Würfel gepresst — er besäße eine Kantenlänge von 22 Metern und würde mehr als 205 000 Tonnen wiegen. Rund 46 Prozent der weltweiten Goldvorräte sind in Schmuck gebunden, weitere 22 Prozent in Münzen und Barren.
In den vergleichsweise mikroskopischen Stückelungen, die Käufer bei Deutschlands führenden Edelmetallhändlern erstehen können, kostet der wertvolle Stoff um die 1675 Euro je Unze. Im Gemisch der globalen Multikrisen wohl ein Preis zum Zugreifen.
Dieser Text erschien zuerst in €uro am Sonntag 41/2022. In dem Heft finden Sie auch die Methode des Edelmetallhändler-Tests und alle Ergebnisse.