Große Goldhändler wie Pro Aurum und Degussa haben im Moment massive Engpässe bei Goldprodukten, die Kunden kaufen ihnen buchstäblich die Regale leer. "Wir werden im Moment überrannt", sagt Raphael Scherer, Geschäftsführer bei Degussa Edelmetalle. "Die Warteschlangen gehen bis auf die Straße." Ähnlich ist es bei Pro Aurum. Das Unternehmen zählt wie Degussa zu den größten Goldhändlern in Europa. "Wir sehen momentan eine Verdreifachung des normalen Ordervolumens - und zwar sowohl online als auch in den Niederlassungen", sagt Robert Hartmann von Pro Aurum.
Entsprechend groß sind die Lieferprobleme. Bei Pro Aurum sind diverse Barren ausverkauft, zum Beispiel die Unze Gold vom Produzenten Heraeus. "Auch im Münzbereich wird es zusehends schwieriger, Kapitalanlagemünzen ad hoc zu bekommen", so Hartmann. Selbst Reservierungen sind bei verschiedenen Produkten nicht mehr möglich. Auch bei Degussa ziehen sich die Lücken durch das gesamte Sortiment und reichen von Anlagemünzen wie Krügerrand und Maple Leaf bis zu Barren in diversen Größen. Weil manche größere Barren nicht lieferbar sind, würden Interessenten sogar erhebliche Mengen Gold in Form mehrerer kleiner Einheit kaufen, obwohl das durch die Preisaufschläge bei kleineren Stückelungen deutlich teurer ist. "Die Kunden nehmen, was sie in die Finger kriegen", staunt Scherer.
Die hohe Nachfrage hat offenbar nicht nur mit dem Weihnachtsgeschäft zu tun. Sie dürfte auch mit den schärferen Regeln für Goldkäufe zusammenhängen, die in wenigen Tagen umgesetzt werden. Ab Anfang Januar dürfen Edelmetallhändler nur noch Gold im Wert von 2000 Euro an Kunden verkaufen, ohne deren Personalien aufzunehmen. Bisher können sie Gold für 10000 Euro anonym und bar verkaufen. Die schärferen Regeln sollen Geldwäsche verhindern und Steuerhinterziehung erschweren. "Die Bargeldgrenze ist sicher ein Grund", sagt Degussa-Geschäftsführer Scherer. "Viele wollen jetzt noch einmal anonym Gold kaufen." Scherer weist jedoch darauf hin, dass Goldhändler auch jetzt schon Verdachtsfälle zur Geldwäsche melden müssen. "Wir lehnen auch Kunden ab, die glauben, sie können mehrmals für 9999 Euro bei uns einkaufen, um die Grenze zu umgehen", so Scherer. Solche Fälle gebe es, "aber das sind Einzelfälle".
Allerdings sei die Bargeldgrenze bei weitem nicht der einzige Grund für die große Zahl an Goldkäufen, meint Scherers Kollege Robert Hartmann von Pro Aurum. Viele Käufe kämen ohnehin über den Onlineshop, wo keine Anonymität gewährleistet sei. Wie Scherer führt auch der Pro-Aurum-Gründer die seit dem Rekordhoch etwas gesunkenen Preise als Kaufanreiz an. Die Unze Gold erreichte im Herbst mit rund 1400 Euro einen sogar noch höheren Wert als während der Eurokrise. Mittlerweile ist der Goldpreis wieder auf 1300 Euro gefallen, weshalb Kunden die Delle für Käufe nutzen. Das wichtigste Motiv für Goldkäufe sind aus seiner Sicht aber drohende Strafzinsen: "Die Menschen möchten der Bank nichts dafür zahlen, dass sie ihr Geld dort lagern", weshalb sie es in Gold investieren würden, so Hartmann. Das bestätigt auch Scherer: "Viele haben gerade ihren Jahresbonus bekommen, den sie nun vor drohenden Negativzinsen auf dem Konto retten wollen."
Verunsicherte Käufer, die nun Angst haben, kein Gold mehr zu bekommen, versuchen die Händler aber zu beruhigen. Sei ein bestimmtes Produkt ausverkauft, gebe es in der Regel eine Alternative. So können man statt Krügerrand-Münzen auch Wiener Philharmoniker kaufen. Die kommen nicht aus Südafrika sondern aus Österreich, weshalb die Wartezeiten dort kürzer seien. "Manche Produkte sind zwar momentan nicht verfügbar, aber das bedeutet nicht, dass wir sie nicht mehr bekommen", so Hartmann. Wer etwas warten kann, werde seine Order erhalten. Das gelte übrigens auch für den Einkauf in den Filialen, wo man wegen der langen Schlangen mehr Zeit mitbringen muss. Beim Goldhaus von Pro Aurum in München waren das in den vergangenen Tagen 20 bis 40 Minuten. Am kürzesten seien die Wartezeiten gleich in der Früh sowie Mittags, so Hartmann. Und für alle, die länger warten müssen, biete man kostenlos Kaffee, Wasser und Glühwein an.