Bisher blieben die Gold-Fans eher unter sich. Das könnte sich nun ändern. Im April näherte sich der Goldpreis erneut der Marke von 2.000 Dollar pro Feinunze. Über diesem Wert schloss Gold zum ersten Mal im August 2020. Danach ging der Preis wieder zurück. Den Anstieg könnte man also leicht als erneuten Scheinerfolg des Metalls abtun. Denn während die Preise der anderen Rohstoffe regelrecht explodieren, schleppt sich der Goldpreis nur so dahin.

So hat sich der CRB-Index, der rund zwei Dutzend Rohstoffe umfasst, mehr als verdoppelt, seit die USA die Pandemie hinter sich ließen. Gold hat in diesem Zeitraum nur um etwa 15 Prozent zugelegt. Makroökonomische und geopolitische Entwicklungen lassen aber auf eine neue Glanzzeit für Gold-Fans hoffen.

Eines der Hauptargumente, das aktuell gegen Gold spricht, ist nicht stichhaltig. Marktstrategen zufolge entwickelt sich Gold in die entgegengesetzte Richtung der realen Renditen, also der inflationsbereinigten Renditen für Staatsanleihen. Der Gedanke dahinter ist, dass steigende Renditen in der Regel auf eine verbesserte Wirtschaftslage hindeuten, was sich negativ auf Gold auswirkt. Sie erhöhen auch die Opportunitätskosten einer Goldanlage, die keine Rendite abwirft. Die Anleger rechnen mit einer weiteren geldpolitischen Straffung durch die US-Notenbank Fed. Daher sind die realen Renditen rapide gestiegen und haben zum ersten Mal seit Anfang 2020 kurzzeitig ins Plus gedreht. Das geht aus dem Handel mit inflationsgeschützten Staatsanleihen (TIPS) hervor.

Negative Realzinsen bleiben

Jim Reid, Leiter der Abteilung für Kreditstrategie und Research bei der Deutschen Bank, hält die Prognose der künftigen Inflation durch den Anleihemarkt für wenig aussagekräftig. Stattdessen berechnet er die realen Zinssätze auf Grundlage des Verbraucherpreisindex. Dieser verzeichnete kürzlich in den USA einen Anstieg von 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, was einem 40-Jahres-Hoch entspricht. Gemessen daran sind die Realzinsen immer noch extrem negativ. Reid geht davon aus, dass sie für den Rest seiner beruflichen Laufbahn negativ bleiben werden. Er bezweifelt, dass sich die Inflation schnell genug abschwächen wird.

Diese Skepsis ermutigt langjährige Goldanleger und gewinnt neue hinzu. Lawrence Lepard, Managing Partner bei Equity Management Associates, erwartet, dass der Goldpreis innerhalb der nächsten zwei Jahre die Marke von 3.000 Dollar knacken wird. Er glaubt nicht daran, dass die Inflation ihren Höhepunkt bereits erreicht hat, und bezweifelt, dass die Fed die Inflation wieder an ihr Zwei-Prozent-Ziel heranführen kann. "Ich gehe nicht davon aus, dass sie Erfolg haben wird", so Lepard, der damit rechnet, dass die Fed ihre Geldpolitik im nächsten Jahr straffen wird, bevor sie ein Wirtschaftsabschwung und die schwächelnden Märkte zu einer lockereren Geldpolitik zwingen. Die Zentralbanker wollen zwar bald einen Teil ihrer Anleihekäufe der letzten zwei Jahre zurückfahren, Lepard erwartet für das nächste Jahr jedoch Zinssenkungen und weitere quantitative Lockerungsmaßnahmen. Seine Prognose? Eine größere Geldmenge, höhere Inflation und höhere Nachfrage nach Gold. Denn die Anleger wollen das, was er als "gesundes Geld" bezeichnet.

David Einhorn von Greenlight Capital hat dieses Thema in seinem vierteljährlichen Aktionärsbrief aufgegriffen. "Unternimmt die Fed alles, was nötig ist? Oder schwingt sie nur große Reden, aber in Wirklichkeit ergreift sie schwache Erstmaßnahmen, die das Problem noch verschärfen könnten? Wir gehen eindeutig von Letzterem aus", schrieb er und fügte hinzu, dass die Gewinne bei Inflationsswaps und Gold in den Fonds des Unternehmens die Verluste in anderen Bereichen mehr als ausgleichen.

Die Long-Perspektive vieler Goldbullen hat noch einen zweiten Aspekt. Lepard von Equity Management Associates ist der Meinung, dass das Einfrieren der russischen Devisenreserven durch die USA die Nachfrage nach Gold anheizen wird. Denn das Edelmetall können die Länder nicht einfrieren. Einige Wall-Street-Experten sind mittlerweile derselben Meinung. Die Analysten von Goldman Sachs prognostizieren für dieses Jahr eine rekordverdächtige Goldnachfrage seitens der Zentralbanken, da es aufgrund der Geopolitik zu einer Verlagerung hin zu Gold kommt.

Hohe Nachfrage von Privatanlegern

Angesichts der extremen Risikoaversion ausländischer institutioneller Investoren ist das sinnvoll, so Joseph Wang, ehemaliger Senior Trader im Open Markets Desk der Fed. "Ihnen ist jetzt bewusst, dass ihre Reserven in Dollar-Staatsanleihen sanktioniert werden können. Also werden sie wahrscheinlich etwas mehr Gold als Teil ihrer Währungsreserven halten", meint Wang und verweist insbesondere auf die Höhe der von China gehaltenen Währungsreserven.

