Mark Valek, Partner beim Vermögensverwalter Incrementum, ist optimistisch für das Edelmetall und empfiehlt es als Portfoliodiversifikation. Von Julia Pfanner und Emmeran Eder
€URO AM SONNTAG: Sie prognostizieren bis 2030 einen Goldpreis von 4800 US-Dollar, weit mehr als heute. Warum?
MARK VALEK: Genau, das Ziel haben wir 2020 formuliert und heuer bestätigt. Wir sind auch mehr oder weniger auf Kurs. Wir gehen nicht davon aus, dass es wieder massiv hohe, positive Realzinsen gibt und darum geht es letzten Endes. Selbst wenn die Inflation auf fünf Prozent sinkt, bräuchte man sieben Prozent Zinsen, um zwei Prozent Realzinsen zu haben. Auch damit, glaube ich, würde die Eurozone letzten Endes gesprengt. In der Eurokrise 2011 haben wir bei Italien von der Todeszone von sechs Prozent Rendite gesprochen. Italiens Schulden sind so hoch, dass die Refinanzierung dann im Verhältnis zu den Steuereinnahmen zu teuer wird. Ich glaube, diese Zone ist mittlerweile eher tiefer, weil die Schulden in der Zwischenzeit noch mal gestiegen sind. Das ist der Hauptgrund, warum wir uns da vielleicht aus Sicht mancher relativ weit aus dem Fenster lehnen.
Gold bringt keine laufenden Erträge. Welche Rolle spielt es als Investment?
Gold ist nach wie vor das ultimative Geld im Sinne von Wertaufbewahrungs- und Tauschmittel, und Geld hat keine Zinsen. Sobald man Zinsen bekommt, muss man ein Risiko eingehen, das Gegenparteirisiko der Bank, einer Anleihe, was auch immer. Bei Dividenden ist es das Unternehmensrisiko. Es gilt grundsätzlich zu unterscheiden zwischen produktiven Assets wie Aktien und Anleihen und Gold. Es ist das Bestandsgut schlechthin. Es muss aus zwei Gründen keine Zinsen zahlen: Es hat kein Konkursrisiko und wird im Fiat-Geldsystem langfristig steigen, weil die Geldmenge regelmäßig schneller erweitert wird als die Goldmenge. Es gibt genügend Studien, die zeigen, dass es Sinn macht, gewisse Goldanteile im Portfolio zu halten. Gold bewegt sich oft gegenläufig zu Aktien oder Anleihen.
Wieviel Gold sollte man beimischen?
Das ist ganz individuell. Was wir unterscheiden, ist Sicherheits- und Performancegold. Sicherheitsgold würde ich nicht direkt zum Portfolio zählen, das sollte man physisch halten als echten Notgroschen und im näheren Umfeld sicher verwahren. Performancegold kann auch ein Wertpapier wie ein ETF sein. Will man einen Hebel, kann man Minenaktien, Futures oder Optionen nehmen. Wir meinen, die typisch zitierten fünf bis zehn Prozent Gold im Portfolio sind gerade im jetzigen Umfeld eher zu niedrig, da kann man schon mehr als zehn Prozent nehmen. Aber man sollte es auch nicht übertreiben und den Grundsatz der Diversifikation nicht verlassen.
Wie schätzen Sie derzeit die Situation der Goldproduzenten ein? Auch sie trifft die Inflation.
Es stimmt, die Minen kämpfen auf der Kostenseite mit der Inflation. Aber wenn sich das Makroszenario so entwickelt, wie wir uns das vorstellen, dass Energiepreise eher sinken und der Goldpreis steigt, sind das aus unserer Sicht fantastische Einstiegskurse.
Mark Valek: Der Goldexperte ist beim Liechtensteiner Vermögensverwalter Incrementum zuständig für Portfoliomanagement und Research. Er ist Co-Autor des viel beachteten, jährlich erscheinenden „In Gold We Trust“- Reports.
Dieses Interview erschien zuerst in der Euro am Sonntag Ausgabe 35/2022. Werfen Sie hier einen Blick ins Heft.