Mehrere große Ölstaaten versuchen mit Förderkürzungen zu verhindern, dass die Ölpreise weiter fallen. Nun hat der saudische Staatskonzern Saudi Aramco selbst die Preise für eine bestimmte Ölsorte gesenkt. Das sorgte am Montag für kräftigen Druck auf die Notierungen von Brent und WTI. Auch Heizöl ist wieder billiger. Doch das weitere Abwärtspotenzial erscheint begrenzt.

Eine überraschende Preissenkung des führenden Ölexporteurs Saudi-Arabien belastet den Rohölmarkt. Rohöl der Sorten Brent und WTI verbilligten sich am Montag um jeweils über vier Prozent: Brent-Öl verbilligte sich auf 75,70 Dollar je Barrel (159 Liter), der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Februar fiel zeitweise auf 70,50 Dollar. Am Montag-Morgen stabilisieren sich die Preise ein wenig (siehe Brent-Chart).

Am Markt wurden die Kursverluste mit einer Preissenkung durch Saudi-Arabien erklärt. Das führende Opec-Land hat über den saudischen Ölkonzern Saudi Aramco den offiziellen Verkaufspreis (OSP) für die Februar-Verladung von Rohöl der Sorte Arab Light für asiatische Kunden auf den niedrigsten Stand seit 27 Monaten gesenkt. Die Kürzung unterstreiche die sich verschlechternden globalen Aussichten für die Ölnachfrage und habe die preissteigernde Besorgnis bezüglich der Spannungen am Roten Meer sowie der Versorgungs-Unterbrechungen in Libyen überwogen, heißt es von Marktbeobachtern.

Brent-Öl (Barrel in US-Dollar, Spotpreis)
Chart: TradingView.com
Brent-Öl (Barrel in US-Dollar, Spotpreis)

Probleme in Libyen

Der staatliche Ölkonzern Libyens (NOC) musste die Produktion an einem der wichtigsten Ölfelder in dem nordafrikanischen Land stoppen, 300.000 Barrel fallen täglich aus. Demonstranten hatten das Scharara-Ölfeld vor einigen Tagen mit Protesten blockiert. Sie fordern eine bessere öffentliche Versorgung und etwa auch den Wiederaufbau von Straßen. "Die Verhandlungen laufen, um die Produktion so schnell wie möglich wieder aufzunehmen", hieß es seitens NOC. Sorgen vor einem Rückgang der Öllieferungen des Landes hatten zuletzt auch die Ölpreise belastet.

Seit Beginn des Jahres hat sich Rohöl tendenziell verbilligt. Im Dezember hatte noch die Sorge vor einer Eskalation der Lage im Nahen Osten den Ölpreisen Auftrieb verliehen. Nachdem wichtige Handelsrouten im Roten Meer bedroht wurden, war der Preis für Rohöl aus der Nordsee zeitweise auf über 80 Dollar je Barrel gestiegen.

Die saudische Entscheidung, den Preis für Asien-Öl um zwei Dollar pro Barrel zu senken, wurde nun von Investoren als Signal dafür genommen, dass der größte Exporteur der Welt Schwierigkeiten haben könnte, seine gesamte Produktion zu verkaufen. Analysten sind derzeit gespalten, wie sich die Ölpreise in den kommenden Monaten entwickeln. 

Charttechnisch hat sich seit dem Dezember-Tief ein sanfter Aufwärtstrend beim Nordsee-Ölpreis Brent gebildet. Die Linie verläuft am Dienstag bei 75,60 Dollar.

Brent über 100 Dollar möglich

Paul Jackson, globaler Leiter Asset Allocation bei Invesco, hält es für möglich, dass ein schwaches globales Wirtschaftswachstum erklären könnte, warum frühere Lieferbeschränkungen der Opec+-Mitglieder und durch den Israel-Hamas-Krieg nur einen "begrenzten Einfluss" auf die Energiepreise hatten. Das könnte sich jedoch alles ändern, wenn der Iran in den Konflikt eingreift, oder wenn die Geopolitik durch Russland oder die bevorstehenden US-Wahlen weiter verunsichert würde, zitiert die Financial Times Jackson. "Ich denke, es ist möglich, dass der Preis für Brent über 100 Dollar im Jahr 2024 liegt", sagte er.

Auch BÖRSE ONLINE hält mittelfristig weiter steigende Ölpreise für wahrscheinlich. Wenn die globale Wirtschaft nicht in eine Rezession abrutscht und/oder die Lage im Nahen und Mittleren Osten eskaliert, dürften die Brent-Notierungen bald auch wieder über 82 Dollar steigen. Für Verbraucher dürfte sich dann auch Heizöl verteuern. Laut Heizöl-Portal esyoil ist der Durchschnittspreis für 100 Liter (bei Abnahme von 3.000 Litern) in Deutschland zuletzt unter 103 Euro abgerutscht – das niedrigste Niveau seit Juli. Wer jetzt Heizöl ordert, erhält wohl günstigere Preise als in ein paar Wochen.

(Mit Material von Reuters und dpa-AFX)

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