Auch Privatanleger zeigen mehr Interesse an dem gelb glänzenden Metall. Daten der US-Münzprägeanstalt United States Mint zeigen, dass der Verkauf von Goldmünzen im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 48 Prozent gestiegen ist. Der Kauf von börsengehandelten Goldprodukten hat zudem im April einen Rekordwert erreicht.

Christopher Liitt vom Upstate Coin & Gold Center in Fayetteville, New York, sagt, dass er zunehmend mehr Arbeit zu bewältigen hat. Die Kunden reden von der Inflation und ihrer Sorge um den Dollar, so Liitt. Viele der Menschen, die große Mengen an Gold kaufen, haben die Inflation der 1970er- und 1980er-Jahre erlebt. Einige jüngere Kunden kaufen aber auch Gold mit dem Geld, das sie aus Kryptowährungen abgezogen haben, erzählt Liitt.

Für einige Anleger haben Bitcoin und Co Gold in den Schatten gestellt. Goldbullen sind der Meinung, dass die Anleger letztendlich erkennen werden, dass Kryptowährungen kein Ersatz für Gold sind. Der Bitcoin mag dem Gold vielleicht die Show gestohlen haben. Dennoch ist die Kryptowährung eine Risikoanlage, die aus demselben Grund gestiegen ist wie viele wachstumsstarke Aktien in den letzten Jahren auch, erklärt Peter Schiff, Gründer von Euro Pacific Asset Management. "Diese Nachfrage wird sich auf Gold konzentrieren, wenn die Anleger erkennen, dass der Bitcoin nicht das halten kann, was sie sich versprochen haben", so Schiff. "Bei Gold geht es nicht darum, reich zu werden, sondern darum, reich zu bleiben - oder zumindest nicht pleitezugehen, wenn die Inflation die Menschen in den Ruin treibt."

Nach Angaben des Kryptowährung-Forschungsunternehmens Arcane Research ist die 30-Tage-Korrelation des Bitcoin zu Tech-Aktien auf etwa 70 Prozent gestiegen. Der Bitcoin wird oft als "digitales Gold" bezeichnet. Aktuell kann er zumindest noch als "digitaler QQQ" bezeichnet werden, die Abkürzung für einen beliebten US-ETF auf den Nasdaq-100, meint Peter Boockvar, Chief Investment Officer bei der Bleakley Advisory Group. Abgesehen von dem jüngsten Rückgang bewegt sich der Goldpreis langsam nach oben. Der Bitcoin-Kurs ist in den letzten zwölf Monaten hingegen recht konstant geblieben, sagt der Leiter der Abteilung für Real-Asset-Strategie bei Wells Fargo. "Der Bitcoin hat zwar in letzter Zeit die meiste Aufmerksamkeit bekommen. Wir denken aber, dass Gold der nächste Trend sein könnte", so LaForge.

Ein weiteres Argument, das für den Goldkauf spricht, sind ganz einfach Angebot und Nachfrage. LaForge zufolge sinkt das Goldangebot aktuell unter seinen Fünfjahresdurchschnitt. Seit 1900 folgt jedes Mal, wenn das der Fall war, eine mehrjährige Goldpreis-Rally, erklärt LaForge weiter.

Es ist nicht immer leicht, ein Gold-Fan zu sein. Doch anstatt in der Versenkung zu verschwinden, wie viele dachten, könnte für Goldbullen nun eine neue Zeit anbrechen.

INVESTOR-INFO

Gold-ETC

Das einfachste Investment

Fünf bis zehn Prozent Goldanteil empfehlen Experten zur Absicherung. Für die meisten Anleger ist Xetra-Gold die bequemste und preisgünstigste Art, in Gold zu investieren. Die Schuldverschreibung kann problemlos an der Börse ge- und verkauft werden. Sie bildet die Entwicklung des Goldpreises 1 : 1 ab und ist mit physischem Gold gedeckt. Dieses kann man sich gegen Gebühr nach Hause liefern lassen. Gewinne aus einem Investment in Xetra-Gold sind nach einer Mindesthaltedauer von zwölf Monaten abgeltungsteuerfrei.

Goldminenaktien-ETF

Anlegen in Minenaktien

Goldminenaktien bieten einen Hebel auf den Goldpreis - wohlgemerkt sowohl nach oben als auch nach unten. Im iShares Gold Producers sind 63 große Minenkonzerne enthalten. Allein Newmont, Barrick und Franco Nevada kommen zusammen auf einen Anteil von gut 30 Prozent. Goldproduzenten zahlen oft hohe Dividenden, die beim iShares-ETF wieder angelegt werden. Wer die Ausschüttungen ausgezahlt haben möchte, greift zum Lyxor Gold Bugs (ISIN: LU 048 831 770 1 ).

Physisches Gold

Gold zum Anfassen

Wer physisches Gold erwerben möchte, muss bedenken, dass dabei höhere Kosten anfallen als bei den Investmentalternativen ETC und Minen-ETF. Denn Käufer zahlen dabei einen Aufschlag auf den aktuellen Goldpreis, zudem sollten Barren und Münzen in einem Tresor oder Bankschließfach aufbewahrt werden. Der Aufpreis fällt bei Barren etwas geringer aus als bei Münzen. Wer sich trotzdem für Münzen entscheidet, hält sich am besten an gängige Prägungen wie Krügerrand, Maple Leaf oder Wiener Philharmoniker. Wichtig ist auch, bei seriösen Anbietern zu kaufen beziehungsweise zu verkaufen. Im letzten Edelmetallhändlertest von €uro am Sonntag (Ausgabe 41/21) schnitten Philoro Edelmetalle und GoldSilberShop.de am besten ab.