In Europa dürften die geldpolitischen Zügel erheblich später gestrafft werden als in den USA, schließlich fällt das Wirtschaftswachstum jenseits des Atlantiks um einiges kräftiger aus als in Europa. Nur zum Vergleich: Der Internationale Währungsfonds prognostiziert der US-Wirtschaft für das laufende Jahr ein Wachstum in Höhe von 6,4 Prozent p.a., während der Eurozone lediglich ein Plus von 4,4 Prozent p.a. in Aussicht gestellt wird. Bei der EZB-Sitzung in der vergangenen Woche ließ die EZB keine Zweifel aufkommen, dass sie der Förderung der europäischen Wirtschaft auch in den nächsten Jahren höchste Priorität einräumen wird. Einen deutlich geringeren Stellenwert wird hingegen der Aspekt Preisstabilität haben, schließlich lautet das erklärte Inflationsziel der Notenbanker nicht mehr "unter aber nahe zwei Prozent". Mittlerweile begnügt man sich mit einem Zielwert von zwei Prozent p.a.

In den USA, wo die Geldentwertung im Juni auf 5,4 Prozent p.a. geklettert war, hat man sich bereits Wochen zuvor von einer zweiprozentigen Wunschinflation verabschiedet. Dort zielt man vor allem auf eine starke Wirtschaft und einen robusten Arbeitsmarkt ab. Dessen Erholungstendenz geriet zuletzt aber ins Stocken. Am vergangenen Donnerstag wurde mit 419.000 Erstanträgen auf US-Arbeitslosenhilfe ein neues Zweimonatshoch verkündet. Eine regelrechte Flut an US-Arbeitsmarktdaten steht in der kommenden Woche zur Bekanntgabe an. Besonders spannend dürfte es diesbezüglich am Freitag werden, wenn das US-Arbeitsministerium seinen Juli-Monatsbericht veröffentlichen wird. Laut einer von Trading Economics veröffentlichten Umfrage unter Analysten soll sich die Arbeitslosenrate von 5,9 auf 5,7 Prozent p.a. reduziert haben. Außerdem wird bei der Zahl neu geschaffener Stellen mit einem Anstieg von 850.000 (Juni) auf 926.000 (Juli) gerechnet.

Im Falle einer negativen Überraschung dürfte dies zu einem Abflauen der Zinsängste führen und dadurch dem Goldpreis zumindest zu einer Stabilisierung verhelfen. Aufgrund der negativen Realzinsen werden aber weiterhin die Sparer die großen Verlierer der ultraexpansiven Geldpolitik diesseits und jenseits des Atlantiks bleiben, während sich Kreditnehmer über "paradiesische Finanzierungskosten" freuen dürfen. Die damit verbundene Schuldenspirale dürfte höchstwahrscheinlich nicht ewig unter Kontrolle bleiben. Dann dürfte die Stunde von Gold schlagen, welches sich seit ewigen Zeiten als Krisenwährung bewährt hat.

Goldpreis kämpft mit 1.800-Dollar-Marke


Unter charttechnischen Gesichtspunkten prallte der Goldpreis im Juli an der langfristigen 200-Tage-Linie ab und verhinderte dadurch das Auslösen eines Kaufsignals. Gegenwärtig verläuft die Durchschnittslinie bei 1.822 Dollar. Außerdem weist sie eine leichte Abwärtstendenz, was chartorientierte tendenziell als negativen Begleitumstand interpretieren. Zur Erinnerung: Vor ungefähr einem Jahr erzielte das gelbe Edelmetall bei 2.063 Dollar ein neues Allzeithoch. Dessen Erreichen scheint auf kurze Sicht zwar eher unwahrscheinlich zu sein, auf mittlere bzw. lange Sicht dürfte ein Zuwachs um 15 Prozent aber durchaus im Bereich des Möglichen liegen.

Seit Frühjahr 2020 vollzieht die Krisenwährung Gold einen Seitwärtstrend zwischen 1.700 und 2.063 Dollar. Aktuell bewegt sie sich im unteren Drittel dieser Konsolidierungsregion. Bei 1.770 Dollar verläuft gegenwärtig eine signifikante Unterstützung, die es zu verteidigen gilt. Auf keinen Fall sollte der Goldpreis unter sein im März markiertes Jahrestief von 1.684 Dollar fallen, da in diesem Fall dann erheblicher chartinduzierter Verkaufsdruck aufkommen könnte.

Technische Indikatoren trüben derzeit das Marktsentiment. Auf der Website Tradingview drehte das Pendel nämlich gegenüber der Vorwoche von "Neutral" auf "Verkaufen". Von den insgesamt 26 Parametern stehen derzeit 14 auf "Verkaufen" (Vorwoche: acht), neun auf "Halten" (Vorwoche: acht) und lediglich drei auf "Kaufen" (Vorwoche: zehn).